Der Schweizer Bauernverband SBV sieht in der Direktvermarktung durch Hofläden grosses Potential. Dies, weil schon seit einigen Jahren ein steigender Trend hin zur Direktvermarktung besteht. Aufwendige Verarbeitung und Handel über mehrere Schritte erübrigen sich damit. Während der Corona-Krise standen Menschen vor vielen Hofladen sogar Schlange. Einige konnten dadurch auch erstmals die Möglichkeit entdecken, regional einzukaufen. So führte die Pandemie zu einer weiteren Verstärkung dieses Trends. Die Lockerungen der Pandemie-Massnahmen seien aber gleichfalls zu spüren, so der Bauernverband. Trotz des Abflachens der Nachfrage sei zusätzliches Marktpotential vorhanden, heisst es weiter. Denn eine Umfrage der Fachhochschule Luzern im April 2020 hat gezeigt, dass die Bevölkerung auch nach der Corona-Krise vermehrt in Bauernhofläden einkaufen will.

Einige Zahlen

SBV-Präsident Markus Ritter teilte an der Medienkonferenz in Subingen SO mit, dass die Schweizer Landwirtschaft Güter im Wert von 11 Milliarden CHF herstellt. Der SBV schätzt, dass 7% dieser Summe über Direktvermarktung generiert wird. Das entspricht einem jährlichen Umsatz von CHF 0,7 Milliarden über die Direktvermarktung. Dazu gehört die Vermarktung über Hofläden, an Wochenmärkten oder im Abonnement.

Der Anteil der Betriebe mit Direktvermarktung betrug im Jahr 2016 21,7 %. Den konstanten positiven Trend miteinbezogen ist heute also schätzungsweise jeder vierte Betrieb in der Direktvermarktung aktiv.

Produkte, die wenig oder keine Aufbereitung verlangen, eignen sich für die Direktvermarktung am besten. Bei Kirschen sind es ungefähr 40 %, bei Eiern 30 %, bei Beeren 20 % und bei Obst und Wein 10 %. Milch, Getreide, Geflügel- oder Schweinefleisch sind dabei mit einem  Prozentsatz von weniger als 1 % kaum von Bedeutung. Generell wird in stadtnahen und bevölkerungsreichen Regionen mehr vermarktet. 

Vorteile der Direktvermarktung

Nationalrätin und Generalsekretärin des Westschweizer Konsumentenverbands Sophie Michaud Gigon erläuterte an der Medienkonferenz die Vorteile vom Direktverkauf für Konsumentinnen und Konsumenten. Diese seien:

  • Rückverfolgbarkeit der Produkte
  • Information über die Produktionsart
  • Keine Normierung der Produkte
  • Lokalität von Sorten und Vielfalt
  • Transparente Margen
  • Saisonalität
  • Wenig verarbeitete Lebensmittel

Michaud Gigon betonte dabei, dass das Einkaufsverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten sehr entscheidend sei. «Einkaufen ist wie abstimmen mit dem Portemonnaie», sagte Michaud Gigon. So unterstütze sie die Direktvermarktung, und gibt Ansätze für die Zukunft: Der Direktverkauf solle für die Bevölkerung logistisch und zeitlich gut zugänglich sein, dem Grosshandel sollen Marktanteile abgenommen werden und Erwartungen von Konsumentinnen und Konsumenten berücksichtigt werden. «Konsumentinnen und Konsumenten sollen auf emotionaler Ebene angesprochen werden. Sie sollen Freude haben und gerne in den Hofladen zurückkommen wollen», so Michaud Gigon.

