Dynamisch und motiviert präsentierte sich die neu besetzte Geschäftsstelle des Tourismusvereins Goldingertal Eschenbach (VGE) Mitte Februar 2024. Es war ihr erster öffentlichen Auftritt und dem Aufruf zum Informationsaustausch «Stellplätze und Agrotourismus» folgten viele landwirtschaftliche Betriebsleitende, versierte Camper und Tourismusorganisationen des Kantons St. Gallen. Die rege Diskussion zeigte ein Bedürfnis nach Vereinfachung im Bewilligungsverfahren und nach klaren, umsetzbaren Weisungen.
Mehr Klarheit für Bewilligungsverfahren gefordert
«Camping ist ein Markt mit Potenzial. Es ist ein falsches Klischee, dass Camper ihre Lebensmittel selbst mitnehmen und nicht in der Region einkaufen», weiss Projektleiterin Patricia Fritschi. Besonders für Landwirtschaftsbetriebe mit Direktvermarktung wären Stellplätze auf den eigenen Betrieben interessant. Die Tagesausgaben eines Campers liegen bei rund Fr. 137.– pro Person. Camper verweilten durchschnittlich einen Tag länger an einem Ort als Hotelgäste, war zu erfahren.
Von den schweizweit 53'000 Stellplätzen für Wohnmobile und Wohnwagen findet man in der Ostschweiz nur 1500. Sie generieren jährlich 290'000 Übernachtungen. Aufgrund des Raumplanungsgesetzes ist für offizielle Campingstellplätze auf einem Landwirtschaftsbetrieb ein Baugesuch beim Kanton einzureichen. Für viele Betriebsleitende ist diese Hürde abschreckend, wie sich in der Diskussion mit den Anwesenden herausstellte.
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Nach der Interpellation von Cornel Aerne, Gemeindepräsident von Eschenbach, hat die Regierung Offenheit gegenüber der Stellplatzdiskussion bekundet. Die VGE-Geschäftsleiterin Yasmin Kistler möchte dies nutzen: «Im Kanton Bern dürfen offiziell drei bewilligungsfreie Stellplätze pro Betrieb angeboten werden.» Man sei überzeugt, dass dies auch für St. Gallen ein Mehrwert auf verschiedenen Ebenen wäre. «Für diese Regelung ist jedoch eine gesetzliche Anpassung notwendig», sagte Kistler.
St. Gallen startet Pilotversuch
Mehrere innovative Landwirte möchten sich für das Pilotprojekt zur Verfügung stellen. In Zusammenarbeit mit dem VGE wollen die Betriebsleiter Erfahrungen mit Campern, Stellplätzen und dem Bewilligungsverfahren sammeln. Aus den Erkenntnissen soll anschliessend ein Merkblatt für weitere interessierte Landwirtschaftsbetriebe erstellt werden.
Im Rahmen des Pilotprojekts wird das Ziel verfolgt, ein standardisiertes Baubewilligungsverfahren auszuarbeiten. Gleichzeitig will der Verein zusammen mit weiteren regionalen Tourismusorganisationen eine gemeinsame Stellungnahme ausarbeiten und die «Variante Bern» vorantreiben.
Nachgefragt bei Erwin Oberholzer
Was ist Ihre Motivation, sich als Pionierbetrieb zur Verfügung zu stellen?
Erwin Oberholzer: Ich schätze es, wenn ich Menschen zeigen kann, was wir auf unserem Betrieb machen. Es bereitet mir Freude, Aufklärungsarbeit zu leisten, sofern es mir zeitlich möglich ist. Wenn sich durch die Stellplätze solche Gespräche ergeben, nützt dies nicht nur uns als Betrieb.
Wo sehen Sie Mehrnutzen für Ihren Betrieb?
Wir erhoffen uns eine bessere Wertschöpfung. Es ist nicht unser Ziel, im grossen Stil und umfangreich Stellplätze anzubieten. Der Mehraufwand darf nicht unterschätzt und die Preise müssen gut kalkuliert werden. Wenn es uns durch dieses Angebot möglich ist, zusätzlich mehr aus unserer Direktvermarktung herauszuholen, wäre dies ein doppelter Gewinn.
Ist die Nachfrage nach Stellplätzen auf Ihrem Betrieb vorhanden?
Wir liegen etwas abgelegen und haben eine sehr schöne Aussicht Richtung Zürichsee. Das wird geschätzt. Es kommt immer wieder vor, dass wir von Campern angefragt werden. Auch schon wollte ein Anbieter ein Tiny House bei uns platzieren.
Haben Sie bereits touristische Angebote?
Stallvisite bieten wir seit mehreren Jahren an, das Angebot wird aber nicht oft genutzt. Für Wanderreiter stellen wir uns auf der Plattform von Satteltramp zur Verfügung. In diesem Angebot bieten wir Reitern mit ihren Pferden eine Übernachtungsmöglichkeit.
Was erhoffen Sie sich nun von politischer Seite?
Es herrscht Unsicherheit, was man darf und was nicht. Klare Richtlinien wären wünschenswert. Dass es bei baulichen Massnahmen eine Bewilligung braucht, ist für mich verständlich. Ich glaube aber, dass die «Variante Bern» eine gute Lösung für uns wäre.
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