Seit dem 1. Januar 2024 erhebt die Schweiz unabhängig des Warenursprungs keine Zölle mehr auf die Einfuhr von Industrieprodukten. Das teilt das Staatssekretariat Seco in einer M itteilung mit. Damit wird nach rund zehn Jahren Vorbereitungsarbeiten eine für die Schweizer Wirtschaft bedeutsame handelspolitische Massnahme umgesetzt, deren jährlicher Gesamtwohlfahrtsgewinn für die Schweiz auf über 860 Millionen Franken geschätzt wird.

Die Aufhebung der Industriezölle stärke laut Seco den Wirtschafts- und Industriestandort Schweiz, indem sie Unternehmen und Konsumenten finanziell und administrativ entlaste. Sie erleichtere die Beschaffung kompetitiver Vorleistungen, womit die Diversifikation gefördert und die Produktivität der Schweizer Unternehmen im In- und Ausland erhöht werde. Die Handelsbeziehungen sollen insgesamt effizienter und der Wettbewerb gestärkt werden.

Konsumgüter werden zollfrei

Zu den Industrieprodukten zählen in der Schweiz sowohl Vorleistungen für Produktionsprozesse, zum Beispiel Investitionsgüter, Rohstoffe, Salz, Halbfabrikate und Maschinen, als auch Konsumgüter wie Fahrräder, Haushaltsgeräte, Kleider oder Schuhe. Nicht als Industrieprodukte gelten dagegen alle Agrarprodukte (inkl. lebende Tiere und Pflanzen, Lebens- und Genussmittel, landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte, Saatgut und Futtermittel) und Fischereierzeugnisse. Bei der Einfuhr von Agrarprodukten in die Schweiz werden weiterhin Zölle erhoben.

Kosteneinsparungen auch für Konsumenten

Zusammen mit dem Wegfall der Industriezölle für Schweizer Importeure erfolgen Vereinfachungen im Schweizer Zolltarif sowie im Bereich der Ursprungsnachweise, die zur administrativen Entlastung der Schweizer Unternehmen beitragen. Bei funktionierendem Wettbewerb ist davon auszugehen, dass auch Konsumentinnen und Konsumenten von den Kosteneinsparungen profitieren. Der Bund wird die Auswirkungen auf die Preise betroffener Produkte im Rahmen eines Monitorings überprüfen.

Die Aufhebung der Industriezölle zieht keine Anpassungen in den Verzollungsprozessen nach sich. Somit besteht weiterhin die Pflicht einer Einfuhrdeklaration sowie der Begleichung sonstiger bei der Einfuhr anfallender Gebühren und Abgaben, einschliesslich der Mehrwertsteuer.

Das Parlament beschloss die Aufhebung der Industriezölle am 1. Oktober 2021 mittels einer Anpassung des Zolltarifgesetzes. Der Bundesrat legte anschliessend an seiner Sitzung vom 2. Februar 2022 das Inkrafttreten der Massnahme auf den 1. Januar 2024 fest. Mit dem Abbau von Zollhürden setzt die Schweiz als kleine, hochintegrierte Volkswirtschaft im aktuell zunehmend protektionistischen, globalen Handelsumfeld ein klares Zeichen für den Erhalt und Ausbau hindernisfreier Handelsströme.

Exkurs: Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Aufhebung der Industriezölle
Der Bundesrat hatte zur Erarbeitung der Botschaft  diverse Prüfaufträge zu den Auswirkungen eines Industriezollabbaus erteilt. Daraus ergab sich, gestützt auf die Handelszahlen von 2016, ein Gesamtwohlfahrtsgewinn von rund 860 Mio Fr. Dieser Effekt setzt sich zusammen aus den direkten Zolleinsparungen bei den Unternehmen im Umfang von damals zirka 490 Mio Fr. und Einsparungen von zirka 100 Mio Fr. aufgrund von administrativen Entlastungen. Hinzu kommen indirekte Effekte durch z.B. Produktivitätssteigerungen bei den Unternehmen von rund 270 Mio Fr. Basierend auf den Schweizer Importen im Jahr 2022 belaufen sich die direkten Zolleinsparungen zwischenzeitlich sogar auf rund 600 Mio Fr.
Für den Ausfall der Zolleinnahmen aufgrund der Aufhebung der Industriezölle sieht der Bund keine direkten Kompensationsmassnahmen vor. Allerdings ist gemäss der im Vorfeld durchgeführten Studien davon auszugehen, dass der Industriezollabbau zu einer höheren Wirtschaftsleistung und dadurch zu höheren Steuereinnahmen beim Staat führt, was mittelfristig rund 30 Prozent der wegfallenden Zolleinnahmen kompensieren dürfte. Gesamtwirtschaftlich betrachtet übersteigen die positiven Effekte deutlich die erwarteten Einkommensverluste des Bundes.