Sie scharren und picken auf einer grossen Wiese, die Hühner von Landwirt Ralf Stucki in Oberwil ZH. Mittendrin steht ihr neues Zuhause: einachsig, 8 Meter lang, 2,4 Meter breit. Ringsum hält ein einfaches Flexinetz die Schar zusammen. Vor zehn Monaten hat Ralf Stucki das «Hühnermobil 225» gekauft und seine Eierproduktion aus dem Stall in eine Naturwiese verlegt. Das Hühnermobil nennt er liebevoll «meinen Rolls-Royce».

Denn mit einem Gestehungspreis von gut 45 000 Franken für maximal 300 Hühner, bzw. 250 Hühner nach Bio-Suisse-Richtlinien, ist das Hühnermobil nicht gerade günstig. Zum Eierproduzieren gäbe es einfachere und billigere Lösungen. Aber der 34-jährige Landwirt und Unternehmer hat sich bewusst für den Rolls-Royce entschieden. Er will ja auch nicht einfach Eier produzieren – sondern Weideeier.

Der Hühnermobilmarkt bewegt sich

Richtig am Boomen ist diese Haltungsform allerdings in Deutschland. «Die Nachfrage nach Mobilställen ist geradezu explodiert», sagt Geflügelberaterin und Hühnermobil-Expertin Jutta van der Linde. Während mehr als eines Jahrzehnts hatten sich die zwei Anbieter Iris Weiland und Wördekemper einen Nischenmarkt aufgebaut. Nun sind in den letzten zwei Jahren plötzlich mehrere neue Firmen mit eigenen Modellen von Mobilställen dazugestossen.

Ein Grund, warum in Deutschland die mobilen Hühnerställe so boomen, liegt an der enormen Preisdifferenz zwischen einem Ei aus Weidehaltung und einem konventionellen Ei. Ralf Stucki weiss von einer Hühnermobil-Tagung mit Produzenten aus Deutschland, dass Direktvermarkter für konventionelle Eier aus dem Hühnermobil über 50 Prozent mehr lösten als für Bio-Eier. «In der Schweiz ist eine solche Preisdifferenz kaum realistisch», meint Stucki. Hierzulande seien Produktionsstandards und Konsumentenvertrauen einfach schon sehr hoch.

Auslastung und Eierpreis sind entscheidend

So kosten die Weideeier der Familie Stucki im Hofladen nun 60 Rappen – 5 Rappen mehr als vor der Umstellung auf die Weidehaltung. Und im Nachhinein glaubt der Landwirt, dass die Kunden durchaus bereit gewesen wären, noch etwas mehr zu bezahlen. Denn die Eier seien sichtbar anders, viel oranger im Dotter und laut Rückmeldungen auch intensiver im Geschmack. Noch hat der Landwirt aber seinen Rolls-Royce nicht voll ausgelastet.

Dazu muss er den Direktvermarktungskanal weiter ausbauen. Ein voll besetzter Stall sei für die Rentabilität ebenso wichtig wie der Eierpreis. Bei 300 eingestallten Hühnern, einer Legeleistung von über 85 Prozent marktfähigen Eiern und einem Eierpreis von 50 Rappen ist der Stall nach zwölf Jahren abgeschrieben und dem Betriebsleiter bleibt für die Produktion ein Stundenlohn von über 25 Franken. Der Aufwand für die Vermarktung ist dabei allerdings noch nicht abgegolten.

Das Hühnermobil ist in 15 Minuten verstellt

Gerade mal zwei Stunden pro Woche benötigt Ralf Stucki, um Stall und Zaun zu verstellen, zu entmisten und um Futter- und Wassertanks aufzufüllen. Zwei Solarpannels sorgen für autarke Stromversorgung. Sie betreiben das automatische Beleuchtungssystem und bedienen die Tür- und Lüftungsklappen. «Die Technik ist sehr simpel und funktioniert gut», erklärt der Zürcher Landwirt.

So lässt sich mit einer einfachen Handkurbel der Mist auf einem Band aus dem Stall direkt in die Heckschaufel befördern. Und zum Verstellen des Mobils genügt ein 60-PS-Traktor mit Heckhydraulik und Ackerschiene. Innerhalb von 15 Minuten steht das Haus an einem neuen Platz. Alle fünf bis sieben Tage verstellt Stucki das Hühnermobil, damit auf der 70 Aren grossen Weideparzelle keine Kahlstellen entstehen. «So bleibt die Grasnarbe intakt – und den Parasiten fahren wir elegant davon», erklärt er.

Ursina Galbusera
Die Autorin ist freie Agrarjournalistin und lebt in Wattenwil.

Eine Übersicht über die verschiedenen Anbieter von mobilen Hühnerställen finden Sie in der aktuellen "grünen" vom 14. Januar 2016