Der Bundesrat will angesichts der wachsenden Wolfsbestände mit einer Teilrevision der Jagdverordnung deren Regulation erleichtern. Vorgesehen ist, dass die Änderungen auf den Alpsommer 2023 in Kraft treten. Die Vernehmlassung dazu endete am Donnerstag. Neu soll explizit der Abschuss von Einzelwölfen, die nicht zu einem Rudel gehören, auch innerhalb von Rudelterritorien möglich sein.

Schadschwelle senken

Auch soll die für den Abschuss von Einzelwölfen massgebende Schadenschwelle von zehn auf acht Nutztierrisse gesenkt werden. Zudem sollen neu Einzelwölfe auch abgeschossen werden können, wenn eine erhebliche Gefährdung von Menschen besteht. Ein solcher Abschuss soll ohne die Zustimmung des Bundesamts für Umwelt (Bafu) möglich sein.

Künftig soll bei Regulationsabschüssen auch ein Jungtier des Vorjahres erlegt werden können. Voraussetzung dafür ist auch hier ein grosser Schaden oder die erhebliche Gefährdung von Menschen sowie ein regional gesicherter Wolfsbestand.

Auch schwer verletzte, nicht nur tote Tiere entschädigen

Neu sollen nicht nur von Wölfen getötete, sondern auch schwer verletzte Rinder, Pferde sowie Neuweltkameliden als grosser Schaden angerechnet werden können. Was indes «schwer verletzt» bedeutet, soll laut der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden klar definiert werden.

Bergkantone wollen weiter gehen

Der Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) gehen die Vorschläge zu wenig weit. Insbesondere bei der Regulierung schadensstiftender Rudel seien die Verbesserungen ungenügend. Das Ziel werde verfehlt und es sei für den Alpsommer 2023 keine Verbesserung in Sicht.

Der Kanton Bern wünscht seinerseits eine finanzielle Beteiligung des Bundes für die Umsetzung des Vollzugs. Ansonsten drohe der politische Wille an finanzpolitischen Realitäten zu scheitern. Die Kantone Schwyz, Luzern und Appenzell Innerrhoden sowie Basel-Landschaft begrüssen die geplanten Änderungen.

Schweizer Bauernverband möchte strenger vorgehen

Beim Schweizerischen Verband der Umweltfachleute (SVU) stossen sämtliche vorgeschlagenen Änderungen auf Akzeptanz. Ein wachsames Auge sei auf die praktische Umsetzung des Herdenschutzes zu legen. Auch der schweizerische Forstverein stimmt den Vorschlägen des Bundesrates zu. Ebenso tut dies der Schweizerische Verband der Bürgergemeinden und Kooperationen.

Der Schweizer Bauernverband (SBV) beurteilt die Vorlage als positiv, aber zum Teil als ungenügend. So möchte der SBV die Schadschwelle auf fünf Nutztiere statt acht senken. Die Anpassungen müssen laut SBV bereits zu Beginn der Weidesaison in Kraft treten und nicht wie vorgesehen erst am 1. Juli. Abschussgesuche müsse das Bafu zudem sehr zeitnah und rascher beurteilen.

Zauberwort Herdenschutz

Für den Schweizer Tierschutz (STS) muss bei Abschüssen von Jungwölfen aus dem Vorjahr gewährleistet sein, dass der lokale Wolfsbestand nicht gefährdet wird. Wie der STS setzt auch der Verein CHWOLF auf Herdenschutzmassnahmen, denn wo diese korrekt und konsequent umgesetzt würden, funktioniere der Schutz tadellos. Der Verein befürchtet zudem Fehlabschüsse.

Weitere Tierschutzvereine stimmen vorgeschlagenen Anpassungen mehrheitlich zu. Es solle aber nicht zu viel Interpretationsspielraum geschaffen werden für die Lockerung des Wolfsschutzes, so der Tenor.

Der Bund solle sich zu 100 Prozent an den Herdenschutzmassnahmen sowie Schäden an Nutztieren durch Grossraubtiere beteiligen, so die GLP, die die Änderungen mehrheitlich begrüsst. Ebenfalls finanzielle Unterstützung dafür fordert die SP.

Überbrücken, bis revidiertes Jagdgesetz kommt

Per Stand zu Beginn der Vernehmlassung am 9. November lebten laut Bundesrat mindestens 180 Wölfe und 20 Rudel in der Schweiz. Zurzeit berät das Parlament eine neue Vorlage zur Änderung des Eidgenössischen Jagdgesetzes. Diese soll eine proaktive Regulierung der Wolfsbestände ermöglichen. Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll die Situation für die betroffenen Gebiete entschärft werden, bis das revidierte Jagdgesetz in Kraft tritt.