Kürzlich ging der Fall der Schwyzer Käserei Vogel durch die Medien: Durch kontaminierten Käse soll es in den Jahren 2018 und 2020 zu 34 Fällen von Listeriose gekommen sein, zehn Personen seien daran gestorben. Eine interne Kontrolle hatte in diesem Mai Listerien in Produkten der Käserei Vogel gefunden, woraufhin diverse Käsesorten zurückgerufen wurden und das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) öffentlich vor dem Konsum gewarnt hat. Der Fall zeigt, dass mit diesen Bakterien nicht zu spassen ist. Umso wichtiger ist die Prävention.

Das rechtliche Prozedere  

Sobald bei einer Selbstkontrolle Listerien über dem Grenzwert der Hygieneverordnung festgestellt werden, muss der betroffene Betrieb die Produkte vom Markt nehmen bzw. zurückrufen. Gegen den Schwyzer Käser läuft ein Strafverfahren wegen Verdacht auf mehrfache fahrlässige Tötung, mehrfache fahrlässige Körperverletzung sowie Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz.  «Handelt es sich nicht um einen leichten Fall, zeigen die kantonalen Behörden die strafbaren Widerhandlungen gegen die Vorschriften des Lebensmittelrechts an», schreibt das BLV zu den rechtlichen Folgen einer Listerien-Entdeckung. Ob es bei einem Listerien-Fall zu einer Strafuntersuchung kommt, darüber entscheiden laut dem BLV die Strafverfolgungsbehörden.

Der Betrieb muss vollständig saniert werden 

Neben den rechtlichen Konsequenzen müssen von Listerien-betroffene Betriebe eine Generalsanierung vornehmen. Diese umfasst neben der Suche nach der Kontaminationsursache eine gründliche Reinigung und Desinfizierung. Zudem müssen die Hygiene- und Arbeitspraktiken hinterfragt werden, um dann allfällige Anpassungen, Objektsanierungen oder Personal-Schulungen in Angriff zu nehmen.

 

Beratung bei Agroscope

Bei Agroscope gibt es seit einer Listeriose-Epidemie 1983/88, als wegen einer Listerien-Infektion durch Vacherin-Mont-d’Or-Käse 122 Erkrankungen und 33 Todesfälle gab, ein Listeria-Monitoring-Programm. Bei Listerienproblemen kann das Listerien-Beratungsteam von Agroscope für Mithilfe und Beratung bei Betriebssanierungen angefordert werden.

Kontakt: lena.fritsch(at)agroscope.admin.ch

 

Nicht nur Milchprodukte können kontaminiert sein

Damit es gar nicht erst zu einer Kontamination von Lebensmitteln mit Listerien kommt, ist vor allem Hygiene wichtig. Dabei ist zu beachten, dass diese Bakterien nicht nur in Milchprodukten, sondern in zahlreichen anderen Esswaren wie Fleisch und Wurstwaren, Gemüse, Salate, Fisch usw. vorkommen können. Da Listerien nicht hitzetolerant sind, ist vor allem bei genussfertigen Produkten, die nicht mehr erhitzt werden, Vorsicht geboten.

Hitze und lange Reifung helfen gegen Listerien

Die Pasteurisierung von Milch tötet Listerien ab, es ist aber eine erneute Kontamination nach dem Erhitzen möglich. Laut dem InterLab-Leitfaden zu Listerien in Milchprodukten sind oberflächengereifte Käse wie Rotschmierekäse (z. B. Limburger, Münster, Tilsiter), schmieregereifte Sauermilchkäse (Quargel, Harzer) oder Schimmelkäse (z. B. Camembert, Brie) besonders gefährdet, da hier die Oberfläche entsäuert und Bakterien sich besser vermehren können. In Rohmilch gibt es laut Agroscope wenig Listerien, das Brennen und lange Reifen von Rohmilchkäse erhöht die Sicherheit zusätzlich.

 

Beim Tier meldepflichtig

Bei Tieren gehört die Listeriose zu den zu überwachenden Tierseuchen und ist somit meldepflichtig. Laut BLV gibt es jährlich zwischen 6 und 15 Fälle, wobei Rinder am häufigsten betroffen sind (55 Prozent der Fälle), gefolgt von Ziegen (23 Prozent) und Schafen (19 Prozent). Die Erreger können über nicht ausreichend angesäuerter Silage übertragen werden, weil sie sich in solchem Futter vermehren. Da Listerien im Darm gesunder Tiere vorkommen, gelangen sie über den Kot in die Umwelt, wo sie im Boden oder auf Pflanzen wochen- bis monatelang überleben.

Bei Schafen und Rindern kommt laut BLV meist die cerebrale Listeriose vor, bei der zuerst Fieber auftritt. Später folgen Abgeschlagenheit, Bewegungsstörungen und Lähmungen. Bei Schafen kommt es zudem häufiger zu Bindehautentzündungen.

Zur Prävention rät man zu einer guten Fütterungshygiene und einwandfreier Silage.

 

Das Umfeld sauber halten und kontrollieren

Am häufigsten gelangen Listerien aus dem Käsereiumfeld in die Milchprodukte. Zum Schutz vor einer Kontamination wird in Käsereien auf Sauberkeit geachtet, und zwar in den Bereichen allgemeine Hygienemassnahmen, Personal- und Raumhygiene, Massnahmen bei der Käsepflege und zur Reinigungs- und Entkeimung. Hinzukommt ein Listerienmonitoring, bei dem sowohl Produkte als auch die Umgebung auf die Bakterien untersucht werden.

