Verband Thurgauer LandwirtschaftRücktritt von Daniel Vetterli als Co-Präsident des VTLSonntag, 5. Juni 2022Sie freue sich, die Bäuerinnen und Bauern nach drei Jahren wieder persönlich zu begrüssen. Mit diesen Worten eröffnete Maja Grunder am 9. Juni 2022 die Generalversammlung des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL). Doch die Freude war getrübt. Wegen eines tragischen Todesfalles in der Familie war Daniel Vetterli, der den VTL zusammen mit Grunder seit Juni 2020 in einem Co-Präsidium führte, per sofort zurückgetreten. Grunder wird den Verband bis zur nächsten GV alleine präsidieren. Dass sie dieser Aufgabe gewachsen ist, bewies sie am Donnerstagabend.

Neuer Schwerpunkt Öffentlichkeitsarbeit

«Versorgungssicherheit ist ein wichtiges Thema, das dem Bundesrat aber scheinbar gleichgültig ist», sagte Grunder. «Die 3,5 Prozent Ökoflächen, die ab 2023 auf Ackerflächen zusätzlich ausgeschieden werden sollen, sind tausende von Hektaren Fruchtfolgeflächen, die aus der Nahrungsmittelproduktion genommen werden. Und dies in einer Zeit, in der andere Länder den Export von Agrargütern stoppen.»

Mit der Massentierhaltungsinitiative (MTI) sieht sich die Landwirtschaft schon wieder mit einer Initiative konfrontiert, die es aus Sicht des VTL zu bekämpfen gilt. Der VTL hat darum eine neue Kommission Öffentlichkeitsarbeit gebildet. Hauptthemen sind laut Grunder die saisonale Ernährung und erneuerbare Energien. «Wir möchten in der Thurgauer Bevölkerung besser wahrgenommen werden und sie für die Anliegen der Landwirtschaft sensibilisieren», sagte Grunder.

«Wir wollen die Themen selber besetzen und nicht immer mit Argumenten hintendrein hinken.»

Maja Grunder, Präsidentin VTL

Neue Statuten verabschiedet
Am meisten Zeit beanspruchte die Änderung der Statuten, da sie Punkt für Punkt durchgegangen werden mussten. «Es sind nicht wahnsinnige Eingriffe, es geht vor allem um Vereinfachungen und eine Anpassung nach zehn Jahren», erklärte Geschäftsführer Jürg Fatzer. Letztendlich waren die Änderungen unbestritten, sie wurden einstimmig angenommen.
Ebenfalls ein einstimmiges Ja gab es von den 105 Stimmberechtigten für die Rechnung, die mit einem Gewinn von 63'000 Franken abschloss sowie das Budget, das einen Verlust von 82'000 Franken vorsieht. Angenommen wurde zudem der Antrag des Vorstandes, die Flächenbeiträge auf Fr. 5.–/ha (bisher Fr. 6.–/ha) zu reduzieren. Wahlen fanden keine statt.

Über 30 Jahre politischer Einsatz für die Landwirtschaft

Da die letzte physische Generalversammlung drei Jahre zurücklag, gab es einige Ehrungen und Verabschiedungen aus den Gremien des VTL nachzuholen. Allen voran die Verabschiedung von Markus Hausammann, der den VTL von 2010 bis 2020 präsidiert hatte. Über 30 Jahre lang hatte er sich auf politischer und Verbandsebene für die (Thurgauer) Landwirtschaft eingesetzt. Im einem Video kamen ehemalige Weggefährt(innen) zu Wort. Mit minutenlangem Applaus und Standing Ovations wurde Hausammann schliesslich zum Ehrenmitglied ernannt.

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Unter den weiteren Geehrten waren Liselotte Peter, Jakob Rohrer, Ruedi Huber, Hermann Brenner und Andreas Guhl. Auch sie erhielten die Ehrenmitgliedschaft.

Lob und Kritik an der neuen Agrarpolitik

Regierungsrat Walter Schönholzer, Vorsteher des Departements für Volkswirtschaft, kam in seiner Rede um den Ukraine-Krieg nicht herum.

«Die Debatte um die Ernährungssicherheit kann das Bewusstsein für die Nahrungsmittelherstellung und die Wertschätzung gegenüber den Produzent(innen) erhöhen.»

Walter Schönholzer, Regierungsrat Thurgau 

In Bezug auf die Anpassungen des Direktzahlungssystems auf den 1. Januar 2023 sagte er, die Regierung begrüsse grundsätzlich die Massnahmen des Absenkpfades für Pflanzenschutzmittel und Nährstoffe und anerkenne die Anstrengungen der Landwirtschaft in diese Richtung.

Der Kanton bemängelt an der zukünftigen Agrarpolitik, dass die Direktzahlungen zunehmend zu einem Vollzugsinstrument für alle möglichen Gesetzgebungen umgewandelt werden. Die geforderte Vereinfachung liege in weiter Ferne. «Unsere Forderung nach glaubwürdigen und zielorientierten Instrumenten im Vollzug wurde nicht berücksichtigt», so Schönholzer. Er hob die gute Zusammenarbeit mit dem VTL hervor, was auch Maja Grunder bestätigte: «Die Wege sind im Thurgau kurz und die Zusammenarbeit mit der Regierung und den Kantonsämtern funktioniert.»

Keine staatliche Bevormundung der Konsumenten

AboVerband Thurgauer Landwirtschaft«Die grösste Gefahr geht von einem Tierskandal aus»Montag, 14. März 2022 Urs Schneider, Vize-Direktor des Schweizer Bauernverbandes,  stellte den Fahrplan für den Abstimmungskampf gegen MTI vor. Für Schneider gibt es drei Hauptgründe für die Ablehnung der Initiative:

  1. Die Schweiz hat schon heute einen hohen Tierwohlstandard
  2. Die Schweiz kennt bereits heute Höchsttierbestände, notabene als einziges Land der Welt
  3. Die Konsument(innen) sollen die Wahlfreiheit haben und nicht staatlich bevormundet werden

Natürlich gebe es noch weitere Gründe, so Schneider. Er appellierte an die Solidarität innerhalb der Landwirtschaft: «Es ist ein Trugschluss, zu glauben, die MTI betreffe nur die Tierhaltung.» Betriebliche Neuorientierungen könnten dazu führen, dass bei einer Annahme der Initiative mehr Betriebe z.B. auf Gemüsebau umstellen. Das schaffe neue Konkurrenzverhältnisse.

«Die Stimmbevölkerung muss überzeugt werden, dass die Tierhaltungsinitiative unnötig und nicht der richtige Weg ist.»

Urs Schneider, Vize-Direktor SBV

Bei einer Annahme würden die Inlandproduktion massiv zusammenbrechen und die Fleischimporte steigen, warnte Schneider. «Über diese Tierhaltung haben wir keine Kontrolle. Und dieses Fleisch hat  sicher die schlechtere Ökobilanz als das Futter, das wir heute für unsere Nutztiere importieren.»

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