LID: Vegane und vegetarische Ernährung sind in. Sie bieten hingegen einen Koch- und Backkurs zum Thema Blut an. Tönt wie eine Provokation.

Laura Schälchli: Das sind nur zwei Trends von einer Vielzahl. Andere sind beispielsweise Paleo, Nose-to-Tail, Flexitarier, Locavore, Zero Waste usw. Beim Kochen mit Blut geht es darum, Blut wieder als eine Zutat in unserem Alltag zu integrieren.

Ihr Kurs tritt nicht in die trendige Schiene von Veganismus, sondern steht für das Gegenteil ein. Was halten Sie vom gegenwärtigen Vegan- und Vegetarier-Hype?

Ich persönlich finde diesen Hype ganz okay – generell essen wir für unsere Gesundheit sowie für die der Umwelt zu viel Fleisch. Ich selbst esse sehr wenig Fleisch, aus Respekt zum Tier, der Umwelt und meiner Gesundheit.

Ich behaupte, dass die breite Bevölkerung Blut als nicht geniessbar betrachtet. Woher rührt dieser Ekel?

Blut ist in vielen Köpfen in eine nicht-essbare Kategorie gerutscht. Aufgrund des täglichen Überangebots von Lebensmitteln in der Schweiz können wir es uns leisten, kein Blut mehr zu essen.

Sie behaupten, dass es Zeit sei, Berührungsängste zu hinterfragen.

Ich wünsche mir, dass wir wieder Respekt dem Tier gegenüber zeigen. Wenn ich etwas respektiere, gehe ich nicht verschwenderisch damit um. Berührungsängste haben wir, weil wir es uns nicht gewöhnt sind, mit Blut zu kochen. Wir wissen nicht, wie damit umzugehen und haben Angst davor. Wüssten jedoch Konsumenten, dass die gesundheitlichen Risiken beim Vorbereiten und Essen von Geflügel höher ist, als mit Blut zu kochen, würden sie sich vielleicht eher dazu getrauen. Nehmen wir ein rohes Ei. Wenn man sich überlegt, was das genau ist – ist dann Blut im Gegensatz zum flüssigen Ei wirklich so eklig?

 

Sie bezeichnen Blut als lecker und nahrhaft. Das müssen Sie erklären.

Blut enhält viel Eisen. Davon kommt auch der metallene Geschmack. Gut kombiniert kann der Blutgeschmack – sowie zum Beispiel der Geschmack von Schweinefett – als Delikatesse empfunden werden.

Was machen Schlachthöfe mit dem Blut?

Das Blut als Schlachtnebenprodukt wird anders genutzt (Tiernahrung, Kosmetik, Zigarettenfilter, Medikamente etc.) – oder entsorgt.

Wie kann man Blut in der Küche verwenden?

Kochen und Backen mit Blut. Die chemische Zusammensetzung von Blut ist einem Ei sehr ähnlich und kann daher gut in Gerichte mit Blut ersetzt werden. Es eignet sich daher sehr gut für Ei-Allergiker!

In den Läden gibt es Fleisch, jedoch kein Blut. Wie kommt man zu welchem?

Blut kann beim Metzger bestellt werden. Oft wird es eingefroren und so verkauft. Blut ist, wie andere Innereien leicht verderblich. Leber jedoch findet man öfter im Angebot beim Metzger; vielleicht auch bald wieder Blut?

Erhielten Sie Rückmeldungen auf Ihre Kursausschreibungen?

Personen, die viel kochen, sind neugierig und wollen eine neue Zutat entdecken. Blut ist ein Ingredient, mit dem sehr schön in Gerichten gespielt werden kann. In Blut steckt viel Symbolik wie zum Beispiel Lebensflüssigkeit, Tod und Vampir-Nahrung.

Neben dem Posten als Präsidentin von «Slow Food Youth» haben Sie verschiedenste andere Projekte am Laufen. Woher kommt Ihre Faszination zum Essen?

Essen ist für mich ein Kulturgut. Wenn Essen als Energiespender degradiert wird, finden wir keine Freude darin. Wie schön ist es jedoch, sich dreimal am Tag über etwas zu freuen, nicht? Ich hoffe, Wissen weitergeben zu können. Damit können Konsumenten entscheiden, was sie konsumieren. Der bewusste Genuss ist mir wichtig.

Korinna Lindemann, lid