Die diesjährige Gerstenernte erfolgte spät und die Erträge sowie die Hektolitergewichte liegen tiefer als in den Vorjahren. Die Basis der Sortenempfehlung liefern die zweijährigen Resultate 2020/2021 des Versuchsnetzes im ÖLN- und Extensoverfahren. Das Versuchsnetz wird von Agroscope und Swiss Granum koordiniert, welche in Zusammenarbeit mit der Groupe Culture Romandie und dem Forum Ackerbau die Sortenversuche durchführen.

Neue zweizeilige Sorte überzeugt

Die neue zweizeilige Sorte SU Celly brachte im zweijährigen Schnitt einen hohen Extensoertrag. Mit 78,9 kg liegt sie im Vergleich aller Sorten an dritter Stelle. Ihr Hektolitergewicht liegt ebenfalls auf einem anständigen Niveau, im ÖLN nur leicht hinter KWS Cassia und Maltesse. SU Celly vermochte auch in Streifenversuchen zu überzeugen. Die Hektolitergewichte (HLG) lagen 2021 wie erwartet tief. Die zweizeiligen Sorten KWS Cassia und SU Celly können sich diesbezüglich aber immer noch von den meisten sechszeiligen Sorten abheben.

Da auch schon 2020 die HLG tief ausfielen, bekommen alle Sorten im Extenso und ÖLN einen Abzug, ausser die zweizeiligen im ÖLN (siehe Tabellen). Im Jahr 2021 haben einige Sorten ein HLG unter 61 kg/hl. Gemäss den Übernahmebedingungen erfolgt dann ein Abzug nach Absprache. In den Tabellen handelt es sich um den Zweijahresschnitt und es wurde jeweils mit maximal 60 Rp./dt Abzug gerechnet.

Zweizeilige Sorten erreichen gleich hohe bzw. höhere Erträge auch auf Grossflächen

Das Forum Ackerbau untersucht gemeinsam mit der Delley Samen und Pflanzen AG (DSP), ob die zweizeiligen Sorten in der Praxis einen höheren Ertrag erreichen können als in den Kleinparzellen. Drei Versuchsjahre zeigen auf, dass die zweizeiligen Sorten beim Anbau in grossflächigen Streifen tatsächlich gleich hohe und zum Teil sogar höhere Erträge erreichen können als die sechszeiligen Sorten.

SY Galileoo zählt zu Besten

Die Hybride SY Galileoo bringt den zweithöchsten Extenso-Ertrag und den besten ÖLN-Ertrag hervor und dies gegenüber den sechszeiligen Sorten bei vergleichbaren HLG. SY Baracooda erreicht etwas tiefere Erträge. Im ÖLN-Verfahren steht sie jedoch an zweiter Stelle. Bei den Hybridsorten sind die Saatgutkosten pro Hektare um 60 % höher, was bei den Erlösen in den Tabellen nicht berücksichtigt wurde.

Esprit ist Nr. 1 im Extenso

Die neue sechszeilige Sorte Esprit, die aufgrund ihres hohen Ertragspotenzials auf die Liste der empfohlenen Sorten (LES) aufgenommen wurde, bestätigte dies. Im Extenso brachte sie den höchsten Ertrag und im ÖLN liegt sie dicht hinter SY Baracooda an dritter Stelle. Im Ertrag überragt Esprit das KWS-Dreierteam Tonic, Higgins und Orbit. Ihr Hektolitergewicht ist im Extenso vergleichbar mit den KWS-Sorten und im ÖLN leicht darunter. Ein weiterer Vorzug der Sorte Esprit ist die Standfestigkeit, die zusammen mit KWS Orbit von allen Gerstensorten die beste ist. Die KWS-Sorten Orbit, Higgins und Tonic liegen im Ertrag in beiden Anbauverfahren nahe beieinander, im Extenso deutlich hinter den zwei Hybridsorten und im ÖLN nur knapp hinter ihnen.

