Als Frau eines eines leidenschaftlichen, langjährigen Älplers «muss me de Spagat mache chönna»! Mein Mann erfüllte sich vor gut 10 Jahren den Traum vom z´Alp gehen. Eine gute Stunde ist die Alp Aebi entfernt von unserem Daheim und Landwirtschaftsbetrieb mit eigener Alpung vom Jungvieh der jungen Generation.

Die Sauce ist von Daheim

Walters Hirtenzeit beinhaltet die Frühjahresweide in Schlappin oberhalb von Klosters GR (1600 m ü. M.) mit gut ausgestatteter Hütte (Stromanschluss und Dusche). Die eigentliche Alpzeit auf der Alp Aebi (2060 m ü. M.) verbringt er in seiner heimeligen Hütte mit Plumpsklo. Seit letztem Jahr behirtet er erneut das Vieh auch auf der Herbstweide in Schlappin unten. Dies bedeutet vier Monate mit etwa 100 Tieren (51 Muttertiere, 29 Mesen, 20 Yak) unterwegs zu sein. Von der unteren Hütte wird in die obere gezügelt, die nur über einen schmalen Fussweg in 45 Minuten erreichbar ist.

Was sind jetzt aber meine Aufgaben in dieser Zeit? Ich beginne meist Anfang Mai, im Keller eine Box mit den unverderblichen Nahrungsmitteln zu füllen. Im Sommer ist es für Walter «überlebenswichtig», sich nicht selbst an den Herd stellen zu müssen. Sein Menüplan ist sicher nicht so abwechslungsreich, dafür fein – Spaghetti mit Sauce von Daheim, Hörnli mit Apfelmus oder Kompott von den eigenen Bäumen, Fertigrösti mit selbst gemachten Bratwürsten oder Turischer Eiern. Brot, Butter und Fleisch lagert immer im Tiefkühler. Ein kleiner «Weltuntergang» wäre es, wenn sein geliebter Incarom ausgehen würde! Das aus meiner Sicht nötige «Grünfutter» geniesst er meist einmal pro Woche bei Michi im Berggasthaus Erika. Gegen Ende Mai, sobald die Zufahrtsstrasse vom Schnee geräumt ist, fahren wir mit der ersten Ladung gemeinsam hoch, um Hütte eins aus dem Winterschlaf zu wecken.

Ein Besuch im Gasthaus liegt drin

Wir sind dankbar, haben die Mäuse keinen Schaden angerichtet. Ich räume ein, und der Älpler begutachtet kritisch die Höhe des Grases, damit er mit dem Alpmeister den Weidestart besprechen kann. Der Holzkochherd strömt behagliche Wärme aus und wir geniessen es, wieder mit Bachrauschen einschlafen zu können.

Anderntags ist dringend noch ein Besuch bei Barbara und Michi im Gasthaus Erika angesagt. Sie, die genau wissen, bis wann der Aebihirt einen starken Kaffee verträgt und ab wann «Schwachstrom» in die eigens für ihn angeschriebene Tasse kommt. Die beiden sind auch sonst Anlaufstelle in Notfällen. Dies entlastet vor allem mein Sommergewissen, da ich nicht überall sein kann.

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Alle wollen Besuch von der Nane

Auf dem Betrieb daheim wächst das Unkraut ab und zu davon. Beeren und Kirschen sollten geerntet und verarbeitet werden. Auch bei Brunchanlässen unterstütze ich auf dem Heimbetrieb.

Auf der Alp Gafien freuen sich drei Enkel, wenn d’Nane auf Besuch kommt. Seit 16 Jahren betreut unsere Tochter mit Familie einen grossen Teil des Jenazer Viehs. Spiele machen, Geschichten erzählen, Küchendienst – überall darf ich anpacken. Die Blumen zu giessen am und im Haus unserer zweiten Tochter im Nachbardorf darf ich natürlich nicht vergessen, wenn diese in den Ferien weilt. Hoffentlich überleben alle!

Auch ein Brillenersatz will organisiert sein

Elin und Joel, die zwei kleinsten Enkelkinder im Unterland, möchten d’Nane auch wieder einmal sehen. So wird auch dort ein Besuch eingeplant. Die versprochene Zugerseeschifffahrt muss doch endlich eingelöst werden!

Natürlich platzt da ein Telefonanruf von Walter rein. Er hat das Kunststück fertiggebracht, seine in der Brusttasche steckende Brille beim Bücken am Bach diesem zu übergeben! Sicher können sich jetzt wohl schon die Fische im Bodensee an ihr erfreuen und gleitsichtig die Würmer an den Fischerruten bestaunen. Ich organisiere «sofort» nach seinem Rezept einen Ersatz.

Diesmal fliegt ein neuer Stubenofen hoch

Wir tauschen schon bald Brot und Brille gegen Schmutzwäsche und gesammelte Thymianblüten, die mein «Bester» für unsere Teemischung, Sirup und Gelee gesammelt hat. Wir besprechen dabei auch, wann auf die Alp Aebi gezügelt wird. An Treibergehilfen fehlt es nicht, die Enkel freuen sich.

Mit dem Heli sind schon die Essvorräte, Viehsalz und zusätzlicher Tränketrog hinaufgeflogen worden. Dieses Jahr wird sogar auf Walters Wunsch, nach dem nassen und kalten Sommer 2021, ein neuer Stubenofen dabei sein.

Ab und zu darf ich auch hinhalten, wenn der Hirt Dampf ablassen muss. Ärger mit Schafen auf seiner Weide! Gegen Ende August feiern wir Walters Geburtstag, zusammen mit den Hirten der angrenzenden Alpen. Natürlich trage ich da jedes Jahr seinen Kuchen hoch, einen Kirschcake, da die runde Form den Transport weniger gut überstehen würde.

Lieber selbst mehr auf der Alp

Ein kleiner Hüttenkehr nach der Alpzeit bleibt an mir hängen, der Hirt hat noch Zaun abzulegen – ich darf den Boden fegen!

Es gäbe noch manche Episode – im Nacken ist auch immer die Angst wegen dem Wolf. Letztes Jahr hat er über 30 Schafe auf der gegenüberliegenden Börteralp gerissen oder über die Felsen getrieben, trotz Schutzhunden und Zäunen. Wie wird es wohl dieses Jahr?

Ich möchte versuchen, diesen Sommer vermehrt auf der Alp weniger «Vagabund» zu sein – hoffe, ich schaffe es!