«Es gibt für mich nichts Schöneres, als in dieser Natur zu leben. Wenn ich Freiheit spüre, dann dort», schwärmt Lotti Meier (66). Seit 25 Jahren lebt sie in Lappland, 150 Kilometer nördlich des Polarkreises, und geniesst jeden Tag in diesem arktischen Klima.

Im Sommer wird es niemals dunkel und bis zu 30 Grad warm, im Winter an manchen Tagen kaum hell und bis zu −30 Grad kalt. Ein Land der Extreme, in dem Lotti Meier ihr Glück gefunden hat.

Die Schweizerin kommt aus Meilen am Zürichsee. In ihrem Heimatland arbeitet sie viele Jahre als Designerin in einem Modeunternehmen. Es geht ihr prima. Sie hat Erfolg, reist zu Modemessen in der ganzen Welt, kann sich viel leisten.

Etwas fehlt

Doch etwas fehlt. Was das ist, kann sie nicht in Worte fassen, aber sie spürt die Lücke immer intensiver. Da liest sie etwas über Hundeschlittentouren und ist fasziniert. Sie liebt Tiere, besonders Hunde, mag Schnee und sehnt sich nach Ruhe, Stille, Alleinsein. Es passt! Als sie 40 Jahre alt ist, bucht sie spontan eine einwöchige Lappland-Tour.

Allein auf einem Schlitten, gezogen von vier Hunden, gleitet sie über zugefrorene Seen, durch scharfe Kurven und hinweg über sanfte Gebirgszüge, bis zu 30 Kilometer am Tag. Man hört nichts, nur das aufgeregte Jaulen der Tiere, das Knirschen der Kufen.

Schlittenhunde-Virus

Die Temperaturen erreichen −30 Grad. Es wird höchstens vier Stunden am Tag hell. Sie saust durch den Schnee, die klare Polarluft schneidet ihr ins Gesicht und sie schreit ihr Glück hinaus. «Damals hat mich das Schlittenhunde-Virus gepackt, gegen das es kein Medikament gibt», glaubt Lotti Meier.

Abends sitzt sie im kargen Wohnzimmer der Huskyfarm, isst Kartoffelklösse mit Forelle, dazu Trockenobst, trinkt wärmenden Schnaps.

Das Leben hier oben, 75 Kilometer südlich des schwedischen Flughafens Kiruna, ist karg, einfach und einsam. Bis zum nächsten Haus sind es sieben Kilometer, bis zur nächsten Ortschaft 15. Es gibt keine der gewohnten Bars und schicken Restaurants.

Aber es gibt die Tiere, die sie jeden Tag bekuschelt. Und es gibt den schwedischen Hundeschlittenführer, den Musher, der sensibel zuhört und ihr Herz erobert.

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Vom Traum zum Albtraum

Ein Jahr pendelt Lotti Meier, dann entscheidet sie sich für ein ganz neues Leben im Eis und wandert aus. Sie heiratet, steckt ihr Erspartes in die Farm. Doch der Traum entpuppt sich als Albtraum.

Ihr Mann lässt das Unternehmen schleifen, ist aufbrausend, jähzornig. Es gibt häufig Streit. Neun Jahre später hat er eine Geliebte und zieht aus.

Lotti Meier ist jetzt Anfang 50 und steht vor den Trümmern ihres Lebenstraumes. Die Ranch ist hochverschuldet. Zeitweise hat sie Angst, die Tiere nicht füttern zu können. Sie fühlt sich in der Falle. Sie könnte zurück in die Schweiz. Dort leben die Eltern, fünf Geschwister.

Nicht aufgeben - der Hunde wegen

Doch was wird aus den Hunden? Sie hat sie alle aufwachsen sehen, sie haben Namen und Lotti Meier kennt von jedem Hund die Eigenarten. Sie vertrauen ihr. Sie kann sie unmöglich enttäuschen. Nie aufgeben, stark sein, zusammenhalten. Das hat sie schon früh vom Hunderudel abgeguckt.

Damals stärken ihr auch Familie und Freunde den Rücken. «Lotti, du packst das! – Ich weiss nicht, wie oft ich das gehört habe,» erinnert sie sich an die wohl schlimmste Zeit in ihrem Leben. Und die Appelle bleiben nicht ungehört. Lotti Meier bleibt, und kämpft sich zurück in ein schönes, zufriedenes Leben, mit ihren Huskys.

Nie allein

Innerhalb weniger Jahre macht sie aus dem maroden Betrieb ein florierendes Touristikunternehmen. Dazu gehört ein grosszügiges Gästehaus mit fünf Zimmern für 14 Personen, eine komfortable Zwingeranlage, ein Grillplatz und ein eigener See. Mittlerweile hat sie Mitarbeitende und die Betriebsführung abgegeben. Im Winter geht sie mit den Gästen hinaus mit den Schlitten.

Im Sommer kommen Fischer und Wanderer, sie wollen die nie endenden Tage geniessen. Die Hunde haben dann Pause. Zum Laufen ist es zu warm. «Sie dösen träge in die langen Sommernächte und warten auf Streicheleinheiten. Huskys sind friedliche Tiere, die sehr schmusig sind.»

Lotti Meier ist immer noch viel für ihre Gäste da. Sie liebt die gemeinsamen Abende am grossen Esstisch. Oft wird sie gefragt, wie sie es hier oben am Ende der Welt aushält, allein. Dann schüttelt sie den Kopf und lacht. «Allein? Ich habe immer Gäste und über hundert Huskys. Das ist alles andere als allein.»

Weitere Informationen: www.snowtraildogcamp.coc

Mehr zum Buch

Im Buch beschreibt Lotti Meier ihre Reise weg vom gewohnten Leben in der Schweiz und dem Leben mit den Hunden in Lappland. 

Lotti Meier

Pfoten im Schnee

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