«Wir bekamen die Gelegenheit, ein Gewächshaus zu pachten und sahen dies als Chance für einen weiteren Betriebszweig», erklärt Dario Heller. In diesem 1000 Quadratmeter grossen Gewächshaus bauten er und sein Vater Xaver in Büron LU mit Hilfe von Elementen der Permakultur wie etwa dauerhaft bedecktem oder bewachsenem Boden Gemüse an und verkauften es in Selbstbedienung. Die Kundschaft sollte den Preis selbst bestimmen, so die Idee. Planung und Kontrolle seien aber schwierig gewesen. «Manchmal wurde einfach nichts bezahlt», schildert der Junglandwirt.

Die bekannten Systeme überzeugten nicht

[IMG 2]Das war offensichtlich nicht optimal. Abo-Taschen zu füllen oder die klassische solidarische Landwirtschaft (Solawi) mit Genossenschaftern aufzubauen, könnten sich Dario und Xaver Heller auf dieser Parzelle aber nicht vorstellen. «Für eine Gemüse-Tasche braucht es sehr effizient bewirtschaftete Flächen und gleichzeitig ist der Aufwand sehr hoch, wenn man die Kunden zufriedenstellen möchte», führt Dario Heller aus. Bei einer Solawi gebe man das Ruder aus der Hand und könne selbst nicht genau entscheiden, wo man in der Zukunft hinmöchte. Daher erfanden die beiden Betriebsleiter des Erlenhofs vor zwei Jahren ihr eigenes System der Direktvermarktung, das sie an einem Anlass im Rahmen des Projekts «Pro Bio» von Bio Suisse interessierten Landwirt(innen) vorstellten.

Zwei Franken pro Tag für den Zutritt

[IMG 3]Bei Hellers Konzept erhalten Abonnent(innen) von 7 Uhr morgens bis 21 Uhr abends freien Zutritt zum Gewächshaus und der angrenzenden Freilandfläche, um reifes Gemüse nach Wahl in der gewünschten Menge für ihren Bedarf zu ernten. Dafür bezahlt die Kundschaft pauschal pro Saison (7-8 Monate) Fr. 2.- pro Tag. Das Abo läuft während allfälliger Ferien weiter, kann aber während dieser Zeit übertragen werden. Hellers haben weniger Aufwand, da die Erntearbeit wegfällt. «Das Ernten wäre für uns Arbeitszeit, für die Abonnentinen und Abonnenten ist es Freizeit», fasst Dario Heller zusammen. Ergänzend kommen moderne Technologien zum Einsatz: Der Zutritt ist per Badge oder Smartphone geregelt und es sind Überwachungskameras installiert. «Das Videomaterial würde helfen, sollte es Probleme geben», meint der Luzerner.

Die Abonnenten des Erlenhofs schätzen laut Hellers vor allem die Vielfalt der Gemüsesorten, den Permakulturanbau und die freie Wahl, ausserdem seien sie untereinander gut vernetzt. «Da das Abo eine ganze Saison läuft, werden Kontakte geknüpft und wie bei einer Solawi nimmt man aufeinander Rücksicht», freut sich Dario Heller. Das neue Konzept sei auf dem Markt gut platziert und bringe einen sicheren Verdienst, so sein Fazit.

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Auch an einem schönen Samstagnachmittag kommt es auf der Permakulturfläche nicht zu einem Ansturm, wie Hellers schildern wird der flexible Zugang gerne genutzt: «Manche kommen vor der Arbeit frühmorgens, andere noch kurz vor 21 Uhr vorbei». Dank der fixen Anzahl Abonnenten können die Landwirte gezielt die ungefähr benötigte Menge anbauen und wissen im Voraus, wie viel sie in die Fläche investieren können. Nicht nur das Endprodukt wird vermarktet, sondern zugleich die ganze Fläche.

Eigene Projekte sind willkommen

Familie Heller bietet ihren Abonnenten die Möglichkeit auch eigene Projekte zu realisieren. Dies unter der Voraussetzung, dass sie selbst die Verantwortung übernehmen und am Ende alle davon profitieren können. So hat eine 8-köpfige Gruppe in einer feuchten Ecke der von Hecken als Windschutz umstandenen Fläche eine Pilzzucht eingerichtet. «Wir haben Material, das wir gerade zur Hand hatten und das Flüssigmyzel zur Verfügung gestellt», erzählt der Junglandwirt. Tatsächlich konnten einige Edelpilze geerntet werden und der runde Platz mit den grossen Holzkästen wirkt sorgfältig gestaltet und aufgebaut. «Damit schaffen wir auch eine Bindung zu der Fläche», ist Dario Heller überzeugt. Das Gewächshaus selbst wurde zu einem gemütlichen Treffpunkt: Zwischen Tomaten, Peperoni und Kräutern befindet sich ein Aufenthaltsraum mit Holztischen und einem Töggelitisch.

«Es gibt sogar einen Tanzkurs hier, organisiert von einem Abonnenten.»

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Mit der Betreuung ihrer Abo-Kunden haben die beiden Betriebsleiter wenig zu tun. Eine grosse Tafel im Gewächshaus informiert darüber, was wo zu finden und was erntereif ist. Via Tafel werden Anbauideen für die nächste Saison gesammelt, so haben die Abonnenten auch die Möglichkeit zur Mitbestimmung. «Über eine Umfrage stellen wir dann fest, ob das Interesse gross genug ist und wovon wir als Kompensation weniger anbauen können», erläutert Dario Heller das Vorgehen.

