Einen «einfachen» Betrieb haben Sarah Hell und Curdin Barandun eindeutig nicht gesucht. «Wir sind beide Berggänger», erklärt die Umweltingenieurin mit Vertiefung in biologischer Landwirtschaft. Ihr Hof sollte mindestens in der Bergzone III oder höher liegen, lieber steiles statt ebenes Gelände und rund 10 bis 25 ha umfassen. «Das ist spannender», findet Hell, «und wir wollten sicher Kleinwiederkäuer halten».

Keine innerfamiliäre Hofübernahme 

Zuerst war eine innerfamiliäre Hofübernahme angedacht gewesen: Curdin Barandun ist auf einem Hof aufgewachsen und das Paar hätte diesen zusammen mit Baraduns Schwester führen können. «Wir haben aber gemerkt, dass das für zwei Familien zu wenig hergab», meint Sarah Hell. Sie ist zwar kein Bauernkind, mit ihrer Ausbildung aber direktzahlunsgberechtigt. Ihr Partner ist Software-Ingenieur und bringt viel landwirtschaftliches Praxiswissen mit, auch aus seiner Kindheit und Jugend.

Der Erste war der Richtige

Hell und Barandun meldeten sich zuerst auf Inserate von Hofabgebenden, wurden aber nicht fündig. «Für die Übernahme muss alles stimmen», erklärt die Umweltingenieurin ihren Standpunkt. Das Paar wandte sich an die Stiftung zur Erhaltung bäuerlicher Familienbetriebe, um deren Vermittlungs- und Beratungsangebot zu nutzen. «Wir haben ein Dossier über uns erstellt, das passenden Betriebsleitern vorgelegt wurde», schildert Hell das Vorgehen. Der erste Hof, der Kontakt zu ihnen aufnahm, erwies sich als Treffer.

Vom Wissen der Vorgänger profitieren

Der Hof Miadi in Braggio GR liegt in der Bergzone IV auf 1350 m. ü. M., dazu gehören 13 ha, drei Mutterkühe, aktuell ein Rind und eine 30-köpfige Ziegenherde. Nicht nur der Hof an sich passte zu ihren Vorstellungen, erzählt Sarah Hell glücklich:

«Auch mit den Verkäufern waren wir sofort auf einer Wellenlänge».

Zwar war man sich so schnell einig, trotzdem war und ist die Klärung aller Details keine einfache Aufgabe. Die Übernahme wollen beide Seiten sanft gestalten. Das 55-jährige Verkäuferpaar wolle sich nach 30 Jahren auf dem abgeschiedenen Betrieb, der nur über eine Seilbahn oder eine steile Zurbringerstasse erreichbar ist, einer Tätigkeit mit mehr Freiraum widmen. Gleichzeitig sollen ihre Nachfolger von ihrer langjährigen Erfahrung profitieren können. «Wir haben das so gelöst, dass der Landwirt noch zwei Jahre in einem Teilzeitpensum bei uns angestellt ist», erläutert Sarah Hell

Da die Pension der Abgebenden nicht kurz bevorsteht, bleibt mehr Zeit für die Hofübergabe. «Das macht es einfacher», findet Sarah Hell, «und ausserdem haben sich die beiden schon länger mit dem Thema befasst.» Noch immer gebe es jede Woche ein Treffen à rund zwei Stunden, um Weiteres zu besprechen.

Im Moment kein Vollerwerbsbetrieb 

Das nötige Geld für den Hofkauf aufzubringen, erwies sich für Sarah Hell und Curdin Barandun als keine einfache Aufgabe. «Wir haben sparsam gelebt und von unserem Lohn jeweils etwas auf die Seite gelegt», sagt die Umweltingenieurin. Damit hatte das Paar gewisse Eigenmittel, die mit vorgezogenem Erbe, Starthilfe, einem Investitions- und einem Bankkredit ergänzt wurden. Heute arbeitet Barandun Vollzeit auf dem Hof, seine Partnerin geht Teilzeit auswärts arbeiten. «Ein Vollerwebsbetrieb ist es aktuell nicht, auch weil wir noch den Vorbesitzer angestellt haben», fasst Sarah Hell zusammen. Im Moment passe das aber gut, da so auch genügend Zeit bleibt für ihr halbjähriges Kind.

Ziegen in der Hauptrolle 

Zwar haben Hell und Barandun im Hof Miadi den für sie perfekten Betrieb gefunden, es soll aber trotzdem nicht alles beim Alten bleiben. So sei das Wohnhaus alt, weshalb das Paar eine Renovation mit guter Isolation anstrebt. Ausserdem sei die Frage der Kühe zu klären: «Vielleicht ändern wir den Stall, heute ist es ein Anbindestall mit täglicher Weide», schildert Sarah Hell. Ihr Hauptbetriebszweig sind und bleiben aber die Ziegen, die Gitzifleisch und Milch für Käse liefern. «Wir könnten uns auch etwas Agrotouristisches vorstellen – aber das pressiert jetzt alles nicht.»

Vermittlungsangebote für die ausserfamiliäre Hofnachfolge:
Von der Stiftung zur Erhaltung bäuerlicher Familienbetriebe
Von der Kleinbauern-Vereinigung