Während die Körpersignale von Pferden schon längere Zeit ausgiebig erforscht werden, ist die feine Körpersprache des Rindviehs für viele Halter noch heute eine Fremdsprache, die sie keinesfalls fliessend beherrschen. Das Interesse daran, diese Sprache zu erlernen, ist aber gross.
Die Tiere gefahrlos zur Zusammenarbeit motivieren
Mit zunehmender Laufstall- und Mutterkuhhaltung kommt der Tierkommunikation heute wieder eine wichtigere Rolle zu. Im Kurs lernen die Teilnehmer die wichtigsten Signale kennen und üben anschliessend praktisch, sich den Tieren gefahrlos zu nähern und sie zur Zusammenarbeit zu motivieren.
Die Kursteilnehmer sind meist Tierzüchter − Mutterkuhhalter ebenso wie Milchviehhalter. Ihnen geht es in erster Linie darum, den Zugang zu den Tieren über die Kommunikation, über die Körpersprache, wieder zu erlernen. «Das ist etwas, das bei unseren Urgrossvätern Alltag war, das sie intus hatten. Inzwischen haben wir durch einen hohen Mechanisierungsgrad dieses Wissen vorübergehend etwas vergessen», hält Fliri fest.
Stärkerer Verteidigungstrieb erhöht das Risiko
Als sich Armon Fliri 1999 auf die Sprache des Rindviehs zu spezialisieren begann, ging auch er von den Pferden aus: «Ich hatte gerade das bekannte Buch ‹Der mit den Pferden spricht› gelesen. Dieses Wissen übernahm ich und münzte es auf die Kühe um.» Ein grosser Unterschied in der Kommunikation von Pferden und Rindern sei der grössere Verteidigungsinstinkt des Rindes und deshalb auch das etwas höhere Risiko. Weiter werde im Bereich Pferde mehr Geld ausgegeben für die Beschäftigung mit der Tierkommunikation, beobachtet Fliri: «Beim Rind spielt sehr bald der wirtschaftliche Aspekt mit. Man zähmt nicht jedes Tier. Ein Tier, dass sich vielleicht etwas wilder verhält, bringt man eher zum Metzger.»
Als Armon Fliri 2004 mit seinen Kursen begann, war der Ansturm überwältigend: «Man konnte fast überall Kurse und Vorführungen machen. Mittlerweile ist das Interesse immer noch spürbar, die Nachfrage nach Kursen hat jedoch etwas abgenommen.» Seine Kurse haben sich allerdings in der Szene herumgesprochen und sind heute sehr bekannt.
Der Nutzen seiner Kurse bestehe für die Rindviehhalter darin, seine Zielsetzungen auf eine menschliche und vor allem tiergerechte Art und Weise zu erreichen − also ohne Gewaltanwendung ans Ziel zu kommen, erklärt Fliri. Sei es bei einem Weideumtrieb oder zur Behandlung eines einzelnen Tieres. Die Kurse sind nicht nur für Rindviehhalter interessant. Beispielsweise auch für einen Wanderer, der auf seinen Touren Mutterkuhweiden quert: «In diesem Fall sollte man sicher auf Distanz bleiben. Man weiss ja nie, ob es eine Kuh ist, die frisch gekalbt hat. Da muss man als Wanderer vor allem darauf acht geben, dass man nicht zwischen Kuh und Kalb gerät.» Wer jedoch den notwendigen Abstand einhalte, habe keine Probleme.
Der Kurstag in Schüpfheim war für die Kursbesucher wie auch für den Kursleiter selbst eine Bereicherung: «Die Teilnehmenden haben sehr gut mitgemacht. Das ist immer wichtig, dass sie interessiert sind an den Ausführungen und auch daran, es selber zu versuchen.» Manchmal seien die Leute eher etwas ängstlich. Hier jedoch hätten alle Teilnehmenden versucht, das neue Wissen anzuwenden.
Silvia Krauer