BauernZeitung: Herr, Sciarra, wie steht es in der Schweiz um das Tierwohl während des Transports zum und
später im Schlachthof?
Cesare Sciarra: Grundsätzlich sieht es gut aus. Die Qualität der Transporte hat zugenommen. Sanktionen, die allenfalls drohen, waren da sicher eine Motivation zu Verbesserungen. Wir beobachten Fortschritte bei der Ausstattung der Fahrzeuge. Das Wissen um das Tierwohl hat in der Transportbranche zugenommen, sicher auch dank der obligatorischen Tierschutzkurse für die Transporteure.
Das Personal in den Schlachthöfen ist ebenfalls recht gut ausgebildet. Baulich haben sich die Anliefer- und Wartebereiche in den Betrieben
verbessert. Ein Problem stellt oftmals der Zutrieb zur Betäubung dar.
Inwiefern?
Hier bemerken wir ähnliche Probleme, wie sie Frau Grandin in ihrem Referat an der Nutztiertagung erwähnt hat: Frühe Vereinzelung der Tiere, reflektierende Einrichtungen, irritierende Licht- und Schatteneffekte, Betriebsmitarbeiter, die in Bewegungsrichtung der Tiere sichtbar sind.
Wie sieht es bei der Betäubung aus?
Alle drei Methoden, Schuss-, CO2- und Elektrobetäubung haben Vor- und Nachteile. Wir erwarten daher, dass alle Varianten weiterentwickelt und verbessert werden. So muss beim Bolzenschuss auf einen ruhigen Zutrieb und eine angemessene Fixierung des Tiers geachtet werden. Was die Gasbetäubung angeht, ist der Einsatz von Kameras eine Überlegung wert, damit wir besser verstehen können, wie die Tiere auf das Gas reagieren und so die Einleitungsphase der Betäubung verbessern können. Bei der Elektrobetäubung muss schliesslich stärker darauf geachtet werden, dass Geräte verwendet werden, die auch wirklich die nötigen Durchströmungswerte erreichen.
2015 mussten Sie bei 20 Prozent der kontrollierten Transporte Beanstandungen anbringen. Was muss dort noch verbessert werden?
Zwischen den einzelnen Transportfirmen gibt es teils grosse Qualitätsunterschiede. Bei einigen kommt es immer noch vor, dass der
Lastwagen überladen ist. Oder dass das Personal mit den Tieren falsch umgeht und z.B. unerlaubte Treibhilfen wie Drehen oder Ziehen am Schwanz einsetzt.
Schlechter als bei den Schlachtvieh- sieht es bei den zwischenbetrieblichen Transporten aus. Bei Transporten auf die Alp oder auf Viehmärkte kommen die bereits genannten Beispiele von Fehlverhalten häufiger vor. In Zukunft möchten wir deshalb in diesem Bereich die Kontrollen verstärken.
Beim Transport von Legehennen sehen wir die Ausstallung als problematisch an. Die Hühner werden eingefangen und kopfüber hinausgetragen, was sie stresst. Doch es laufen Projekte, die nach alternativen Möglichkeiten suchen, was wir begrüssen. Ebenfalls
Verbesserungspotenzial gibt es beim eigentlichen Transport des Geflügels. Dort muss die Klimatisierung optimiert werden, weil sowohl hohe als auch tiefe Temperaturen für die Tiere nicht gut sind.
Interview Deborah Rentsch
Cesare Sciarra ist Leiter Kontrolldienst des Schweizer Tierschutz STS