Die Bedingungen auf dem Betrieb, der Freilandeier für das Coop-Naturafarm-Label produziert, seien «schrecklich». Aktuelles Bildmaterial aus dem Stall zeige tote Hühner neben lebendigen Artgenossen, entzündete After und verkotete Tiere, schreibt die Gruppierung 1Individuum.  Die Realität und die Werbung für Labels würden weit auseinander klaffen. Darauf wollen die Besetzer mit ihrer Aktion aufmerksam machen und sind am frühen Samstagmorgen in den Stall eingedrungen. Einige ketteten sich dort oder bei der Hofzufahrt an. Die Aktion wurde live auf Facebook gestreamt. 

Gegen das System, nicht gegen die Bauern

In einer Mitteilung beruft sich 1Individuum auf das Tierseuchengesetz und fordert ein Tierhalteverbot, da verendete Hühner ungekühlt in den Korridoren liegen würden. Zu den Forderungen gehört auch «die Rettung von 20 Legehennen». 

Man richte sich nicht gegen Bäuerinnen und Bauern, sondern gegen das System, schreibt die Gruppe. Dieses würde die Tiere zu Waren degradieren, um menschlichen Genuss zu befriedigen. 1Individuum bleibe stets gewaltfrei, wolle aber nicht aufhören, bis Tiere als Individuen betrachtet werden und «in Frieden leben können».  

Rechtliche Folgen für die Besetzer

Die Polizei war vor Ort und in Kontakt mit den Aktivisten. Nach 16 Uhr und Verhandlungen unter Einbezug der Kantonstierärztin und Gallo-Suisse-Präsident Daniel Würgler endete die Besetzung. 14 Personen wurden zur Überprüfung ihrer Personalien durch die Polizei angehalten und werden laut deren Mitteilung an die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft verzeigt.

 

«Das ist der falsche Weg» 

1Individuum hat den Verband Schweizer Eierproduzenten Gallo Suisse mit ihren Forderungen konfrontiert. Präsident Daniel Würgler fuhr nach Eptingen (Kanton Basel), um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Gegenüber der BauernZeitung betont er, die Schweizer Eierproduzenten seien immer offen gewesen für Gespräche und respektvolle Diskussionen sowie andere Meinungen. «Aber das ist der falsche Weg», ist Würgler überzeugt und betont, die Aktion sei illegal. 1Individuum habe nie das Gespräch gesucht, weder mit dem Verband noch einem Eierproduzenten.

Krankheiten, Verletzungen und Todesfälle kommen vor

Nach einem Augenschein vor Ort und mit der zuständigen Kantonstierärztin beurteilt er die Lage «aus Sicht eines Tierhalters» als soweit gut: «Die Tiere wurden gestresst durch die Präsenz fremder Leute im Stall und die Störung ihres Alltags. Aber sie werden von der Betriebsleiterfamilie gut umsorgt.» Er verstehe dass es Leute gebe, die die Tierhaltung an sich ablehnen. Aber deren Sicht sei anders. «Wir arbeiten mit Lebewesen. Krankheiten, Verletzungen und Todesfälle können vorkommen», meint Würgler. Wichtig sei der richtige Umgang damit. Der besetzte Betrieb werde regelmässig vom Schweizer Tierschutz STS kontrolliert – unangemeldet. «Wir produzieren Eier auf die bestmögliche Art und Weise und sind überzeugt, dass es der richtige Weg ist, unsere Bevölkerung mit unserer vorbildlichen Inlandproduktion zu ernähren», schliesst der Präsident von Gallo Suisse.