Richtig Proben nehmen für die Listerien-Kontrolle 

Bei der Beprobung von Käse ist vor allem die Rinde bzw. die Oberfläche wichtig, da sich Listerien dort besser vermehren können, als im Inneren des Käse. Je nach Sorte gibt es unterschiedliche Empfehlungen zur Mindestuntersuchungshäufigkeit. Auch über das Schmierwasser können Listerein übertragen werden, weshalb hier ebenfalls Kontrollen nötig sind.

Sobald bei Proben der Umgebung (Schmier- und Spülwasser, Gullyflüssigkeit und Käsegeschabsel) oder in der Schmierflüssigkeit Listerien festgestellt werden, empfiehlt InterLab, den Keller zu sperren und die Sanierung einzuleiten.

Alternativen sind umstritten 

Die Forschung befasst sich mit alternativen Ansätzen wie z. B.  Schutzkulturen. Dabei handelt es sich um andere Mikroorganismen, die das Wachstum von Listerien hemmen oder Phagen, die Bakterien abtöten können. Laut InterLab ist die Wirksamkeit aber umstritten und Resistenzbildungen sind nicht ausgeschlossen.

 

Was sind Listerien?

Bis heute sind 18 verschiedene Listieren Arten bekannt, von denen aber nur zwei Arten als lebensmittelbedingte Krankheitserreger betrachtet werden.  Insbesondere Listeria monocytogenes kann bei Menschen und Tieren schwere Erkrankungen auslösen.

Gefährliche Überlebenskünstler

Listerienarten kommen in der Natur überall vor, im Boden, auf Pflanzen, im Abwasser, im Darm von Menschen und Tieren. Sie wachsen bereits bei 7 Grad und weniger und überleben sowohl hohe Salzkonzentrationen (Salzlake) als auch tiefe pH-Werte und Trockenheit. Die Bakterien überdauern lange im Wasser und brauchen wenig Nährstoffe, weshalb sie sich in Wasseransammlungen wie feuchte Stellen oder Kondenswasser vermehren. Nur Hitze bekommt den Überlebenskünstlern nicht, eine Pasteurisierung tötet Listerien ab.

Bis 20 Prozent Sterblichkeit

In der Schweiz werden jährlich etwa 30 bis 80 Fälle von Listeriose bei Menschen gemeldet. Die Sterblichkeit kann bis zu 20 Prozent betragen, wobei es sehr darauf ankommt, wer betroffen ist: Schwere Symptome wie Hirnhaut- oder Lungenentzündung oder Blutvergiftung treten bei Personen mit geschwächtem Immunsystem, besonders jungen oder alten Menschen auf. Schwangere können wegen einer Listerien-Infektion eine Fehlgeburt erleiden oder das Kind kommt mit einer Blutvergiftung oder Hinerhautentzündung zur Welt.

Nicht immer eine schwere Erkrankung

Bei gesunden Personen können grippeähnliche Symptome mit Fieber oder Durchfall vorkommen, die Listeriose verläuft zum Teil aber auch symptomlos. Besonders gefährlich macht diese Krankheitserreger ihre Fähigkeit, das Immunsystem zu überlisten. Listerien sind laut InterLab eine der häufigsten Ursachen von Rückholaktionen aus mikrobiologischen Gründen bei Lebensmitteln.

 

«Verbrauchen bis» ist eine Sicherheitsgarantie

Konsumentinnen und Konsumenten können zu ihrer eigenen Sicherheit auf das Datum achten: Das Verbrauchsdatum eines Produktes ist ein Sicherheitskriterium. hierbei garantiert der Hersteller die Produktsicherheit bis zu dem gegebenen Zeitpunkt (vorausgesetzt die Kühlkette wurde nicht unterbrochen). Gerade bei Weichkäse und anderen kritischen Produkten (siehe oben) sollten Personen mit einem geschwächten Immunsystem das Verbrauchsdatum beachten, denn riechen oder von Auge sehen kann man Listerien nicht.

 

Listerien auf der Alp vermeiden

Gemäss der Broschüre «Milchprodukte von der Alp – schmackhaft und sicher» von Agroscope  zählen zu den gefährdeten Produkten Rohmilch und Rohrahm und alle daraus hergestellten Produkte ohne ausreichende Hitzebehandlung. Insbesondere Butter, Frisch-, Weich- und Halbhartkäse aus Rohmilch und thermisierter Milch werden als Beispiele genannt. Um Kontaminationen mit Listerien und anderen Krankheitserregern  zu verhindern, führt die Broschüre folgende Punkte aus:

  • Keimarme Milch (dank sauberem Melken, gesunden Eutern und kontrollierte Milchlagerung in Bezug auf Temperatur und Dauer)
  • Wasser in Trinkwasserqualität verwenden
  • Nur geeignete Produkte herstellen (von Weichkäse wird dringend abgeraten)
  • Selbstkontrollen durchführen (Pflegewasser nach der Käsepflege oder abgeschabte Rinde, einmal pro Saison bevor der erste Käse den Keller verlässt)