Die Flexibiltät beim Anbau nutzen

Kommt es einmal zu einer wahren Schwemme, ermuntern die Landwirte ihre Abonnenten, das überschüssige Gemüse zu verschenken – die Ware sei ja schon bezahlt und das sei die beste Werbung. Viele würden schon von «ihrem Gärtli oder ihrem Paradiesli» sprechen und ihre Besucher zum Ernten mitnehmen.

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Mit dem Flächen-Abo-Konzept trägt die Kundschaft auch einen Teil des Anbaurisikos. «Dank der die grossen Vielfalt auf der Fläche werden aber immer einige Gemüsearten die verschiedenen Wetterbedingungen überstehen und gedeihen», gibt Dario Heller zu bedenken. Um dem grössten Schädlingsdruck im Sommer auszuweichen, nutzen die Luzerner die Flexibilität ihres Direktvermarktungssystems aus und bauen z. B. Blumenkohl bereits früh im Jahr an, um diese Gemüse dann im Sommer auszulassen. Dies mit der Aufforderung an die Kundschaft, den Blumenkohl einzufrieren oder einzumachen, um trotzdem in den warmen Monaten davon profitieren zu können. Daneben gibt es Obst und Beeren von den Bäumen und Sträuchern, die Hellers inspiriert von der Permakultur zwischen die Beete gepflanzt haben. «Dafür garantieren wir aber nicht», so Dario Heller, «das setzt uns nicht unter Druck, gegen Krankheiten oder Schädlinge zu spritzen.»

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Bedeckter Boden und Humusaufbau als Ziel

Bedeckter Boden im GemüsebauDer Kabis gedeiht prächtig in 12 Zentimeter dickem MulchMittwoch, 7. Dezember 2022 Im Tunnel wächst das Gemüse mit Mist als Dünger und einer dicken Mulchschicht aus Stroh, draussen bedeckt Ökoheu die Beete. Der Boden wird nicht bearbeitet, Humusaufbau ist das Ziel. «Im Freiland zersetzt sich der Mulch viel schneller als drinnen mit der Tröpfchenbewässerung. Nach etwa drei Sätzen Salat mulchen wir von Hand nach.» Noch erfolgt das Setzen mit einem Akkubohrer, der ein Loch in Mulch und Boden bohrt. Künftig wollen die Luzerner eine selbst konstruierte Maschine dafür einsetzten. «Es ist uns wichtig, dass wir diese Handarbeit durch effiziente Maschinen ersetzen kann», sagt Dario Heller. Das Ziel ist eine weitere Steigerung der Arbeitseffizienz.

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Alles in Allem resultiere mit diesem System von der 110 Aren grossen Parzelle, von der 65 Aren bepflanzt sind, der Jahresverdienst einer Person bei einem 100-Prozent-Pensum. Der Erlenhof der Familie Heller ist mit der Gemüsedirektvermarktung, Schweinemast, Mutterkühen und Ackerbau breit aufgestellt. Um das direktvermarktete Gemüse kümmert sich neben den Betriebsleitern ein Angestellter in einem 50-Prozent-Pensum. «Und ab und zu hilft jemand von den Abonnenten aus Freude mit», ergänzt Dario Heller.

Das Konzept hätte für andere Betriebe Potezial

In der Nachbarschaft komme ihr Konzept gut an, unter ihren Abonnenten(innen) sei auch die eine oder andere Bauernfamilie. In diesem zweiten Jahr konnten Hellers ihre Abo-Fläche verdoppeln, mit 200 Abos ist aber bei ihnen bis auf Weiteres das Ende der Fahnenstange erreicht. «Wir sind gut ausgelastet und können leider nicht mehr vergrössern, da die angrenzende Parzelle nicht uns gehört», erklärt der Luzerner. Er sieht sehr grosses Potential für weitere Betriebe, die auf diese Weise in die Direktvermarktung einsteigen könnten. Bereits arbeiten Hellers mit einem Hof zusammen, der in Buttisholz im nächsten Jahr startet. «Wir sind auf der Suche nach weiteren Betrieben, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben», sagt Dario Heller. Er und sein Vater verfolgen damit das Ziel, die Verbindung zwischen Landwirtschaft und Bevölkerung zu stärken, Betriebe direkt untereinander zu vernetzen und ohne Zwischenhandel mit den Konsumenten in Verbindung zu kommen.

Bei Interesse melden Sie sich bei Familie Heller via Kontaktformular unter www.mein-hof.ch

Betriebsspiegel Erlenhof
LN: 35 ha
Betriebsform: Generationengemeinschaft, Bio-Knospe
Kulturen: Weizen, Kabis, Sonnenblumen, Braunhirse, Zwischenfrüchte/Gründüngungen über den Winter für Mulchmaterial für den Kabisanbau
Tierbestand: 35 Mutterkühe, 160 Mastschweineplätze
Besonderes: 110 Aren eigenes Direktvermarktungssystem mit Abos für die Fläche
Weitere Informationen: www.mein-hof.ch

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