In der Schweiz regional produzierte Mikroalgen – was zunächst erstaunlich klingen mag, birgt das Potenzial eines zukünftigen Futtermittels für Schweizer Nutztiere. Mikroalgen betreiben wie Pflanzen Fotosynthese, nutzen also die Energie der Sonne und wandeln Kohlenstoffdioxid in proteinreiche Biomasse um. Die Mikroalgenbiomasse soll als Proteinquelle für Rinder und Schweine dienen. So wird das bisher verwendete und wenig nachhaltige Soja in der Futterration ersetzt.

Mikroalgen direkt ab Hof

In einem Forschungsprojekt des Kompetenzzentrums des Bundes für landwirtschaftliche Forschung Agroscope soll dies nun genau untersucht werden. Der Schwerpunkt der Forschung liegt dabei auf der Produktion von Mikroalgen direkt auf dem Betrieb. Mikroalgen sollen in sogenannten Fotobioreaktoren aus transparenten Röhren, die man sich wie Solarthermie- oder Photovoltaikanlagen an der Fassade oder auf dem Dach vorstellen kann, produziert und von dort direkt an die Tiere flüssig verfüttert werden.

Machbarkeitsstudie beginnt

«Aktuell beginnt eine Machbarkeitsstudie, die die Durchführbarkeit, sowohl technisch als auch wirtschaftlich prüfen soll», berichtet Agroscope. In der nächsten Projektphase ist geplant an einem Gebäude des neuen Agroscope-Campus in Posieux eine Pilotanlage zu installieren, um die Machbarkeit in realer Situation zu prüfen und als Vorführungsanlage zu dienen. In der dritten Projektphase soll die Automatisierung der Anlage erfolgen, so dass eine robuste und effiziente Produktion auf den landwirtschaftlichen Betrieben möglich wird. So werden betriebsintern die notwendigen Proteine für die Fütterung von Rindern und Schweinen hergestellt.

Ideal als Tierfutter

Weil die Mikroalgenbiomasse im Vergleich zu Soja einen höheren Proteinanteil hat, kann die Menge dieser Futterkomponente verringert werden. Das Aminosäureprofil einiger Mikroalgen ist ideal als Tierfutter geeignet. Durch Kontrolle der Kultivierungsbedingungen kann die Biomassenzusammensetzung den spezifischen Tierbedürfnissen angepasst werden, wie etwa für junge wachsende Tiere, Muttersauen oder Mastschweine. Welche Mikroalgenart genau für das Forschungsprojekt genutzt wird, ist noch offen. Um dies zu entscheiden, sollte die Mikroalge:

  • von den Tieren akzeptiert und für die Tiere gutverdaulich sein,
  • einen hohen Proteinanteil aufweisen,
  • unter Schweizer klimatischen Bedingungen gut wachsen,
  • und die Biomassherstellung energetisch nachhaltiger folgen.

Gute Beispiele von solchen Mikroalgen wären Chlorella, Scenedesmus oder Nannochloropsis. In anderen europäischen Ländern wie in Deutschland, Frankreich, Norwegen, Island oder Spanien werden Mikroalgen bereits industriell produziert und in Pulverform als Nahrungsmittelergänzungsstoffe oder Futterzusatz für Tiere vermarktet. Studien zur Fütterung von Mikroalgen zeigen, dass diese nachweislich einen positiven Einfluss auf die Darmgesundheit haben und das Immunsystem stärken.

Methanausstoss senken

Andere Studien zeigen, dass durch Algenzusatz im Futtermittel der Methanausstoss von Wiederkäuern reduziert werden kann. Eine Studie von ETH und Agroscope, bei welcher Milchkühe mit Mikroalgen gefüttert wurden, zeigte eine gute Akzeptanz der Tiere gegenüber dem neuartigen Futtermittel.

Algen bieten zahlreiche Vorteile

Agroscope berichtet über die Vorteile einer heimischen Mikroalgenproduktion. Weil lange Transportwege und somit auch Transportemissionen wegfallen, können die Mikroalgen als nachhaltige Alternative für importiertes Soja im Futter für Nutztiere dienen. Darüber hinaus binden Mikroalgen für ihr Wachstum Kohlenstoffdioxid aus der Luft. «Die lokale Produktion auf den Betrieben selber würde eine energieintensive Trocknung ersparen, da die gewonnene Biomasse direkt als Frischfutterzusatz verwendet werden kann», so Agroscope.

Der Detailhandel unterstützt

Finanziell unterstützt wird das Projekt durch Lidl Schweiz. Der Detailhändler hat sich zum Ziel gesetzt, die Beschaffung einzelner Futtermittelkomponenten innerhalb der Lieferketten nachhaltiger zu gestalten, so schreibt das Unternehmen kürzlich in einer Medienmitteilung.