Adalina als Belinda-Ersatz

Die Sorte Adalina wurde als Ersatz für Belinda in die LES aufgenommen. Sie ist eine Spezialität, da ihre Stärke vor allem in der Frühreife liegt. Dieser Vorzug kann in diesen Versuchen nicht hervorgehoben werden, da alles gleichzeitig gedroschen wird.

Weiter ist es dieses Jahr witterungstechnisch nicht möglich gewesen, einen früheren Erntetermin festzulegen. Vom Ertrag her liegt sie im Extenso knapp hinter den KWS-Sorten. Im ÖLN liegt ihr Ertragspotenzial so hoch wie das der zweizeiligen Sorten. Erfreulich ist das Hektolitergewicht, welches sich in beiden Anbauintensitäten auf dem Niveau der Zweizeiligen befindet.

 

Übersicht Resultate der Sorten aus den Sortenversuchen von 2021

Die Wintergerstensortenversuche 2021 von Swiss Granum (ÖLN-Anbau) und Agroscope (Extenso-Anbau) weisen tiefere ÖLN- und Extenso-Erträge auf als in den letzten zwei Jahren, teilt die Branchenorganisation Swiss Granum mit. Es wird vermutet, dass die schlechten Witterungseinflüsse im Frühjahr eine Rolle dabei spielen.

Die Aussaat im Herbst fand zum Teil spät und unter nassen Bedingungen statt. Die Kulturen waren anschliessend im April sehr trockenen und kühlen Bedingungen ausgesetzt. Es ist zu vermuten, dass diese Trockenperiode für die Stickstoffaufnahme der Pflanzen ungünstig war. Der Regen, die fehlende Sonneneinstrahlung und die kalten Nächte bis im Mai waren ebenfalls nicht förderlich für die Ertragsbildung und die Qualität. Wegen der Unwetter im Juni und Juli konnte ein Versuchsstandort gar nicht geerntet werden, da er zu stark beeinträchtigt wurde, heisst es.

Schwache ÖLN-Resultate

Der Ertragsdurchschnitt im ÖLN-Anbau liegt bei 81,60 dt/ha, das heisst 19,20 dt/ha tiefer als derjenige des Vor-jahres (100,80 dt/ha). Der Versuchsdurchschnitt im Extenso- Anbau liegt bei 70,90 dt/ha und somit 11,30 dt tiefer als im Vorjahr (82,20 dt/ha). Der Ertragsdurchschnitt im Extenso-Anbau wurde weniger stark beeinträchtigt als derjenige im ÖLN-Anbau. Der Ertragsunterschied zwischen ÖLN- und Extenso-Anbau (10,70 dt/ha) ist somit tiefer als derjenige der Jahre 2019 und 2020 (18,60 dt/ha).

Variabilität in den Regionen

Bezüglich der Erträge im Extenso-Anbau stellen die Experten eine grosse Variabilität zwischen den Standorten fest. Die Standorte in der Romandie erzielen bessere Resultate und liegen alle oberhalb des nationalen Durchschnittes, während die Standorte in der Deutschschweiz alle unterhalb des Durchschnittes liegen. Die Versuche im ÖLN-Anbau sind zwischen den Standorten homogener.

Wenig Lager beobachtet

Dieses Jahr wurde sehr wenig Lager beobachtet, berichtet Swiss Granum. Die Halme waren durch die heftigen Gewitter in gewissen Regionen gestos­sen. Der Krankheitsdruck war mittelmässig. Rhynchosporium-Blattflecken traten jedoch im Kanton Jura stark auf. Im Gegensatz zum Vorjahr wurde das Gelbverzwergungsvirus nur auf einzelnen Pflanzen beobachtet, ohne messbare Auswirkung auf die Versuche, heisst es weiter.

Tiefere Hektolitergewichte

Die Hektolitergewichte (HLG) sind schwächer als in den letzten zwei Jahren. Im ÖLN-Anbau liegt der Durchschnitt bei 61,50 kg/hl. 2020 und 2019 lag er bei 65,70 kg/hl. Die häufigen Niederschläge im Juni und Juli können diese tiefen Werte erklären, so Swiss Granum. Im Extenso-Anbau liegt er bei 60 kg/hl und ist somit um 4,50 kg/hl tiefer als 2020 bzw. 2 kg/hl tiefer als 2019. Der Unterschied zwischen beiden Anbaumethoden ist dieses Jahr mit 1,50 kg/h sehr gering.

Proteingehalt ebenfalls tiefer

Der Proteingehalt im Extenso- und ÖLN-Anbau ist dieses Jahr tiefer als in den Vorjahren. Im Extenso-Anbau liegt er bei 10,1 % (10,7 % im 2020 und 11,4 % im 2019). Der Durchschnitt im ÖLN-Anbau beträgt 11,1 % (12,4 % im 2020 und 11,8 % im 2019).

Sorte Esprit (sechszeilig)

Erneut hervorragender Ertrag. Im Extenso-Anbau liegt die Sorte an erster Stelle.

Ertrag: 76,40 dt/ha (Extenso), 79,60 dt/ha (ÖLN)

HLG: 58,90 kg/hl (Extenso), 59 kg/hl (ÖLN)

Proteingehalt: Mit 9,7 % (Extenso) und 10,9 % (ÖLN) fällt der Proteingehalt leicht tiefer aus als der Durchschnitt der Sorten.

Sorte Adalina (sechszeilig)

Erzielt tiefere Erträge als der Durchschnitt, ihr HLG ist leicht höher. Der Proteingehalt im ÖLN-Anbau ist der höchste unter den Sorten. Im Extenso-Anbau erzielt sie den gleichen Proteingehalt wie KWS Tonic.

Ertrag: 66,80 dt/ha (Extenso), 77 dt/ha (ÖLN)

HLG: 62,30 kg/hl (Extenso sowie ÖLN)

Proteingehalt: 10,3 % (Extenso), 11,7% (ÖLN).

Sorte SU Celly (zweizeilig)

Der hervorragende Ertrag im Extenso- wie auch ÖLN-Anbau wird bestätigt. Die Sorte platziert sich an erster Stelle der zweizeiligen Sorten. Beim HLG liegt sie an zweiter Stelle im Extenso-, an dritter im ÖLN-Anbau. Ihr Proteingehalt ist höher als der Durchschnitt.

Ertrag: 74,70 dt/ha (Extenso), 79,40 dt/ha (ÖLN)

HLG: 62,60 kg/hl (Extenso), 64,20 kg/hl (ÖLN)

Proteingehalt: 10,5 % (Extenso), 11,6 % (ÖLN)

Ergebnisse weiterer Sorten

SY Galileoo (Hybridsorte): Liegt mit den Erträgen auch in diesem Jahr im ÖLN-Anbau (86,90 dt/ha) an erster, im Extenso-Anbau (76,20 dt/ha) an zweiter Stelle.

KWS Tonic und KWS Higgins: Im ÖLN-Anbau befinden sich KWS Tonic (82,90 dt/ha) und KWS Higgins (82,60 dt/ha) an zweiter und dritter Stelle. KWS Tonic besitzt wie Adalina einen Proteingehalt von 10,3 %.

KWS Cassia: Erreicht das beste HLG im ÖLN- (65,20 kg/hl) und Extenso-Anbau (63,50 kg/hl). Mit dem Proteingehalt liegt die Sorte mit 10,7 % (Extenso) an erster Stelle. Im ÖLN-Anbau erreicht sie 11,5 % und liegt damit an dritter Stelle hinter Adalina und SU Celly.

Die Ergebnisse dienen ausschliesslich zur Beurteilung der Sortenversuche und sind keine Beurteilung der Gerstenernte in der Schweiz.

 

Wirtschaftlichkeit der Sorten

Die Erlöse sind hauptsächlich durch den Ertrag bestimmt (siehe Tabellen). Im Extenso-Anbau beträgt die Differenz vom grössten zum kleinsten Erlös je Sorte rund Fr. 346.–, im ÖLN sind es Fr. 417.– pro Hektare. Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit müssen sortenspezifische Saatgut- und Behandlungskosten mit berücksichtigt werden.

Jedes Jahr bringt Wetterextreme, die sich auf Ertrag und Qualität auswirken. Es empfiehlt sich bei der Sortenwahl, neben dem Ertrag auch auf ein solides Hektolitergewicht und einen hohen Proteingehalt zu setzten, damit die Qualität der Futtergerste aufrechterhalten werden kann. Der Ertragsunterschied zwischen den Anbauverfahren ÖLN und Extenso war dieses Jahr mit durchschnittlich 10,7 dt klein. Dieser Unterschied reicht nicht, um neben der Kompensation der Extensoprämie den Pflanzenschutzmitteleinsatz mit einem Fungizid und Wachstumsregler sowie 30 kg zusätzlichem Stickstoff und die dafür nötigen Überfahrten zu bezahlen.

Im Vergleich mit Brotweizen der Klasse I nach ÖLN-Richtlinien produziert in der Annahme von 70 dt/ha Ertrag, müssten 90 dt/ha Gerste im ÖLN beziehungsweise 68 dt/ha im Extenso gedroschen werden, um finanziell den gleichen Erlös zu haben. Alle Sorten in den Tabellen erreichen im zweijährigen Durchschnitt diese dafür nötigen Erträge im Extenso, im ÖLN liegen sie bei Adalina und den zwei-zeiligen Sorten darunter. Liegt das Ertragspotenzial von Brotweizen am eigenen Standort höher, würde sich demnach auch der nötige Gerstenertrag nach oben korrigieren.

Extenso: Erträge, Hektolitergewicht und Erlöse ausgewählter Sorten (Ø 2020/2021)

           

2020/2021

KWS Tonic

KWS Higgins

KWS Orbit

Esprit

Adalina

SY Galileoo

SY Baracooda

SU Celly

KWS Cassia

Maltesse

Ø Ertrag 2020/2021 (dt/ha)

74,50

75,10

74,20

84,40

73,60

82,10

77,80

78,90

73,80

73,80

Erlös Ertrag (Fr.)

2568,53

2589,23

2558,18

2910,08

2537,48

2830,73

2684,10

2722,05

2544,38

2544,38

Ø HLG 2020/2021 (kg/hl)

60,00

61,70

61,60

61,70

64,30

61,70

63,50

64,20

64,10

63,40

Zuschlag und Abzug HLG (Fr.)

–44,67

–45,03

–44,49

–50,61

–11,03

–49,23

–23,34

–11,84

–11,06

–22,13

Erlös total (Fr.)

2523,90

2544,20

2513,70

2859,50

2526,40

2781,50

2660,80

2710,20

2533,30

2522,30

 

ÖLN: Erträge, Hektolitergewicht und Erlöse ausgewählter Sorten (Ø 2020/2021)

           

2020/2021

KWS Tonic

KWS Higgins

KWS Orbit

Esprit

Adalina

SY Galileoo

SY Baracooda

SU Celly

KWS Cassia

Maltesse

Ø Ertrag 2020/2021 (dt/ha)

92,70

92,40

92,40

94,20

85,90

96,50

94,50

86,60

83,20

85,10

Erlös Ertrag (Fr.)

3196,43

3187,80

3186,08

3248,18

2963,55

3329,25

3260,25

2987,70

2868,68

2934,23

Ø HLG 2020/2021 (kg/hl)

61,50

62,80

62,20

61,70

64,60

62,50

64,60

65,60

66,30

66,50

Zuschlag und Abzug HLG (Fr.)

–55,59

–41,58

–41,56

–56,49

–12,89

–43,43

–14,18

0

0

0

Erlös total (Fr.)

3140,80

3146,20

3144,50

3191,70

2950,70

3285,80

3246,10

2987,70

2868,70

2934,20

Erträge aus dem Versuchsnetz von Agroscope und Swiss Granum der Jahre 2020 und 2021. Ernterichtpreise 2021, Zuschlags- und Abzugsskala HLG aus den aktuellen Übernahmebedingungen von Swiss Granum. (Quelle Forum Ackerbau)