Es war ein langer Abstimmungskampf, er dauerte im Prinzip gut vier Jahre. Am 17. März 2017 publizierten wir den ersten grösseren Artikel zum Thema unter dem Titel «Zwei Verbots-Initiativen gegen Pflanzenschutzmittel». Am Mittwoch darauf lancierte Franziska Herren mit Mitstreiter(innen) die Trinkwasser-Initiative. Schon im November 2016 hatte ein welsches Komitee um den Winzer Jean-Denis Perrochet mit der Unterschritensammlung für die Pesitizidverbots-Initiative begonnen.

Initiativen haben schon vieles bewirkt

Die Fortsetzung der Geschichte ist bekannt. Die beiden Volksbegehren schüttelten die Landwirtschaft durch, wie kaum eine Initiative zuvor. Letztmals hatte die Kleinbauernvereinigung (VKMB) in den 1980er- und 1990er-Jahren mit ihren Vorstössen ähnlich viel Staub aufgewirbelt. Die 1989 abgelehnte Kleinbauern-Initiative war neben dem internationalen Druck via WTO (damals noch Gatt) mit ein Auslöser für die Agrarreform, welche ab 1993 die Preisstützung mit Direktzahlungen ersetzte.

Auch die beiden Pflanzenschutz-Initiativen haben lange vor dem Abstimmungsdatum einiges bewirkt. Sie haben dem 2017 in Kraft gesetzten Aktionsplan Pflanzenschutzmittel (PSM) Nachhall verschafft. Der Plan enthält 51 Massnahmen «zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung» von PSM. Davon waren 2020 bereits 21 eingeführt.

Einen formellen Gegenvorschlag hat das Parlament zwar nicht beschlossen. Mit der im Frühjahr 2021 verabschiedeten Parlamentarischen Initiative 19.475 hat die Bundesversammlung aber einen informellen Gegenvorschlag verabschiedet, der mit seinen Absenkpfaden für Nährstoffe und PSM sehr markante Anpassungen zur bisherigen Praxis enthält. Der Bundesrat hat kürzlich den daraus resultierenden «Massnahmenplan Sauberes Wasser» in die Vernehmlassung gegeben und die Branche wird stark gefordert sein, die Massnahmen umzusetzen, auch wenn die eine oder andere noch etwas Federn lassen dürfte.

Starke Polarisierung

Neben den agrarpolitischen Auswirkungen hatten die Initiativen auch eine starke Polarisierung der Auseinandersetzung zur Folge. Die Umweltschutzverbände haben in nie dagewesener Manier attackiert und versuchten, die Branchenverbände und ihre zur «Agrarlobby» zu degradieren. Die Angriffe sorgen für eine Wagenburg-Stimmung in der Landwirtschaft. Die wenigen bäuerlichen Initiativ-Befürworter kamen unter Druck und es kam mit Vandalismus und Drohungen zu unschönen Auswüchsen, hüben wie drüben.

Dass Bio Suisse an ihrer DV die TWI ablehnte, sorgte einerseits für Aufruhr in ökologischen Kreisen, dürfte aber auch geholfen haben, dass die Zustimmungsraten für beide Volksbegehren zuletzt stark gesunken sind. Jetzt bleibt zu hoffen, dass dieser Trend nicht nur ein Umfragen-Phänomen war. Und das die aufgerissenen Gräben wieder zugeschüttet werden können. Denn die nächsten landwirtschaftlichen Abstimmungskämpfe stehen bereits vor der Tür. Und wie schrieb ein Bauer kürzlich treffend in der BauernZeitung: «Ein zweiter Abstimmungskampf wie dieser ist nicht mehr zu gewinnen».