Im Gegensatz zu Kirschen ist in Apfelanlagen die Überdachung mit Regenschutzfolien nicht üblich. Im Rahmen des Interreg-V-Projekts «Modellanlagen für den Integrierten Pflanzenschutz» untersuchte Agroscope in den letzten Jahren in einer Anlage in Wädenswil, ob mit einer solchen Anlage Pflanzenschutzmittel reduziert werden könnten, ohne dass die Äpfel Qualitätseinbussen erleiden. In der Zeitschrift «Obst- und Weinbau» präsentierte Julia Sullmann, die am Projekt beteiligt ist, kürzlich die Resultate. Sie zeigen: Ja, es ist möglich, aber noch nicht praxistauglich, da höhere Zusatzkosten entstehen. Neu werden deshalb weitere, kostengünstigere Möglichkeiten getestet.

Pilzkrankheiten reduzieren

Folienüberdachungen sollen gemäss den Studienautor(inn)en ermöglichen, die Anzahl der Fungizidapplikationen gegen Pilzkrankheiten deutlich zu reduzieren. Im letztjährigen Versuch wurde eine Strategie mit stark reduziertem Fungizideinsatz erprobt, die einen Behandlungsstopp über den Sommer (ab Anfang Juni bis Anfang September) beinhaltete.

Die Regenschutzfolie wird fix installiert, bleibt für mehrere Jahre in der Anlage und wird vom Frühjahr bis zur Ernte in der Anlage aufgespannt, sagt Julia Sullmann auf Anfrage. Im aktuellen Versuch werden die Sorten Gala und Bonita untersucht.

Bei Schorf ist die Sorte entscheidend

Die zahlreichen Niederschlagsereignisse 2021 haben zu einem hohen Infektionsdruck durch den Apfelschorf geführt. Dennoch habe in der Anlage das Auftreten von Schorfinfektionen unter der Folie gänzlich unterbunden werden können, schreibt Sullmann.

Bei der Sorte Gala bot die gewählte Pflanzenschutzstrategie in der Anlage ohne Folienabdeckung keinen ausreichenden Schutz gegen Schorf, ein Drittel der Früchte war befallen. Unter der Regenschutzfolie konnte jedoch sogar ohne Fungizideinsatz das Auftreten von Schorfsymptomen verhindert werden, so die Studienergebnisse. Bei der Sorte Bonita konnten im ganzen Versuch keine Schorfsymptome beobachtet werden.

Marssonina kann verhindert werden

Während die beiden Sorten Bonita und Gala unterschiedlich auf Schorf reagierten, zeigten sich bei der Anfälligkeit auf die gefürchtete Blattkrankheit Marssonina keine sortenspezifischen Unterschiede. Die Regenschutzfolie hatte hier die grösste Wirkung: Alle Pflanzen unter der Abdeckung mit Folie blieben von einem Marssoninabefall verschont. Aber auch die reduzierte Pflanzenschutzbehandlung konnte den Blattbefall deutlich reduzieren.

Problemfall Mehltau

Der Apfelmehltau ist beim Anbau unter Regenschutzfolien das grösste Problem. Bisherige Ergebnisse zeigen laut Sullmann, dass der Apfelmehltau unter der Folie gefördert wird. Dies, weil bei dieser Pilzkrankheit die Luftfeuchtigkeit wichtiger ist als die Blattnässe, heisst es. Es sind vermehrt Mehltauinfektionen im Parzellenteil unter der Folienabdeckung aufgetreten, und zwar vorwiegend auf den unbehandelten Kontrollbäumen, schreibt Sullmann. Bei stark reduziertem Fungizideinsatz kann also besonders auf anfällligen Sorten ein erhöhter Mehltaubefall vorkommen.

Die Resultate tönen zwar bis auf den höheren Befall mit Mehltau vielversprechend, die Sache hat aber auch einen zweiten Haken: Erstellung und Unterhalt von Regenschutzfolien seien deutlich teuer als beim reinen Hagelschutz, schreibt Esther Bravin von der Agroscope Wädenswil in «Die Rote» 13/ 2021. Über Lüftungsschlitze werden die Niederschläge in die Fahrgassen abgeleitet. Je nach Standort könne eine Tröpfchenbewässerung installiert werden, um eine ausreichende Wasserversorgung zu gewährleisten, so Julia Sullmann. Die Zusatzkosten würden rund 4320 Franken pro Hektare betragen, wenn die Regenschutzfolie inkl. Bewässerung über die ganze Ertragsphase der Anlage verwendet werden könne, so Bravin.

Kombination mit Hagelnetz

Nun wird eine günstigere Alternative getestet, wo die Kosten etwas geringer wären, sagt Julia Sullmann. Dabei geht es um eine Kombination aus Regenschutzfolie und Hagelnetz, wobei eine Bahn aus Folie über den Bäumen liegt und die Fahrgassen lediglich mit dem Hagelnetz bedeckt sind. Dabei kommt es auf den Standort an, ob bewässert werden müsse. Es gebe aber noch keine Ergebnisse zur Wirksamkeit im Zusammenhang mit Krankheiten, da der Versuch erst seit Kurzem steht, so Sullmann.

Auch keine Rückstände auf den Äpfeln

Wegen den zusätzlichen Kosten lohnt sich also im Moment der Apfelanbau unter Regenschutzfolien noch nicht. «Es ist noch zu früh zu sagen, ob es sich in der Praxis durchsetzen wird, dazu muss noch länger getestet werden. Was wir aber gesehen haben: Es ist möglich, dadurch Pflanzenschutzmittel zu reduzieren», so Julia Sullmanns Fazit.

Nicht nur wurden weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt, es wurde gemäss Studie auch eine Reduktion der nachweisbaren Pflanzenschutzmittelrüchstände erzielt. Es bleibt abzuwarten, ob Regenschutzfolien im Apfelanbau in Zukunft praxistauglicher werden, um von diesen Vorteilen profitieren zu können.