Tierseuchenverordnung in der VernehmlassungKantonstierärzte sollen Wälder wegen ASP sperren könnenMontag, 4. Oktober 2021 Im Rahmen der Revision der Tierseuchenverordnung, zu der aktuell die Vernehmlassung läuft, sind unter anderem Zugangsverbote für Wälder angedacht. Die Interessen der Waldeigentümer habe man dabei überhaupt nicht berücksichtigt, kritisiert WaldSchweiz. Wegen der massiven Auswirkungen solcher Waldsperrungen lehnt der Verband die vorgesehenen Anpassungen «dezidiert ab».

Mindestens 350 km2 während zwei Jahren zu

Die Vorlage des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sieht Folgendes nach einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) vor:

Erste Etappe: Ein Jagdverbot während maximal 30 Tagen in einem Gebiet von 10 bis 15 km Radius, in dem auch die Waldwege nicht verlassen werden dürfen.

Zweite Etappe: Vollständiges Zugangsverbot zum Wald auf einem Gebiet von 3 km Radius, im Umkreis von 7 km wären nur «unerlässliche Forstarbeiten» gestattet. Dies während 12 bis 24 Monaten.

Im Klartext würde das bedeuten, dass während bis zu zwei Jahren ein Gebiet von mindestens 350 bis 700 km2 für Forstarbeiten und Waldbesucher gesperrt wäre, rechnet WaldSchweiz vor. Angesichts der üblichen Reviergrösse von Waldeigentümern zwischen 5 uns 15 km2 ist diese Fläche riesig.

Finanzielle, ökologische und berufliche Nachteile

Potenziell würden somit ganze Forstreviere für längere Zeit komplett für die Bewirtschaftung gesperrt. «Dies hätte für die Waldeigentümer und das Forstpersonal gravierende finanzielle, ökologische und berufliche Nachteile», führt WaldSchweiz aus:

  • Das Forstpersonal kann nicht mehr beschäftigt werden.
  • Private können kein Holz für den Eigenbedarf mehr ernten.
  • Vertragliche Verpflichtungen wie die Lieferung von Hackschnitzeln für Energieholz können nicht mehr eingehalten werden.
  • Lehrlinge können ihre Ausbildung nicht fortführen.
  • Fixkosten für Infrastrukturen wie Gebäude oder Maschinenparks fallen weiter an.
  • Wichtige Anlagen im Wald, z. B. für die Trinkwasserversorgung, den Verkehr oder Stromleitungen können nicht mehr betreut werden.

Als meist öffentlich-rechtliche Körperschaften hätten Forstbetriebe grundsätzlich keinen Anspruch auf Kurzarbeit, fährt der Verband fort. Für den Fall von Waldsperrungen müssten dafür und für mögliche Schadensersatzforderungen oder Strafen wegen nicht eingehaltener Verpflichtungen gangbare (Kompensations)Lösungen gefunden werden.

Im Konflikt mit dem Waldgesetz

Das Schweizer Waldgesetz schreibt vor, dass die Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsfunktionen des Waldes nachhaltig sichergestellt werden. Das sei bei Zugangsverboten nicht mehr möglich, weshalb diese Massnahme zur Eindämmung der ASP im Konflikt mit dem Gesetz stehe. Bevor es zu einem ersten Ausbruch der Tierseuche kommt, muss nach Ansicht von WaldSchweiz mit den Waldeigentümern darüber diskutiert werden, ob eine Gefährdung dieser Waldfunktionen vertretbar ist. Auch bei der Errichtung von Sperrgebieten müssten Waldeigentümer aktiv miteinbezogen werden – dass das bisher nicht vorgesehen ist, findet der Verband «inakzeptabel».

Bevor es zu Waldsperrungen komme, müssten pragmatischere Lösungen abgeklärt werden.