Die von der Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S) am Donnerstag beschlossene Sistierung der Agrarpolitik 2022+ (AP 22+) fand Unterstützung bis weit in marktliberale bürgerliche Kreise. Das war an sich nicht überraschend, sind doch diese wie berichtet in mehreren offenen wirtschaftspolitischen Themen auf die Stimmen der Bauern angewiesen.

SBV will Nein-Parole und dagegen kämpfen

Bereits im Vorfeld hatte Markus Ritter, der Präsident des Schweizer Bauernverbands (SBV) in einem NZZ-Interview Druck auf die FDP ausgeübt, als er die Zustimmung zu einem Mercosur-Deal indirekt vom Stimmverhalten der FDP in der AP-Frage abhängig machte.  

Wie nun die «SonntagsZeitung» berichtet, ist die relativ knappe 6 zu 4-Mehrheit in der WAK-S dank eines konkreten Deals zustandegekommen. Der SBV will im Gegenzug die Konzernverantwortungs-Initiative bekämpfen, die am 29. November zur Abstimmung kommt: «Wir schlagen unserer Basis die Nein-Parole vor und wollen dann auch dafür kämpfen. Es braucht eine gute Zusammenarbeit unter den Wirtschaftsverbänden», lässt sich Markus Ritter im Artikel zitieren. Schlüsselmoment war dabei offenbar die Überzeugung des Zürcher FDP-Ständerats Ruedi Noser.

Welche Auswirkungen auf Freihandelsabkommen?

Offenbar ist Teil dieses Deals auch ein Versprechen in Sachen Agrarfreihandel: «Jetzt hat der Wind gedreht, und Ritter hat sich mit der Wirtschaft auf ein Arrangement geeinigt. Die Bauern geben ihren Widerstand gegen Agrarfreihandel auf», schreibt die Zeitung. Allerdings ist kaum davon auszugehen, dass sich die Landwirtschaft auf Vorrat den Widerstand gegen Freihandelsabkommen aufgegeben hat. Vielmehr dürfte der jeweilige Inhalt entscheidend sein.    

 

Parmelin warnt vor Auswirkungen der Sistierung

Agrarminister Guy Parmelin zeigte sich im «Echo der Zeit» von Radio SRF vom Samstag enttäuscht von der Verzögerungstaktik der WAK-S. Das Projekt sei schon lange diskutiert und adaptiert worden und sei ein guter Kompromiss. Er warnt die bürgerliche Mehrheit der Kommission vor den anstehenden Abstimmungen über die anstehenden Initiativen. Die AP 22+ sei ein Projekt mit Perspektiven, falle dieses weg, so erhöhten sich die Chance der Zustimmung durch die Bevölkerung zu den «radikalen Initiativen», so Parmelin. Vor der parlamentarischen Behandlung in der Wintersession will er noch einmal versuchen zu intervenieren. Vielleicht könne man AP 22+ noch verbessern, sagte er, aber nichts zu tun, das sei schlimm für die Landwirtschaft.