In der Landwirtschaft legt die Generation im Pensionsalter, zu der wegen den geburtenstarken 1970er-Jahre viele Betriebsleiter(innen) zählen, die Betriebe in jüngere Hände. Auch im Bundesrat wäre ein Generationenwechsel wünschenswert. Doch davon kann im Moment keine Rede sein. Für die Nachfolge von Viola Amherd (63) ist neben Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter (58) auch Martin Pfister (61) nominiert. Beides sind erfahrene Politiker. Markus Ritter ist mit seiner Parlamentserfahrung im Vorteil. Auch hat der gewiefte Taktiker und Stratege sein Durchsetzungs- und Beharrungsvermögen vielfach unter Beweis gestellt.
Der Generationenwechsel auf Bauernbetrieben wird durch die Agrarpolitik vorangetrieben: Unter 34-Jährige werden mit Starthilfe gepusht, während man die 65-Jährigen mit der Streichung der Direktzahlungen aus dem Betrieb drängt. Aber wo sind diese jungen, bestens ausgebildeten Betriebsleiter(innen), wenn es um die Nachfolge von Markus Ritter im Schweizer Bauernverband geht?
Rücktritt auf 2028 angekündigt
Unabhängig davon, ob Ritter Mitte März Bundesrat wird oder nicht, hat er seinen Rücktritt vom Bauernverband auf 2028 angekündigt. Bereits kursieren die ersten Namen für Ritters Nachfolge – die meisten von ihnen haben altersmässig die Lebensmitte überschritten. Genannt werden SVP-Nationalräte wie Martin Hübscher, Martin Haab, Hans Jörg Rüegsegger, Alois Huber oder Ernst Wandfluh. Sie könnten das SBV-Präsidium von der Mitte zurückholen und der Landwirtschaft im Parlament weiterhin eine starke Stimme geben.
Lange Jahre war es beim Schweizer Bauernverband Usus, dass sich Deutsch- und Westschweiz an der Verbandsspitze ergänzen. Da der derzeitige Direktor Martin Rufer ein Deutschschweizer ist, könnten auch Westschweizer Bauernpolitiker ihren Anspruch auf das Präsidium erheben. Das Handicap der Westschweizer Vorstandsmitglieder wie Vizepräsident Damien Humbert-Droz (FDP) ist, dass sie nicht im Nationalrat sind. Ein Nationalratsmandat wäre laut dem SBV-Anforderungsprofil sehr erwünscht. So wird es denn auch schwierig, das alte SBV-Turnus-System, nach dem sich die Parteien im Präsidium abwechseln, aufrechtzuerhalten. Nach der Mitte wäre ja nun die FDP am Ruder.
Nationalratserfahrung fehlt auch dem SVP-Grossrat Ruedi Fischer aus dem Kanton Bern. Zuzutrauen wäre ihm das SBV-Präsidium. Fischer managt nicht nur intensive Betriebszweige, sondern hätte vielleicht auch Zeit. Als Präsident der Vereinigung Schweizer Kartoffelproduzenten wird er nämlich auf die Mitgliederversammlung am 25. Februar zurücktreten.
Martin Hübscher gibt weder Dementi noch Zusage
Zur Verbandsnachfolge äussert sich auch Urs Schneider, ehemaliger Vizedirektor des Schweizer Bauernverbands. Er sagt: «Martin Hübscher wäre eine sehr gute Lösung. Er verfügt über politische Erfahrung und führt mit der Mooh-Genossenschaft einen grossen Verband. Aber es gibt noch andere Kandidaten, die für mich absolut infrage kämen.» Auf das Alter der Bewerber angesprochen, sagt Urs Schneider: «Für mich sind das keine Übergangspräsidenten, denn sie stünden auf jeden Fall für zwei vierjährige Wahlperioden zur Verfügung.»
Martin Hübscher selbst gibt weder ein Dementi noch eine Zusage. «Wir müssen uns jetzt klar auf die Wahl von Markus Ritter in den Bundesrat konzentrieren», sagt er. Zuspruch als Kandidat für das SBV-Präsidium findet er vielerorts, wie man so hört – nicht nur bei Urs Schneider.
Was ist mit den Jungen?
Aber was ist mit den Junglandwirt(innen)? Im Vorstand des Schweizer Bauernverbands vertreten Ursin Gustin und Vincent Boillat die Junglandwirte. Sowohl Gustin als auch Boillat sind vielfältig vernetzt und widmen sich dem Aufbau ihrer Betriebe. Boillat ist zudem im Miba-Vorstand und Suisseporcs-Delegierter. Auf ihre Ambitionen auf das SBV-Präsidium angesprochen, winken beide ab und verweisen auf die SBV-Vorstandssitzung in der nächsten Woche, die am Montag beginnt und zwei Tage dauert.
Einzig Katja Riem (28), SVP-Nationalrätin aus Noflen BE, ist im Nationalrat – nicht aber im SBV-Vorstand. Hat Riem überhaupt Interesse am SBV-Präsidium? Sie antwortet: «Zuerst muss Markus Ritter in den Bundesrat gewählt werden, dann sieht man weiter.» Ein klares Dementi ist das auf jeden Fall nicht.
Man darf gespannt sein, was der Schweizer Bauernverband nach der zweitägigen Vorstandssitzung kommuniziert – und welche Gespräche im Hintergrund noch laufen werden.