Eine dicke schwarze Rauchwolke zeigt das Bild des texanischen Sheriff-Büros von der Southfork Dairy Farm. Es gibt sogar schon einen Wikipedia-Eintrag zu dem Vorfall vom 10. April 2023, bei dem 18'000 der insgesamt 19'000 Rinder auf der Farm verendet sein sollen. Die vermutete Ursache: Eine überhitzte Güllepumpe habe Methangas im Stall entzündet, das nachfolgende Feuer erfasste die wartenden Kühe vor dem Melk-Karussel. Eine Angestellte wurde schwer verletzt, den restlichen Mitarbeitenden gelang die Flucht.
Ein allgegenwärtiges Gas
Methan ist als Treibhausgas bekannt, es ist aber auch leicht entzündlich, wie Beat Burkhalter von der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) bestätigt. Und es ist überall dort vorhanden, wo Gülle anfällt – also grundsätzlich in jedem Stall und insbesondere in Güllegruben bzw. Güllesilos oder Biogasanlagen. Im flüssigen Hofdünger bilden sich als Abbauprodukte der aeroben Vergärung neben Methan (CH4) auch Schwefelwasserstoff (H2S), Ammoniak und Kohlendioxid. Methan gilt als die Hauptursache für Gasexplosionen, während H2S für akute Vergiftungen von Mensch und Tier verantwortlich ist.
Den Luftaustausch sicherstellen
«Wir fordern seit Jahren, dass in Güllegruben die Entlüftung sichergestellt wird», hält Beat Burkhalter fest. Durchlässige Abdeckungen wie Roste statt geschlossener Deckel oder Latten ermöglichen bei Inbetriebnahme des Rührwerks den Austausch mit Frischluft, womit gefährliche, entzündliche Gase abgeführt bzw. verdünnt werden. «Sonst füllt sich der Leerraum über der Gülle damit auf.» Im Extremfall entsteht in der Grube ein Überdruck und die Gase werden in angrenzende Bereiche wie etwa den Stall, Nebenräume oder in die Nähe elektrischer Installationen gedrückt.
Wie gross müssen die Löcher sein?
Es wird von Seiten BUL empfohlen, Öffnungen diagonal versetzt statt in den Seitenmitten zu platzieren, damit keine toten Winkel in der Grube unbelüftet bleiben. Entscheidend dafür, einen gefährlichen Gassee mit hohem Explosions- und/oder Vergiftungspotenzial zu vermeiden, ist eine ausreichend grosse Lüftungsöffnung. Die BUL nennt im in der Broschüre Nr.7 «Gase und Gefahrenstoffe in der Landwirtschaft» einen Richtwert von 1 m2 Gesamtöffnungsfläche (Rostfläche) pro 50 m2 Grubendecke, um einen ausreichenden Gasaustausch zu gewährleisten. Eine Alternative sind Abluftkamine mit mindestens 40 cm Durchmesser.
Klare Vorschriften für Biogasanlagen
Während Gärgase in gewöhnlichen Güllegruben quasi als Nebenprodukt entstehen, liegt in Biogasanlagen darauf der Hauptfokus. «Für Biogasanlagen gibt es klare Vorschriften. Es muss etwa eine explosionsgesicherte Zone ausgeschieden werden, in der Feuerverbot gilt», erklärt Beat Burkhalter. An Motoren und elektrische Installationen in der Nähe der Anlage werden hohe Anforderungen zum Brandschutz gestellt. Gleichzeitig findet die Biogasproduktion in der Regel etwas abseits der Betriebsgebäude statt und nicht wie bei der klassischen Güllegrube direkt darunter.
Aber wie passt der Rat zur Belüftung im Sinne einer verminderten Explosionsgefahr zu der neuen Vorschrift, aus Gründen der Luftreinhaltung Güllelager abzudecken? «Wir haben am Anfang der Diskussion interveniert und die Verantwortlichen haben anerkannt, dass es Lüftungslöcher braucht», schildert Beat Burkhalter.
Für eine Explosion braucht es mehr
Damit eine Güllegrube oder eine Biogasanlage aber im schlimmsten Fall tatsächlich explodiert, braucht es neben einem entzündlichen Gasgemisch einen Funken. Rührwerke und andere mechanische Einrichtungen sollten daher regelmässig gewartet werden, um Schäden zu vermeiden.
Organisatorische Massnahmen tragen gemäss Beat Burkhalter zu einem wichtigen Teil dazu bei, Risiken beim Arbeiten mit Gülle zu senken. Dazu gehört, dass bei warmem und windstillem Wetter etwa an schwülen Tagen aufs Rühren wenn möglich verzichtet wird. Denn unter diesen Bedingungen läuft die Gärung und damit die Gasproduktion auf Hochtouren, während gleichzeitig kein Wind frische Luft heranweht. «Es geht bei der Entlüftung nicht nur um den Explosions- sondern auch den Gesundheitsschutz», ergänzt der Fachmann. Leider komme es jedes Jahr wieder zu teils tödlichen Unfällen, weil jemand etwa einen abgestürzten Deckel aus der Güllegrube bergen will. «Hingegen ist mir in meinen 20 Jahren bei der BUL noch nie ein Fall in der Schweiz begegnet, der annähernd mit jenem in Texas vergleichbar wäre», schliesst Burkhalter.
Die Broschüre Nr. 7 der BUL zum Thema «Gase und Gefahrenstoffe in der Landwirtschaft» mit vielen praktischen Hinweisen rund um Güllegruben, Biogasanlagen und auch Gärfuttersilos finden Sie hier: