Patric Albrecht ist heuer Hirt auf der Alp Runca ob Pitasch im Kanton Graubünden. Frau und Kinder haben ihn wie immer begleitet, wenigstens bis zum Schulbeginn. Für die Familie Albrecht aus dem Weiler Gliz in Dardin ist das Alpleben das Schönste, was es gibt, da sind sich alle vier einig.

Von klein auf dabei

Alexa Albrecht leistet gute Arbeit, sowohl in der Alphütte als auch auf den Weiden und sie schaut auch gerne zu den Mutterkühen und ihren Kälbern. Die Kinder Anika und Maurus sind von klein auf dabei und helfen, wo sie können. Dass es diesen Sommer so oft und intensiv regnet, beschäftigt die Familie Albrecht nicht sonderlich. Sie sind sich nämlich vieles gewohnt, denn fast soweit sie sich zurückerinnern mögen, verbringen sie den Sommer auf einer Alp. Die Alp Runca liegt auf 1450 Meter über Meer auf einer wunderschönen Terrasse. Von dort ist die Aussicht auf das – als Tal des Lichts bezeichnete – Lugnez wunderbar. Auf der anderen Seite sieht man bis nach Ilanz, aber auch bis zum Skigebiet von Laax und zu den Tschingelhörnern und an schönen Tagen noch viel weiter.

Landwirte aus Pitasch, Ilanz, Morissen und Duvin bestossen diese Alp mit ihren Mutterkühen. Aktuell ist Patric Albrecht für 107 Tiere verantwortlich. Anfang und Ende Sommer kommen jeweils noch 50 Tiere von einer benachbarten Alp dazu. Zurzeit weidet ein Teil der Herde der Alp Runca beim Stall und die anderen Tiere befindet sich weiter oben auf der Alp Veglia. «Dort haben wir die ‹unproblematischen› Kühe. Wenn es aber stürmt, wie so oft diesen Sommer, dann sorgen wir uns schon. Dort oben ist es nämlich sehr steil und auch gefährlich», beschreibt der Hirt die Situation.

Mit Alpvirus infiziert

Bereits in ihrer Jugendzeit wurden Patric und Alexa mit dem Alpvirus infiziert. Der 47-jährige Mann zählt nun seinen 22. Alpsommer. Am Plantahof in Landquart hat er die Ausbildung zum Landwirt absolviert und liess sich später zum Senn ausbilden. Auf der Alp Runca fehle ihm das Käsen schon ein wenig, sagt Patric. Die letzten zwei Sommer war er Senn auf der Alp Tschégn Dadens bei Brigels und die vier Jahre zuvor auf der Alp Stavonas Prada in Obersaxen. Sein Käse wurde sogar mehrmals prämiert. 2016 wurde sein Alpkäse an der Olma zum Sieger in der Kategorie Halbhartkäse erklärt.

Ungefähr im Vierjahresrhythmus lässt sich Patric Albrecht auf einer anderen Alp anwerben. So werde es nie zur Routine und er lerne viel Neues kennen. Alexa kommt aus dem Valsertal. Nachdem sie einige Jahre als Kaufmännische Angestellte in der Tourismusbranche arbeitete, ging auch sie z Alp und blieb seither dem Älplerleben treu. «Ich würde sterben, wenn ich im Sommer nicht auf eine Alp könnte und im Tal bleiben müsste», so die 40-Jährige. Darum ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass die Liebesgeschichte der beiden auf einer Alp begann. Wie Alexa verrät, sei es jedoch nicht Liebe auf den ersten Blick gewesen, denn Patric sei damals noch in einer Partnerschaft gewesen.

[IMG 2]

Es sind zu viele Wölfe

Mit dem gemeinsamen z Alp gehen ist es mit dieser Saison nun aber für eine Weile zu Ende. Patric, der viele Jahre eine Saisonstelle in einem Skigebiet hatte, tritt diesen Herbst nämlich eine Jahresstelle bei der Gemeinde Brigels an. «Ich bin es leid, jedes Jahr vom Oktober bis in den Mai im Schnee zu sein. In meinem Alter muss man die Gelegenheit ergreifen, wenn man noch eine Stelle bekommt, die einem zusagt», erklärt er.

Alexa hingegen, kann es sich nicht vorstellen, jemals etwas anderes zu tun, als im Sommer z Alp zu gehen. Sie hofft darum, auch im nächsten Sommer eine passende Stelle auf einer Alp zu bekommen. «Wenn ich eine Stelle finde, die mir zusagt, so gehe ich mit den Kindern auf die Alp, und wenn Patric Zeit hat, kann er ebenfalls hochkommen und uns helfen», so die passionierte Älplerin.

Ein wenig sorgen sich Albrechts auch wegen der Wolfspräsenz. Diese verursachen einen ziemlichen Mehraufwand an Arbeit und erfordert noch mehr Verantwortung für das Alppersonal als üblich. Obwohl Patric Albrecht noch keinen Wolf auf der Alp Runca gesehen hat, weiss er, dass es welche hat: «Ich habe schon etliche Spuren gesehen.» Er ist passionierter Jäger und hat während der Sonderjagd im November fünf Wölfe beobachten können. Das war auf der Alp Laus in seiner Heimatgemeinde Somvix. «Keine Frage – es war schön, diese Tiere zu beobachten. Es steht jedoch fest, dass wir zu viele Wölfe in unserer Region haben», erklärt er und fügt an, dass es viele Meinungen und auch viele Lösungsvorschläge dazu gebe. Schlussendlich müssten jedoch alle lernen, irgendwie mit der Situation fertig zu werden. «Für Landwirte und Alppersonal war das Problem quasi von einem Tag auf den anderen da», betont Albrecht.

Die Mutterkühe sind wehrhaft

Er hat den Auftrag, die Kühe und ihre neugeborenen Kälber für die ersten zwei Wochen über Nacht in einem doppelten Gatter vor dem Stall übernachten zu lassen. Aber was passiert, wenn der Wolf in der Nacht die Kuhherde auf der Weide attackiert? «Ich bin überzeugt, dass die Kühe kurzen Prozess mit dem Wolf machen würden. Sie würden sich sicher wehren können. Wenn er aber kranke Tiere oder Kälber, die sich nicht in der Nähe der Mutterkuh befinden, angreifen würde, so hätten wir ein Problem», ist sich der Hirte durchaus bewusst. Und man kann es ihm ansehen, dass er ein solches Szenario nicht ausschliessen kann.