 

Zwei Bauernfamilien erzählen

Den Boom im Hofladen hat auch Mireille Ducret, Präsidentin des Waadtländer Bäuerinnen-Verbands und Direktvermarkterin festgestellt. Das Verkaufsvolumen in ihrem hofeigenen Laden habe sich während des Lockdowns verdreifacht. Vor allem Eier und Kartoffeln seien plötzlich sehr beliebt gewesen. Ducret vermutet, dass die Bevölkerung während dieser Zeit Wert auf Grundsätzliches legte: Sicherheit und Stabilität von regionalen Produkten, den unveränderlichen Rhythmus der Jahreszeiten, gesunde Nutztiere und die Natur in der Umgebung.
Es seien vor allem viele junge Menschen neu als Klientel dazugekommen. Ducret hat schnell reagiert und mit Hilfe von sozialen Medien eine Umfrage gestartet um zum Beispiel herauszufinden, welche Öffnungszeiten für den Hofladen gewünscht wären oder welche Produkte erwünscht oder nicht erwünscht sind.

Auch Familie Grütter in Seeberg (BE) und Subingen (SO) wurde vom Run auf ihren Hofladen während des Lockdowns überrascht. Bei ihnen trägt die Direktvermarktung 60% zum Gesamtumsatz bei und ist deshalb ihr wichtigster Betriebszweig. Gleichzeitig sind Sandra und Roland Grütter im Bereich Agrotourismus und Gastronomie aktiv: Zwei Ferienwohnungen stehen Gästen auf den Betrieben zur Verfügung, es sind Gruppenanlässe mit bis zu 100 Personen auf dem Weiherhof möglich und das alljährliche Spargelfest lockt bis zu 1500 Besucherinnen und Besuchern an. Das alles gehört zu ihrer Strategie: «Die Leute gluschtig machen und so Aufmerksamkeit gewinnen», so Roland Grütter an der Medienkonferenz auf seinem Hof. Mit Herzblut wolle er Kundinnen und Kunden eine Beziehung zum Produkt bekommen lassen. Das schafft er zum Beispiel mit einem Selbstpflückfeld für Himbeeren.

Mit der fortschreitenden Wiederaufnahme jeglicher Aktivitäten ist die Nachfrage in den Hofläden wieder gesunken. Es gilt nun Strategien zu finden, um die neu gewonnene Kundschaft auch für die Zukunft zu behalten.

SBV sieht Direktvermarktung als wertvolles Tor zu Konsumentinnen und Konsumenten

Laut SBV-Direktor Martin Rufer gebe die Direktvermarktung für Bauernbetriebe die Möglichkeit, Marktnähe zu finden und innovativ auf Bedürfnisse von Konsumentinnen und Konsumenten einzugehen. Zudem könne so die Wertschöpfung auf dem Betrieb erhöht werden.

Verschiedene Anforderungen gebe es dennoch, um diese Form der Vermarktung umzusetzen:

  • Gute Erreichbarkeit der Betriebe
  • Ein attraktives Angebot
  • Breites Sortiment
  • Hohe Produktqualität
  • Professionelle Umsetzung der Präsentation, Infrastruktur, Lagerung, Kühlung oder Verarbeitung
  • Ansprechende Öffnungszeiten

Rufer betont hier den Aufwand, den die Direktvermarkter leisten müssen. Mit verschiedenen Massnahmen unterstützt und fördert der SBV Betriebe in der Direktvermarktung:

  • Plattform vomhof.ch: Hier können Produzentinnen und Produzenten ihr Angebot online stellen, sodass die Konsumentenseite schnell und einfach in ihrer Region Produkte finden kann. Rund 2200 Betriebe haben sich hier schon angemeldet.
  • Twint: Mit der Zusammenarbeit mit Twint wird die Bezahlung im Hofladen vereinfacht.
  • LandGastWirt: Dieses Spezialprojekt fördert die direkte Lieferung in lokale Restaurants.
  • Hoflädeli 24: Die Zusammenarbeit mit diesem Projekt ermöglicht den unkomplizierten Verkauf über Verkaufsautomaten und einer App.
  • Verpackungsmaterial wird den Direktvermarktenden zur Verfügung gestellt.

Rufer erachtet die Direktvermarktung als weltvolles Tor zu den Konsumentinnen und Konsumenten.