Der Abstimmungssonntag vom 3. März verspricht eine rege Stimmbeteiligung – vor allem im Kanton Zürich. Dort wird unter anderem über den Beschluss des Kantonsrats und der Weisung des Regierungsrats über die Pistenverlängerung des Flughafens Zürichs abgestimmt.

Wirtschaftsstandort stärken

Die Flughafen Zürich AG plant die Piste 28 um 400 m nach Westen auf eine Länge von 2900 m und die Piste 32 um 280 m nach Norden auf 3580 m auszubauen. Dadurch sollen die Sicherheit und Pünktlichkeit der Flüge verbessert werden. Der Zürcher Kantonsrat und Regierungsrat stehen hinter dem Projekt. In der Abstimmungsbroschüre betont der Regierungsrat die Bedeutung des Flughafen für einen internationalen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Zürich.

Gegen den Entscheid ergriff der Verein «Fair in Air» erfolgreich das Referendum, sodass es am 3. März zum Showdown kommen wird. Die bürgerlichen Parteien wollen ein Ja. Auch SVP-Parteipräsident und Landwirt Domenik Ledergerber steht hinter dem Flughafenausbau. Die GLP beschloss Stimmfreigabe. Nein sagen SP, Grüne, EVP und die AL. Unter ihnen die Co-Präsidentin der Grünen aus Meilen, Jeannine Van Puijenbroek.

Umstrittene Renaturierung

Als Folge der Pistenverlängerungen sind Eingriffe in rund 26 ha Ackerland nötig, wobei der grösste Teil durch die Renaturierung der Glatt tangiert ist. So spaltet die Abstimmung auch die Landwirtschaft. Laut SRF fielen die Abstimmungen im Kanton Zürich häufig zugunsten des Flughafens aus. Wird das auch am 3. März so sein? Entscheiden wird das Stimmvolk.


Bäuerliche Stimmen zur Pistenverlängerung

 

Pro: «Rekultivierung kommt so oder so», sagt Domenik Ledergerber.

«Die Pistenverlängerung sorgt für stabileren Flugbetrieb und mehr Sicherheit am Boden und in der Luft. Es ist ein durchdachtes und sinnvolles Projekt. Bei der Abstimmung geht es um das Bekenntnis zum Flugbetrieb am Flughafen Zürich. Soll die für unseren Kanton wichtige Infrastruktur gestärkt werden oder nicht? Über 31 Millionen Menschen nutzen jährlich das Drehkreuz Flughafen Zürich. Rund 40 % der wertmässigen Warenexporte werden per Luftfracht versendet. [IMG 2] Der Flughafen bietet rund 30 000 Menschen direkt oder indirekt einen Arbeitsplatz. Diese Zahlen stehen exemplarisch für die volkswirtschaftliche Bedeutung des Flughafens. Seit dem Jahr 2000 flossen 1,2 Mia Franken an Dividenden und Steuern von der Flughafen Zürich AG an den Bund und den Kanton Zürich. Der Kanton und die ganze Schweiz profitieren von einem wirtschaftlich gesunden, sicheren und fortschrittlichen Flughafen.

Wie alle Infrastrukturprojekte erzeugt der Flughafen Emissionen und verbraucht Ressourcen. Aber durch die Pistenverlängerung fliegt kein Flugzeug mehr und keines weniger über Zürich und die Schweiz – es gibt nicht mehr Fluglärm. Im Gegenteil, die Nachtruhe wird künftig konsequenter eingehalten. Als Landwirt stört mich der enorme Verlust an Kulturland rund um den Flughafen Zürich. In den nächsten Jahren gehen rund 26 ha Kulturland verloren, davon 20 ha Fruchtfolgefläche.

Für Pistenverlängerung 3,5 ha, Rekultivierung 23 ha

Ausgerechnet links-grüne Parteien kritisieren den Kulturlandverlust. Dabei wird jedoch ausgeblendet, dass durch die Pistenverlängerung nur 3,5 ha Fruchtfolgefläche der Klasse 6 betroffen sind. Die übrigen rund 23 ha Kulturland fallen wegen der Glattrenaturierung weg – ein Projekt des grünen Baudirektors Martin Neukom.

