Mit der Corona-Krise steigt das Interesse an Ferien in der Schweiz. Das spürt auch der Verein Agrotourismus Schweiz, der nach eigenen Angaben auf seiner Website deutlich mehr Besucher registriert, als im Vorjahr:

  • Hofläden + 1000%
  • Camping/Zeltplatz +370%
  • Ferienwohnung + 22%

Kontakt zur Gemeinde aufnehmen

Gerade das Campieren auf Bauernhöfen scheint attraktiv, schliesslich bringen die Besucher ihre Unterkunft selbst mit. Karin Wechsler von Agrotourismus Schweiz rät aber zur Vorsicht: «Man sollte ein mögliches Angebot zuerst mit der Gemeinde abklären. Eventuell wird man auch an den Kanton verwiesen». Der Umgang mit Camping auf dem Bauernhof sei nicht schweizweit einheitlich geregelt.

 

Stellplätze sind unkompliziert – in der Theorie

Gerry Meyer vom Schweizer Camping und Caravanning Verband SCCV betont, Stellplätze seien nicht mit Campingplätzen zu verwechseln. «Ein Stellplatz ist eigentlich nichts anderes als ein Parkplatz», so Meyer. Das könne auch eine Kiesfläche oder ein Stück Gras in Hofnähe sein. Dafür brauche es keine Baubewilligung, denn «man kann auf seinem privaten Parkplatz jemanden parkieren lassen, dafür gibt es in keinem Kanton Vorschriften». Die Idee ist, ein Übernachtungsangebot für Ferienreisende in Campern oder Wohnmobilen zu schaffen. «Auf Campingplätzen machen Leute Ferien, auf Stellplätzen wird nur ein bis zweimal übernachtet», so Meyer. Auch Winzerbetriebe können Stellplätze anbieten und nebenbei ihren Wein präsentieren.

Für einen Stellplatz braucht es keine Infrastruktur, denn Camper oder Wohnmobile sind autark mit Tanks für Frisch- und Abwasser sowie einer Batterie. «Für einen Stromanschluss reicht eine Kabelrolle und eine Steckdose draussen», erklärt Meyer. Dafür dürfe man auch Geld vrlangen. Abwasser kann bei Bedarf nach Abmachung per Schlauch in die Kanalisation oder eine Jauchegrube geleitet werden. 

Er rate Bäuerinnen und Bauern allerdings, nicht allzu gross einzusteigen und mit vier bis fünf Stellplätzen anzufangen. 

Gerry Meyer berät interessierte Landwirte auf dem Hof, macht Fotos und hilft dabei, ein neues Angebot in Apps zu erfassen. Dafür verlangt er einen bescheidenen Betrag. Weitere Auskünfte per Mail an: planung(at)wohnmobilland-schweiz.ch

Achtung: Es hat sich herausgestellt, dass Stand heute (Februar 2021) einige Kantone Stell- gleich wie Campingplätze behandeln und auch ohne bauliche Massnahmen eine Bewilligung dafür vorschreiben. Daher ist es empfehlenswert, vor der Schaffung eines Angebots mit der jeweiligen Gemeinde in Kontakt zu treten, um keine Strafanzeige zu riskieren. Hier finden Sie eine Übersicht zu den raumplanerischen Regelungen betreffend Stellplätze in Deutschschweizer Kantonen. 

Das RPG gilt überall

Wer einen Campingplatz auf seinem Hof aufbauen möchte, muss sich generell an das Raumplanungsgesetz RPG halten. Das gilt für jedes Übernachtungsangebot auf einem Bauernhof. Das RPG wird aber kantonal unterschiedlich ausgelegt, daher ist es laut Andreas Allenspach, Geschäftsführer von Agrotourismus Schweiz am besten, frühzeitig mit der Gemeinde und den kantonalen Ämtern Kontakt aufzunehmen.

