«Heitere, das sieht ja ganz anders aus», staunt Schwester Christa. Was früher eine Turnhalle war, ist jetzt eine Baustelle, und nicht nur die Turnhalle – im ganzen Gebäude der ehemaligen Bäuerinnenschule am Kloster Fahr entsteht Wohnraum. Die Baustelle stand im September zur Besichtigung offen. Denn jetzt nehmen Veränderungen Gestalt an, die unter dem Titel «erfahrbar» jahrelang geplant und vorbereitet wurden.

Gemeinschaftliches Wohnen

18 Schwestern leben im Fahr. Während ihre Gemeinschaft kleiner wird, öffnet sich das Kloster für die Menschen in seinem Umfeld. Die 16 Wohneinheiten mit ein bis fünfeinhalb Zimmern sowie eine WG mit sechs Zimmern in der ehemaligen Turnhalle sind für Christinnen und Christen unterschiedlicher Konfessionen und Generationen gedacht, denen Gemeinschaftlichkeit wichtig ist.

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Zuvor hatten hier von 1944 bis 2013 über 4000 Frauen das Bäuerinnen-Handwerk gelernt. Der geschlossene Kurs am Fahr war begehrt, es gab Wartelisten, aus der ganzen Schweiz reisten die Teilnehmerinnen an. Doch die Bäuerinnenschule band die Kräfte der Schwesterngemeinschaft zu sehr und war zudem hoch defizitär. Ein Schlusspunkt wurde gesetzt mit einem grossen Fest.

Das habe diese Ära würdig abgerundet, schaut Priorin Irene Gassmann heute zurück. Es sei kaum Zeit geblieben, die Bäuerinnenschule zu vermissen – im Kloster wurde renoviert, die Schwestern mussten umziehen, waren mit den Baustellen beschäftigt.

Der Gästebereich wurde ausgebaut, die Gastzimmer sind seither rege gebucht. «So haben wir wieder einen guten Austausch», sagt die Priorin. Und auch ehemalige Schülerinnen treffen sich ab und zu am Fahr und trinken einen Kaffee mit ihren damaligen Lehrerinnen, zu denen Schwester Christa gehört.

Pächter statt Angestellte

Entwickelt hat sich auch die Landwirtschaft am Fahr. Lange Zeit wurden Kühe gemolken, Mutterschweine gehalten und Ackerbau betrieben. Der Betrieb unterstand dem Kloster, das Personal arbeitete im Angestelltenverhältnis. Es war ein defizitäres Geschäft, 2007 folgte die Neuausrichtung auf Mutterkuhhaltung und mehr Ökologie. 2021 wurde der Landwirtschaftsbetrieb an die «Fahr Erlebnis AG» verpachtet, Meisterlandwirt Andreas Benz und seine Familie übernahmen die Pacht.

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Das Klosterareal ist ein beliebtes Ausflugsziel, bei weitem nicht nur für geistlich orientierte Menschen; Tiere, Hofladen und eine Pop-up-Beiz sind für viele spannend. Gäste sind auf dem Betrieb ausdrücklich willkommen, so steht im Kuhstall eine Tribüne, von wo aus Besucherinnen und Besucher die Tiere beobachten können. Es werden Kinderferienlager und «Schule auf dem Bauernhof» angeboten. Die Landwirtschaft soll «erfahrbar» sein.

«Dieser Betrieb ist kein Disneyland.»

Andreas Benz, Pächter des Landwirtschaftsbetriebs.

Früher stellte die Klostergemeinschaft Feldgruppen, die auf dem Betrieb mitarbeiteten. Das ist vorbei, geblieben ist das Interesse. «Alle hier haben einen Bezug zur Landwirtschaft. Die Schwestern haben die Bäuerinnenschule geführt und wissen extrem viel – sie interessieren sich und schauen genau, was auf dem Betrieb läuft», erzählt Andreas Benz und lacht.

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Er hat kein Problem damit, wenn ihm auf die Finger geschaut wird: Es sei ein schönes Miteinander und er spüre eine grosse Wertschätzung seiner Arbeit.

Betrieb muss rentieren

Es sei schon etwas Besonderes, an so einem geschichtsträchtigen Ort zu arbeiten, sagt Andreas Benz. Er stellt aber auch klar: «Es ist ein normaler Betrieb und kein Disneyland.» Er muss rentable Zahlen erwirtschaften wie jeder andere Landwirt. «Möglichst viel Wertschöpfung auf dem Hof halten», heisst seine Devise, und dafür sind die Voraussetzungen gut: Obst, Gemüse und Fleisch kann er an die Klostergemeinschaft, über den Hofladen, das Restaurant und bei Anlässen auf dem Areal absetzen.

Dennoch muss er bei einer Landwirtschaftlichen Nutzfläche von knapp 50 Hektaren, davon die Hälfte unter dem Pflug, einen grossen Teil seiner Produkte auf dem freien Markt verkaufen.

Der Anteil an Biodiversitätsförderflächen ist hoch. Auf dem Ackerland produziert Andreas Benz Mais, Sonnenblumen, Zuckerrüben, Gerste, Dinkel und Weizen, dazu führt er eine Obstanlage auf 1,4 ha. Die fünf bis zehn Mutterkühe mit ihren Kälbern laufen unter dem Natura-Beef-Label. Ab nächstem Jahr startet der Betrieb in die Bio-Umstellungsphase.

Zum Fahr gehören 4,5 ha Reben, die bleiben dem Kloster unterstellt. Die Trauben werden in Einsiedeln gekeltert und kehren in der Flasche nach Unterengstringen zurück.