Kartoffeln mögen Temperaturen um die 20 Grad. Die Riesenhitze der letzten Wochen war für die Knollen deshalb «ein Riesenstress», sagt Ruedi Fischer, Präsident der Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten (VSKP). Der starke Regen Anfang Mai und jetzt Hitze und  Trockenheit «werden einen massiven Einfluss auf die Ernte haben». Fischer, der selbst 14 ha Kartoffeln angepflanzt hat, rechnet heuer deshalb höchstens mit einer durchschnittlichen Ernte. Bei vielen Feldern wurde bereits Zweitaustrieb festgestellt. Ein Problem war vielerorts auch die Bewässerung: Fischer schätzt, dass höchstens ein Drittel der Kartoffelfelder bewässert werden konnten.


Schlaf – Mangelware für Gemüsebauern


Die Bewässerung hat viele Gemüseproduzenten in den letzten Tagen um den Schlaf gebracht. Sie nutzten die kühleren Nachtstunden neben dem Wässern teilweise auch für Spritzarbeiten. Um fünf Uhr morgens ging es dann bereits wieder los mit der Ernte und den Pflegearbeiten. «Es ist eine schwierige Situation für die Gemüseproduzenten, jedoch sind sie sich Wetterkapriolen gewohnt», sagt Moana Werschler, Mediensprecherin des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP). Einige Kantone haben in Sachen Bewässerung Restriktionen ausgesprochen, zum Teil mussten sich die Landwirte um Sonderbewilligungen bemühen.

Das Gemüse litt unter der Hitze. Salate könnten Verbrennungen erleiden, Brococoli grössere Blüten bilden, erklärt Werschler. Trotzdem: «Es hat momentan genügend Schweizer Gemüse, insbesondere Tomaten.»

500 Landwirte nützen spezielle Versicherung


Eine komplette Ernteausfallversicherung gibt es in der Schweiz nicht. Ganz anders als z. . in den USA, wo 62 Prozent der Beiträge für eine solche Versicherung staatlich subventioniert sind. Seit Januar 2014 hat die Schweizer Hagel-Versicherung aber die Ackerbau-Pauschalversicherung Plus (APV+) im Angebot. Aktuell nehmen laut Schweizer Hagel rund 500 Landwirte dieses Angebot in Anspruch, das pro Hektare im Mittelland rund 140 Franken kostet. Für 2015 wurde die APV+ überarbeitet. «Die Auswuchsdeckung bzw. Entschädigung wurde verbessert, und die Deckung des Trockenheitsrisikos wurde auf alle Ackerkulturen ausgedehnt», heisst es auf Anfrage.

Kommt irgendwann eine nationale Lösung?


Die Themen Elementarschäden und Ernteversicherung beschäftigten auch Bauernverbandsdirektor Jacques Bourgeois. Er hat im September 2014 ein Postulat namens «Elementarschäden in der Landwirtschaft vorbeugen und sie entschädigen» eingereicht. «Es ist festzustellen, dass in den letzten Jahren die Elementarschäden, insbesondere im Pflanzenbau, immer grössere Ausmasse annehmen», schreibt Bourgeois in seiner Begründung. In gewissen EU-Ländern wie Frankreich, Spanien oder Österreich gäbe es Ernteversicherungen, um die mit Naturgefahren verbundenen Verluste abzufedern. In Österreich subventioniere der Staat 50 Prozent der Prämien der Ernteversicherung. In der Schweiz aber «gibt es im Moment noch kein Modell, das dem in den EU-Ländern verbreiteten Modell ähnelt», schreibt Bourgeois weiter.

Der Nationalrat hat das Postulat im vergangenen Dezember angenommen. Das Bundesamt für Landwirtschaft erarbeitet zurzeit einen Bericht zuhanden des Bundesrates. Unter anderem sollen darin, so Bourgeois’ Forderung, die Ernteversicherungssysteme in der EU, in den USA und in Kanada mit der Risikodeckung in der Schweiz verglichen werden. Ausserdem sollen Möglichkeiten, basierend auf Modellen verschiedener EU-Länder, aufgezeigt werden, um den von Elementarschäden betroffenen Produzentinnen und Produzenten zu helfen.

Klar ist heute bereits eines, ohne staatliche Unterstützung würde eine komplette Ernteausfallversicherung viel zu teuer werden. Ob das Modell USA in der Schweiz je Schule macht, wird sich zeigen.


Jeanne Woodtli