Mehr zum Raumplanungsgesetz und seiner Revision aus Sicht des Agrotourismus: Das RPG bietet wenig Raum für Agrotourismus

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Umzonen und Vorschriften einhalten

Damit ein Campingplatz zonenkonform ist, muss die Fläche von der Landwirtschafts- in eine Freizeitzone umgezont werden. Folgende Vorschriften sind laut Hansueli Schaub von Agriexpert gemäss Raumplanungsgesetz bzw. -verordnung einzuhalten, um eine Baubewilligung zu bekommen:

  • Der Campingplatz muss im unmittelbaren Hofbereich sein (Laut Andreas Allenspach nicht weiter als 30 bis 40 Meter vom Ökonomiegebäude entfernt).
  • Das Angebot muss einen engen sachlichen Bezug zum Betrieb oder der Landwirtschaft im Allgemeinen haben. Dieser Bezug wird meist über das Anbieten hofeigener Produkte hergestellt, so Schaub.
  • Besteht kein solcher Bezug, darf ein Campingplatz nur innerhalb eines bestehenden Gebäudes angeboten werden.
  • Für Camper oder Wohnmobile (Fahrnisbauten) darf man maximal eine Fläche von 100 Quadratmetern zur Verfügung, das entspricht 5-10 Stellplätzen. Die Fläche von Zelten muss miteinberechnet werden.
  • Beim Angebot «Agrotourismus» handelt es sich um einen nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetrieb. Per Definition braucht es für diesen Nebenbetrieb daneben ein landwirtschaftliches Gewerbe gemäss bäuerlichem Bodenrecht also mit mindestens eine Standardarbeitskraft SAK. Bei den SAK muss man gemäss Hansueli Schaub die kantonalen Angaben beachten, es zählen nicht die direktzahlungsberechtigten SAK.
  • Ausserdem muss das Einkommen aus der Landwirtschaft höher sein als aus den Nebeneinkünften und die Arbeitsleistung der Betriebsleiterfamilie muss höher sein als jene von Angestellten (über alle Nebeneinkünfte gesehen).

Schutzzonen beachten

Geeignet für einen Campingplatz sind laut Hansueli Schaub hofnahe Parzellen, die nicht in einer Schutzzone (Landschaftsschutzzone, Grundwasserschutzzone, Gewässerraum, Waldabstand, Strassenabstand usw.) liegen.

Neues Campingplatz-Angebot für diese Saison unrealistisch 

Hansueli Schaub von Agriexpert glaubt nicht, dass es möglich wäre, kurzfristig für die kommende Saison noch ein vorschriftsgemässes Campingplatz-Angebot auf die Beine zu stellen. Grund dafür ist vor allem die Zeit: «Ein Baugesuch ausserhalb der Bauzone dauert üblicherweise mindestens vier Monate von der Eingabe bis zur Rechtskräftigkeit der Bewilligung. Ausserdem müsste das Gesuch gut vorbereitet sein und der Landwirt muss sich die Frage nach Aufwand und Ertrag stellen», erklärt er.

Es sollte in die Landschaft passen

Andreas Allenspach ergänzt, dass ein Campingplatz grundsätzlich ins Landschaftsbild passen müsse, weshalb beispielsweise ein Fleck Land hinter einer Hecke ideal wäre. Falls Wiesen z. B. fürs Zelten vermietet werden, muss man diese Fläche weiterhin landwirtschaftlich nutzen und darf sie nicht bebauen.

Übernachten in der Fahrnisbaute

Das RPG gibt aber auch Raum für Ausnahmen. Rita Barth vom Verein Ferien auf dem Bauernhof erklärt, man könne für eine gewisse Zeit eine Fahrnisbaute stellen. «Zum Beispiel darf man ein Himmelbett, Zirkuswagen oder Ähnliches auf einer maximalen Fläche von 100 Quadratmeter einrichten», so Barth. Aber auch hier braucht es eine Bewilligung. 

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Lebensmittel, Hygiene, Versicherung

Nach RPG darf ein Campingplatz-Angebot auf einem Bauernhof nicht wettbewerbsverzerrend sein. Konkret heisst das, dass dieselben Vorschriften eingehalten werden müssen, wie sie für andere Campingplätze gelten. Welche Bereiche das umfasst, ist vom Angebot abhängig.

 Es geht dabei aber um das Lebensmittelrecht (bei Verpflegungsangeboten), Hygienevorschiften, Brandschutz usw. Ausserdem braucht es laut Andreas Allenspach ein Abfallkonzept. Sanitäre Anlagen wie auch die Küche müssen im Ökonomiegebäude integriert sein. Wobei nicht in der eigenen Familienküche für Gäste gekocht werden darf, so Hansueli Schaub. Hinzukommen die aktuellen Vorschriften des Bundesamts für Gesundheit BAG gegen die Ausbreitung des Coronavirus (Mehr dazu: Informationen für agrotouristische Angebote von Agrotourismus Schweiz). Bei Agriexpert empfiehlt man ausserdem, die Betriebsversicherung zu überprüfen, da die Beherbergung und Bewirtung beziehungsweise die Gäste selbst mit der normalen Globalversicherung nicht gedeckt sind. Es brauche dazu eine Zusatzversicherung.

