Vertrauen entsteht nicht automatisch – auch nicht in der Familie. Vertrauen bedeutet, sich auf jemanden oder etwas verlassen zu können, ohne ständig zu kontrollieren oder Angst haben zu müssen. Im täglichen Miteinander wird das Vertrauen immer wieder geprüft. Manchmal wird es erschüttert, weil die eine Partei etwas tut oder sagt, was die andere Partei nicht erwartet hat. Wenn das geschieht, ist man enttäuscht, verletzt, unsicher und wird misstrauisch.
Auch über Schweres reden
Damit das Vertrauen zwischen den Generationen wieder wachsen kann, braucht es mehr als nur guten Willen. Es sind bestimmte Haltungen und Gewohnheiten, die dabei eine tragende Rolle spielen:
Offene Gespräche – auch über Konflikte: Regelmässige Gespräche auf Augenhöhe helfen, Missverständnisse früh zu klären, und verhindern, dass sie sich verhärten. Dazu gehört auch, dass Fehler zugegeben und Unsicherheiten angesprochen werden dürfen. Es braucht Räume bzw. regelmässige Sitzungen, in denen Gefühle, Sorgen und unterschiedliche Vorstellungen gesagt werden dürfen. Wichtig ist, nebst der Arbeit auch über Rollen, Verantwortlichkeiten und die Zukunft zu reden.
Empathie und Interesse: Das Vertrauen wächst, wenn man sich gesehen und verstanden fühlt. Wer echtes Interesse am Gegenüber zeigt und empathisch reagiert, baut eine Brücke zur inneren Welt des anderen.
Grenzen respektieren
Emotionale Grenzen: Eigene Entscheidungen treffen dürfen, auch wenn andere es anders sehen.
Körperliche Grenzen: So viel Nähe zulassen, wie es sich stimmig anfühlt.
Zeitliche Grenzen: Eigene Pausen und Freizeit respektieren und klar kommunizieren.
Räumliche Grenzen: Privatsphäre wahren, auch im gemeinsamen Haus oder Hof.
Verlässlichkeit
Wenn Menschen wiederholt erleben, dass das Gegenüber macht, was es sagt, entsteht die Gewissheit: «Auf diese Person kann ich mich verlassen». Unberechenbarkeit hingegen macht misstrauisch.
Gegenseitige Anerkennung von Erfahrung und Visionen
Die ältere Generation bringt wertvolles Erfahrungswissen, langjährige Praxis und meist eine tiefe emotionale Bindung zum Hof mit. Die jüngere Generation bringt neue Ideen, technisches Know-how und zukunftsgerichtetes Denken ein. Vertrauen entsteht, wenn beides als gleichwertig und wichtig anerkannt wird. Es geht nicht darum, wer recht hat, sondern um die Bereitschaft, loszulassen und zu übernehmen und ein gemeinsames Morgen zu gestalten.
Wertschätzung und Gemeinsame Erlebnisse jenseits der Arbeit
Vertrauen wächst, wenn Leistungen gesehen und anerkannt werden. Egal ob es sich um körperliche Arbeit, organisatorische Verantwortung oder emotionale Fürsorge handelt.[IMG 2]
In bäuerlichen Familien wird viel als «selbstverständlich» angenommen. Ein aufrichtiges «Merci» berührt mehr, als man denkt.
Gemeinsame Momente ohne Arbeitsdruck (zusammen Essen, Feste feiern) stärken die zwischenmenschlichen Verbindungen. Vertrauen wächst, wo man sich als Mensch begegnet, nicht nur als Arbeitskraft.
Vertrauen ist wie ein Baum, der langsam wächst und tief verwurzelt ist. Ein einzelner Vertrauensbeweis kann der Anfang sein, doch es ist die Kontinuität, die sie festigt. Vertrauen ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Es wächst in kleinen Momenten durch Zuhören, Mitdenken und Dasein. Es ist etwas Leises, und es trägt - über Generationen hinweg.