Chemie aufs Feld zu bringen, hinterlässt kein gutes Gefühl. Alternativen sind daher gefragt und werden auch gefunden: Er könne dank ungekühlter, unbehandelter Rohmilch auf seinem Spargelfeld Disteln, Winden und z. T. auch Schachtelhalm im Zaum halten, berichtet ein Landwirt gegenüber der BauernZeitung. Mit einer Aufwandmenge der Milch von 20 l/ha (gemischt mit Kalk) zur Einzelstockbehandlung müsse er auf diese Weise kein Glyphosat einsetzen. Das organische Phosphat bekomme dem Unkraut nicht, so die Erklärung.

Nicht in der Verordnung aufgeführt

Klingt gut, ist aber verboten. Auf Anfrage verneint das für Zulassungen zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) die Frage, ob Rohmilch gegen Unkraut, Schädlinge oder beispielsweise Mehltau in einer Kultur eingesetzt werden darf. Sie sei nicht in Anhang 1D der Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV) als sogenannter Grundstoff gemäss Artikel 10a PSMV gelistet und somit nicht als solcher genehmigt. Anders ist es mit Molke und Magermilchpulver, die allerdings hitzebehandelt sein müssen. Weder Molke noch Magermilch darf im Übrigen auf essbaren Teilen der Pflanze, die zum Verzehr gedacht sind, eingesetzt werden. Eine Ausnahme sind Keltertrauben, sofern der daraus entstandene Wein später die entsprechenden Angaben auf der Etikette trägt (siehe Kasten).

Unannehmbare Nebenwirkungen verhindern

Die PSMV ist ein enges Korsett, was alternative Ansätze für den Pflanzenschutz angeht. «Die PSMV stellt sicher, dass Pflanzenschutzmittel (PSM) hinreichend geeignet sind und bei vorschriftsgemässem Umgang keine unannehmbaren Nebenwirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt haben», erläutert das BLV. Die Verordnung solle zudem ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt gewährleisten und die landwirtschaftliche Produktion verbessern. Wie PSM in Verkehr gebracht und verwendet werden, ist klar festgelegt.

Harmlosigkeit ist kein Argument

Wie das BLV festhält, dürfen Bezüger von Direktzahlungen nur PSM einsetzen, die nach den Vorgaben der PSMV in Verkehr gebracht worden sind und auch nur in den vorgegebenen Kulturen.

Um das Juristendeutsch herunterzubrechen: Hausmittel, die nicht in der PSMV bzw. der Grundstoffliste stehen, sind definitiv verboten, und mögen sie noch so harmloser wirken als die chemischen Wirkstoffe, die sie ersetzen könnten. Das gilt für selbst gebrauten Basilikumsud gegen Blattläuse genauso, wie für Milch gegen Unkraut. Und obwohl Molke und Magermilchpulver zugelassen sind, selbst etwas daraus anmischen und auf dem Feld verwenden dürfen Landwirt(innen) auch nicht. «Die Bauern bewegen sich, die Ämter stehen still und legen uns auch noch Steine in den Weg», fasst der Spargelbauer seinen Frust zusammen. 

 


Dafür sind Molke und Magermilchpulver zugelassen

Molke befindet sich – wie z. B. Essig, Ackerschachtelhalm und Brennesselextrakt – auf der Liste der gemeldeten PSM, die ausschliesslich genehmigte Grundstoffe enthalten. Unter der Handelsbezeichnung «Petit-lait – Lactosérum» vertreibt laut Liste die Ortica Sarl mit Sitz in Ropraz VD Molke, gemäss Website als Ferment um die Besiedelung des Bodens mit Mikroorganismen zu fördern.

Magermilchpulver ist der Wirkstoff von «Profital» von Andermatt Biocontrol, in dem es zusammen mit Xanthan das Haft- und Netzvermögen erhöhen soll. Sowohl Molke als auch Magermilchpulver dürfen nicht auf essbaren Teilen von Pflanzen für den menschlichen Verzehr angewandt werden. Auf Keltertrauben sind diese beiden Substanzen erlaubt, sofern der daraus hergestellte Wein auf der Etikette entsprechend gekennzeichnet ist.