Auf dem Erlenhof in Wittnau AG gehen Tausende von Menschen ein und aus. Helen und Herbert Schmid führen einen Naturena-Erlebnisbauernhof. Im Sommerhalbjahr stehen die Türen grundsätzlich offen, und es werden zahlreiche Kurse durchgeführt. Direktvermarktung im Hofladen und Gästebewirtung sind wichtige Betriebszweige, auch «Schule auf dem Bauernhof» ist im Angebot. All das läuft parallel zum Landwirtschaftsbetrieb mit Mutterkühen, Ackerbau, Reb- und Obstbau, Kürbis- und Blumenfeld.

Heute mehr Brandschutz

Mitten drin steht die Bäuerin Helen Schmid. Ihr Alltag verlangt Energie und Gelassenheit. Rituale helfen ihr dabei. «Sie geben dem Leben einen Rhythmus, eine Struktur», sagt sie.

Räuchern mit Pflanzen ist eine dieser Traditionen. Vor Jahren besuchte sie mit ihrer Schwester und Mutter einen Kurs zum Thema. Auf dem Heimweg begann die Mutter zu erzählen: Das sei nichts Neues, schon ihre Eltern hätten in Stall und Haus geräuchert, zum Schutz von Menschen und Tieren und zur Reinigung von Räumen. Helen Schmid berichtet: «Sie holten damals mit der Blechschaufel Glut aus dem Holzofen, legten Kräuter darauf und liefen so in den Holzgebäuden herum.» Die Bäuerin aus dem Fricktal achtet heute mehr auf den Brandschutz, aber das Räuchern hat sie beibehalten.

Etwas sehr Persönliches

Räuchern ist für Helen Schmid etwas sehr Persönliches, bei dem sie zur Ruhe kommt. Über einer Kerzenflamme erhitzt sie ein Stück Kohle, legt sie in ein feuerfestes Gefäss und streut trockene Kräuter und Harze darüber: Salbei, Rosmarin, Lavendel, Weihrauch, je nach Stimmung und Bedarf. Das aufsteigende Rauchfähnlein verteilt sie mit einer Vogelfeder, ein würziger Duft verbreitet sich. Die Bäuerin gibt dem Rauch eine Weile Zeit, sich zu setzen. Dann öffnet sie die Fenster, lässt die verbrauchte Luft hinaus und frische herein.

 

Helens Tipp

Mit einer räuchernden Schale und guten Gedanken von Raum zu Raum zu gehen, befreit die Wohnung von verbrauchter Energie und schafft eine neue Atmosphäre. Zum Räuchern eine Räucherkohle (aus dem Spezialgeschäft) mit einer Zuckerzange über eine brennende Kerze halten. Wenn die Kohle glüht, in eine feuerfeste Schale legen und die Räuchermischung drüberstreuen. Im Frühling verwendet Helen Schmid Weihrauch, Myrrhe, Minze, Melisse, Salbei und Weidenrinde.

Jede Jahreszeit hat für Helen Schmid ihre eigenen Rituale. Den Frühling empfindet sie als einen Moment der Reinigung und des Neuanfangs, eine Wende. «Bei mir gibt es einen inneren Frühlingsputz, indem ich jeweils mit ein paar Frauen eine Woche faste», erzählt sie. Nach der inneren Einkehr verspürt sie das Bedürfnis für den äusseren Frühlingsputz, der Wohnung, der Umgebung. «Bei diesen Reinigungen kann das Räuchern unterstützen. Es hilft dabei, Körper und Geist von alten Lasten zu befreien und den Blick vorwärts zu richten. Es ist etwas Wunderbares, nach einer gründlichen Reinigung der Wohnräume zu räuchern, versehen mit guten Gedanken. Es neutralisiert und ich fühle Ruhe, Freude und bekomme Energie in diesen Augenblicken.»

Auf dem Hof geblieben

Als die vier Kinder von Helen und Herbert Schmid grösser waren, bekam die gelernte Krankenpflegerin die Möglichkeit geboten, auswärts zu arbeiten. Zur selben Zeit erlebte sie das Burn-out einer anderen Bäuerin. Helen Schmid entschied sich dafür, ihre Arbeitskraft voll auf dem Hof einzusetzen. Damals begann das Betriebsleiterpaar mit der Gästebewirtung.

Es war genau das Richtige für sie. «Ich konnte etwas Eigenes aufbauen, hatte Kontakte zu Menschen und bekam Anerkennung – all das, was einem ein externer Nebenerwerb geben könnte», kommentiert Helen Schmid. «Ich finde Menschen und ihre Geschichten einfach spannend.»

Menschen denken nach

Als Gastgeberin bietet Helen Schmid mehr als Essen und Trinken an. Sie ist aufmerksam für Stimmungen und offen für Gespräche. Das spüren ihre Gäste, und sie erlebt immer wieder, wie Menschen auf ihrem Hof nachdenklich werden. Die Bäuerin erzählt von einem Besucher letzten Sommer, der ihr nach einer Hofführung erklärte, er sei seit 25 Jahren Vegetarier. Aber der Besuch auf dem Erlenhof lasse ihn seine Essgewohnheiten überdenken; er hatte andere Bilder von Tierhaltung im Kopf.

«Auch wenn es nur einer von Hundert ist und bei den anderen die Botschaft nicht ankommt – unsere Öffentlichkeitsarbeit lohnt sich», findet Helen Schmid.

Ein paar Ruheinseln

«Ich mag Menschen um mich herum», sagt die Bäuerin. Bewusst nimmt sich das Betriebsleiterpaar aber auch Verschnaufpausen von Gästeanlässen, jeweils über die Weihnachts- und Neujahrstage und über Ostern. Dann verbringen sie mehr Zeit mit der Familie und sich selber. Das sind wichtige Ruheinseln für sie.

Ihre Kinder sind mittlerweile erwachsen und haben zum Teil eigene Familien. Mit Freude beobachtet Helen Schmid, dass sie einige Traditionen von Zuhause übernommen haben und weiter pflegen.