Jährlich analysiert Agroscope im Auftrag des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung die Gefährdungen der Nahrungsmittelversorgung. Dank dieser Voraussicht soll die Ernährungssicherheit in der Schweiz auch in schweren Mangellagen gewährleistet werden können, so die Erklärung in einem Beitrag von Agroscope in «Agrarforschung Schweiz». Drei Risiken könnten in Zukunft laut den Forschenden an Bedeutung gewinnen. 

Strommangel wäre nicht schnell zu beheben

Im Vergleich zu anderen Risiken seien sowohl die Wahrscheinlichkeit als auch das erwartete Schadensausmass bei einer schweren Strommangellage besonders hoch, «Die Versorgung mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln wäre massiv betroffen», schreibt Agroscope. Die Auswirkungen wären vielfältig und bisher nicht innert kurzer Zeit überwindbar.

2020 wurde ein schwerer Strommangel bei der nationalen Risikoanalyse des Bundesamts für Bevölkerungssschutz als ingesamt grösstes Risiko für die Schweiz beurteilt. Auf Platz drei folgte ein Ausfall des Mobilfunks, der ebenfalls die Versorgung betreffen würde: Viele Geschäfts- und Zahlungsprozesse basieren heute darauf. Im Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung muss laut Agorscope auch die Cybersicherheit bzw. -kriminalität im Auge behalten werden. 

Abhängig von wenigen ausländischen Anbietern

Die Schweiz ist für Saatgut, Dünge-, Pflanzenschutz- und Futtermittel auf das Ausland angewiesen. Verschiedene Zusammenschlüsse haben laut Agroscope zu Marktkonzentrationen geführt, weshalb bei Engpässen kaum alternative Anbieter zur Auswahl stünden. 

Da die Produktion von Saatgut zeitintensiv und witterungsabhängig ist sowie auf globalen Prozessen beruht, sei diese besonders anfällig für Störungen. Neue Pflichtlager für Raps-Saatgut sollen hier Abhilfe schaffen. 

Zwar könne ein Mangel an mineralischen Phosphordüngern dank Speichern in den Schweizer Böden gut überbrückt werden, ein Engpass bei mineralischen Stickstoffdüngern hingegen wäre nach kurzer Zeit kritisch, so die Forschenden. Seit die Lonza-Produktion im Wallis 2018 eingestellt wurde, ist die Schweiz hier vollständig vom Ausland abhängig. Daher gibt es entsprechende Stickstoffdünger-Pflichtlager. 

Beim Futter geht es primär um importiertes Kraftfutter. Je nach Tierart ist die Gefahr eines Versorgungsengpasses hoch, da die Importmengen in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen seien und aktuell für Schweine bei 50 und bei Geflügel bei 75 Prozent liegen. Allerdings verzeichne man nach einem Peak 2016 eine leichte Abnahme der Gesamtimporte und die Inlandproduktion steige in der Tendenz. 

Klimawandel bringt viel Unsicherheit

«Mit dem Klimawandel steigt insgesamt das Risiko, dass es zukünftig häufiger zu Nahrungsmittelengpässen kommen wird», schreiben die Agroscope-Forschenden. Zunehmendes Extremwetter, Änderungen der saisonalen Niederschlagsmuster und der Temperaturen machen Anpassungen in der Landwirtschaft nötig. Dazu wurden bereits Massnahmen festgelegt. Noch sei aber offen, ob diese genügend wirksam und rasch genug umsetzbar sein werden.

In jedem Fall komme zur Bewältigung eines Versorgungsengpasses besonders in der ersten Zeit, wenn staatliche Massnahmen noch nicht greifen, dem persönlichen Notvorrat eine grosse Bedeutung zu.

Was man für den Notfall vorrätig haben sollte, erfahren Sie hier. 

 

Zunehmende Importabhängigkeit

Prognosen zufolge dürfte die weltweite Nahrungsmittelproduktion mittelfristig mit dem Bevölkerungswachstum mithalten. In der Schweiz ist dies laut Agroscope nicht der Fall: die Inlandproduktion sei seit einigen Jahren wegen höheren Anteilen extensiver Produktionsformen, weniger Zuchtforschritten bei Pflanzenerträgen und Tierleistungen sowie schrumpfender Ackerfläche leicht sinkend, währen die Bevölkerungszahl steigt. Obwohl der Pro-Kopf-Konsum im gleichen Zeitraum leicht gesunken sei, nehme daher der Bedarf an Nahrungsmittelimporten tendenziell zu. 

Werden Importe noch möglich sein?

Welchen Versorgungsgrad die Schweiz 2050 erreichen wird, ob weltweit genügend Lebensmittel produziert werden können und ob deren Import noch möglich sein wird, bleibt gemäss der Studie derzeit offen. Als kaufkräftiges Land sind steigende Importpreise für die Schweiz zwar gut zu bewältigen, politische Handelsblockaden und Transportprobleme lassen sich so aber nicht lösen. 

Mehr Pflanzenbau für bessere Eigenversorgung

In einer länger dauernden Mangellage bestünde die Möglichkeit, die Eigenversorgung durch vermehrte pflanzliche auf Kosten der tierischen Produktion zu erhöhen. Hilfreich wäre auch die Reduktion von Food Waste. «Dennoch wird die Schweiz zur Sicherstellung der Versorgung, die über ein absolutes Minimum hinausgeht, auch in einer solchen Situation weiterhin auf substanzielle Importe angewiesen bleiben», schreibt Agroscope.