«Man sollte auch das Angebot genau überdenken. Schnell kommt die Frage nach einem Grill- oder Spielplatz oder einer Feuerstelle auf», gibt Karin Wechsler zu bedenken.

 

Wiedereröffnung von Campingplätzen noch unklar

Noch ist unklar, wann Campingplätze generell wieder geöffnet werden dürfen. Bis dahin sollte man auch keine Campingplätze auf dem Betrieb öffnen – das kann mit einer Busse geahndet werden.

Wenn im Sommer die Plätze wiedereröffnet werden können und möglicherweise wegen der Massnahmen gegen das Coronavirus weniger Gäste empfangen dürfen als üblich, sind Angebote auf dem Bauernhof wohl gefragter denn je.

Vorsicht bei der Parzellenwahl 

Ein Campingplatz auf dem Betrieb kann Auswirkungen auf die Direktzahlungen haben. Laut Hansueli Schaub von Agriexpert gilt eine Fläche, auf der Camping angeboten wird, nicht mehr als landwirtschaftliche Nutzfläche – da der Hauptzweck nicht mehr landwirtschaftlich ist – und muss daher bei den Direktzahlungen abgemeldet werden. Auch darf nicht auf Nachweis-Flächen für den ökologischen Leistungsnachweis ÖLN oder auf Vertragsflächen campiert werden.  

«Einmalige Werbung für die Landwirtschaft»

«Es ist schade, dass die Verfahren für Agrotourismus so kompliziert sind», findet Rita Barth. Die Geschäftsführerin von Ferien auf dem Bauernhof sieht in solchen Angeboten nämlich eine Chance für die Landwirtschaft. «Das ist eine einmalige Werbung für Schweizer Bäuerinnen und Bauern – die Gäste können den Alltag auf einem Landwirtschaftsbetrieb wahrheitsgetreu erleben, statt ihn nur für einen Tag am 1. August-Brunch zu besuchen», führt Barth aus. Auch haben ihrer Meinung nach Campingplätze teilweise ein falsches Bild vom Camping auf dem Bauernhof. «Man sieht uns als Konkurrenz, aber wir sind Mitbewerber», erklärt sie.

 

Das Angebot planen

«In einem ersten Schritt muss sich ein Landwirt überlegen, ob er Gäste auf seinem Betrieb haben möchte», erklärt Hansueli Schaub von Agriexpert. Dann gilt es, sich über das geplante Angebot Gedanken zu machen:

  • Die Gäste sollen sich auf dem Betrieb wohlfühlen können
  • Es sollten keine Unfallfallen bestehen (z. B. Güllelöcher, ungesicherte Heubühnen, Leitern, Sensen, Zutritt Stallungen, Anlasssperrungen Traktoren und andere Fahrzeuge). Mehr dazu: Unfallverhütung für Gastgeber
  • Wohnmobile und Camper profitieren von einem Stromanschluss oder einer Ladestation sowie Wasser- und Abwasseranschlüssen (in der Regel sind sie aber zumindest kurzfristig autonom). Solche Anschlüsse gelten als Bauten oder Anlagen und es braucht dafür eine Baubewilligung
  • Für Zelte braucht es eher Aufenthaltsräume und Sanitäranlagen mit Duschen (geschlechtergetrennt). Diese sind ebenfalls baubewilligungspflichtig.
  • Generell müssen Brandschutz- und Hygienevorschriften eingehalten werden
  • Für den agrotouristischen Charakter des Angebots müssen Menüs zusammengestellt werden, um den Landwirtschafts-Bezug herzustellen
  • Oder man richtet den Hofladen entsprechend aus
  • Für die Gäste darf man aber nicht in der eigenen Familienküche kochen

«Schliesslich sollte man sich überlegen, ob sich der ganze Aufwand (Investition und Zeitaufwand) für die möglichen 5-10 Plätze auf einem bäuerlichen Campingplatz überhaupt lohnt», so Schaub. Erst dann mache es Sinn man ein Konzept als Basis für ein Baugesuch zu erstellen.