«Wow!!! Trotz eisiger Kälte waren wir mit 10.000 Menschen für die sozial gerechte Agrarwende auf der Straße!» schrieben die Organisator(innen) der Demonstration unter dem Namen «Wir haben es satt!» heute nachmittag auf Twitter. Die Demonstration in Berlin ist ein alljährliches Ritual am Rande der gleichzeitig stattfindenen «Grünen Woche», der Leistungsschau der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft.

Zwei Jahre Pause

Aufgrund der Corona-Pandemie fand die Demonstration erstmals seit 2020 statt. «Unsere Bewegung lebt», hiess es von Seiten des OK: «Nach zwei Jahren Pause haben wir unüberhörbar gezeigt, dass wir Agrarindustrie und Krisenprofite satt haben».

Die Konzernprofite sind eines der grossen Reizwörter der ökologischen Oppositionellen. Aber auch dem Klimawandel wurde am Samstag viel Platz eingeräumt: «Viel zu wenig Regen, trockene Böden und schlechte Ernten – die Klimakrise wird auch bei uns immer bedrohlicher», schreiben sie auf ihrer Webseite. Die Wachstumslogik und politische Fehlentscheidungen seien verantwortlich für das Überhitzen des Planeten und das dramatische Artensterben.

Kritik am Strukturwandel

Drittes Thema war der Strukturwandel: «Viele Höfe müssen dichtmachen, während weiter grosse Tierfabriken genehmigt werden», kritisieren die Organisationen. Weltweit wachse der Hunger und auch in Deutschland wüssten viele Menschen nicht mehr, wie sie ihren Kühlschrank füllen sollten. Deshalb kämpfe man für die «sozial-ökologische Transformation».

Anlässlich der Demonstration überreichten die Demo-Verwantwortlichen dem deutschen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir einen 6-Punkte-Plan für die Erreichung ihrer Ziele. Dieser umfasst folgende Punkte:  

1. Zugang zu gesunder und umweltgerechter Ernährung für alle Menschen
Regelsatzlücke von über 250 Euro im Bürgergeld schließen, Sanktionen und Leistungskürzungen überwinden, Versorgung mit fair produzierten, umweltgerechten Lebensmitteln für alle Menschen umsetzen. Sozialleistungen müssen ökologischen Konsum ermöglichen.

2. Faire Produzentenpreise dauerhaft sicherstellen
Preisdiktat der Supermarktketten stoppen, Einkauf unter Produktionskosten verbieten und regionale, bäuerliche und ökologische Strukturen (z.B. durch öffentliche Kantinen) stärken.

3. Gute Löhne für gute Arbeit
Einen ausreichenden Mindestlohn und armutssichere Renten garantieren, Inflationsausgleich schaffen und eine stärkere Tarifbindung in Landwirtschaft, Nahrungsmittelverarbeitung und im Einzelhandel unterstützen.

4. Gesellschaftlichen Reichtum fair verteilen
Übergewinnsteuer auch bei Agrar-, Lebensmittel-, Handels- und Düngemittelkonzernen erheben, Vermögenssteuer einführen und Kapitalerträge konsequent besteuern, niedrige und mittlere Arbeitseinkommen entlasten, Mehrwertsteuer auf klimagerechte Lebensmittel senken und umweltschädliche Subventionen stoppen.

5. Teller statt Trog, Tank oder Tonne
Ackerflächen, wo möglich, für menschliche Nahrung statt für Futter- und Biosprit-Anbau nutzen und Lebensmittelverschwendung beenden.

6. Hungerkrise beenden
Lebensmittelspekulation verbieten, Recht auf Nahrung durch freies Saatgut und gerechte Landverteilung unterstützen, gentechnikfreie Landwirtschaft sichern, mehr Entwicklungsgelder für die sozial-ökologische Transformation der Ernährungssysteme bereitstellen und unfaire Handelsabkommen stoppen.