Die Glattrenaturierung ist als Ausgleichs- und Ersatzmassnahme für bereits realisierte Bauprojekte des Flughafens so oder so geplant – ob die Pisten verlängert werden oder nicht. Mit diesem Renaturierungsprojekt könnte die Baudirektion den Flussverlauf anpassen und den Verlust von Fruchtfolgefläche auf ca. 3,3 ha minimieren. Die SVP hat den Baudirektor mit einem Vorstoss aufgefordert, das Renaturierungsprojekt mit dem geringstmöglichen Verlust von Kulturland neu zu planen.

Es sind Projekte wie Renaturierungen, Schutzverordnungen, Sportanlagen oder Schulhäuser, wo man oft unnötig und ohne Zwang Fruchtfolgefläche opfert. Bei einer Infrastruktur mit nationaler Bedeutung wie dem Flughafen müssen auch die Landwirte bereit sein, 3,5 ha Fruchtfolgefläche zu opfern. Deshalb Ja zur Pistenverlängerung.»


Kontra: «Nicht noch mehr Kulturland opfern», sagt Jeannine van Puijenbroek.

«Das ganze Schweizer Mittelland ist eine grosse Stadt mit kleinen Grünflächen dazwischen. In dieser Aussage eines Touristen liegt eine grosse Herausforderung, welcher Bauern und Bäuerinnen in der Schweiz gegenüberstehen. [IMG 3] Der Druck ist gross. Immer wieder muss man abwägen, ob eine Kulturlandfläche versiegelt werden soll. Vielleicht ist dabei die Stimme der Landwirtschaft zu leise und geht unter im Getöse der Wirtschaftlichkeit und des öffentlichen Interesses. Dabei wird doch der Schutz von Kultur- und Naturschutzflächen hochgehalten. Man stelle sich vor, ein Bauer oder eine Bäuerin würde ein Gewässer überdecken wollen. Unmöglich! Dies zurecht, sind doch Gewässer sehr wertvolle Lebensräume vieler Tierarten.

Nun stehen wir wieder vor so einer Entscheidung. Soll dem Flughafen Zürich eine Pistenverlängerung erlaubt werden? Die Glatt, die eigentlich renaturiert werden sollte, wird dabei stellenweise eingedolt. Dabei war die Renaturierung nicht etwa die Idee des Zürcher Regierungsrats Martin Neukom, sondern schon lange eine offene Pendenz des Flughafens, und zwar als Kompensationsmassnahme von früherer Bautätigkeit. Zudem beruhen diese Kompensationen auf dem Wegfall von Flachmooren. Mal abgesehen von der schieren Unmöglichkeit, ein Flachmoor, dessen Entstehung etliche Jahrhunderte dauerte, zu kompensieren, ist es stossend, dies dem Pistenbau unterzuordnen.

Weiter wird Kulturland in der Grössenordnung von ein bis zwei durchschnittlichen Schweizer Bauernhöfen verschwinden. Dies auch, weil Landwirtschaftsfläche zu Naturschutzfläche wird, um den Verlust des Moors zu kompensieren.

Befürchtet Kapazitätsausbau und mehr Flugbewegungen

Gegen die Pistenverlängerung wurde das Referendum ergriffen. Nun ist es an den Stimmbürger(innen), die Abwägung zu machen. Einer der Gründe, die zur geplanten Verlängerung der beiden Pisten führte, war eine Sicherheitsprüfung zum Flughafen. Nun wird aus der Liste von empfohlenen Massnahmen ausgerechnet diejenige gewählt, die längerfristig zu einem Kapazitätsausbau und mehr Flugbewegungen führt. Dies in einer Zeit, wo wir die Pariser Klimaziele erreichen sollten! Es gibt mit Garantie weit weniger weitreichende Massnahmen zur Verbesserung der Organisation des Flughafens. Nebenbei bemerkt ist der Flughafen schon heute sicher, wie dies auch Skyguide bestätigt. Es bleiben also keine Argumente übrig, die eine Pistenverlängerung rechtfertigen würden. Viel wichtiger ist es, Landwirtschaft und Naturschutz eine Stimme zu geben – und Nein zu stimmen.»