Eine gute Kuh macht Muh, in Gruppen keine Mühen, gibt gehaltvolle Milch, ist langlebig, fruchtbar, kann im Tal und auf der Alp gehalten werden, ohne dass der Tierarzt ein ständiger Gast ist.

Und die gute Kuh ist, wenn es nach Georg Florin geht, braun. Eine gute Kuh ist eine Brown Swiss, und diese züchtet Georg Florin auf seinem Auhof in Serneus GR «mit Leib und Seele». Und mit seinen Braunen belegt er regelmässig die vorderen Plätze bei Braunviehschauen.

Wie letztes Jahr mit Gilberto Pilla an der IGBS-Schau, die im Rahmen der Tier & Technik stattfindet. Das dunkelbraune, neugierige und etwas verspielte Rindvieh wurde dort zur Königin ausgerufen. Der Erfolg war dabei so nicht geplant, «aber als wir festgestellt haben, das Pilla in Form ist, haben wir uns angemeldet», sagt Florin ein knappes Jahr später. Vielleicht war Pilla in der Form ihres 
Lebens, denn kurz darauf wurde sie in Cazis GR am Braunviehfestival erneut zur Königin erkoren.

Heuer nicht am Start

Heuer ist die braune Schönheitskönigin nicht in Form, sie hat nicht sofort aufnehmen wollen und ist damit nicht an der IGBS-Schau anzutreffen. Dafür fährt Florin mit Enkeln der Gerda-Linie auf. Die Tiere haben die gleiche Mutterlinie wie der Brown-Swiss-Stier Vidal, der ebenfalls aus Florins Stall kommt. Der Stier lebt nicht mehr, aber die Samendosen können nach wie vor gekauft werden.

Dass Florin auch dieses Jahr wieder nach St. Gallen fährt, ist nicht ganz selbstverständlich. Florin ist müde, ein bisschen abgekämpft. Er hat nach zweijähriger Bauzeit im Sommer das neue Haus fertig gestellt. Darunter gelitten hat nicht nur Florin, sondern auch der Viehhandel, der neben der Milchproduktion und den Pensionspferden das wichtigste Standbein für den Auhof ist, den Florin seit 2003 führt.

Wenn schon, dann richtig

Viehschauen sind für ihn deshalb ein wichtiges Schaufenster für seinen Betrieb. «Wenn ich teilnehme, dann mache ich es richtig», sagt er. Denn vom Ergebnis der Schauen hängt sein Ruf als Viehzüchter und Viehhändler ab. Der stämmige Prättigauer mag keine halben Sachen, setzt dabei klare Prioritäten.

Auf dem Hof sind das die Balance zwischen Arbeit, Freizeit und Familienleben. In der Viehzucht ist es das Euter. «Beim Euter mache ich keine Kompromisse», sagt er. Zwar ist auch die genomische Selektion für Florin ein wichtiger Bestandteil der Arbeit als Viehzüchter. «Aber was nützt mir eine Kuh, die kein gutes Euter hat?», fragt er, ohne die Antwort abzuwarten fährt er fort, «nichts. Das Euter muss einfach gut sein, vor allem wenn man eine hohe Milchleistung anstrebt. Und das ist auch das, was 
ich als Händler und Züchter gut verkaufen kann.»

Dabei richtet er seine Zuchtarbeit auch auf seine Kunden aus. Diese wollen eine mittelrahmige, ausgewogen proportionierte braune Kuh mit gutem Fundament und 
einem schönen Euter. «Eine gros­se Kuh mit mittlerem Euter kann ich nicht verkaufen. Aber eine mittlere Kuh mit einem guten Euter, die verkaufe ich immer gut», meint er. Abnehmer hat Florin in der Schweiz, in Österreich und im Südtirol. Dass dabei die Kühe aus der Gerda-Familie über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind, schmeichelt dem Züchter, der gerade wieder einen Stier auf 
seine Zuchteignung abklären lässt.

Bestechende Kühe

Für Florin ist die Qualität der Braunen bestechend – gerade im Prättigau. «Die braune Kuh hält sich gut auf Biobetrieben, kann aber auch auf hohe Milchleistung gezüchtet werden.» Diese Vielfältigkeit gefällt dem Züchter, der selbst eine standortgerechte, robuste, aber milchleistungsbetonte Kuh züchten will. Eine Kuh, die lediglich auf Raufutterbasis Milch gibt, wäre für ihn nicht das richtige. «Das ist zwar mit der Braunen möglich. Aber es ist nicht das, was ich und meine Kunden wollen», sagt Florin.

Eigentlich könnte Georg Florin jetzt aufhören. Sein Ruf und sein Kundenkreis haben sich etabliert, mit dem neuen Haus ist auch die 
Lebensqualität «viel besser» geworden. Aber ans Aufhören denkt Florin nicht. «Der züchterische Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Und wenn man schaut, wie weit man in den letzten Jahren gekommen ist, dann ist das beeindruckend.»

Die Familie Florin hat in den letzten dreissig Jahren immer gezüchtet, den Fortschritt hat er nicht nur miterlebt, sondern auch mitgeprägt. Seit drei Jahren bildet er nun Lehrlinge aus, die wegen der Braunviehzucht Inte­resse am Lehrmeister Florin haben. «Natürlich kann ich ihnen fachlich viel bieten. Aber eigentlich will ich auch die Freude und Motivation am Beruf Landwirt weitergeben.»

Agrarpolitik hinterlässt Spuren

Dabei nagen die erodierenden Produktpreise und die Agrarpolitik an Florins Selbstbewusstsein als Bauer. «Ich stehe ein für eine produzierende Landwirtschaft», sagt er. Die Landwirtschaft im Berggebiet sei immer ein Eingriff in die Natur, aber das wird häufig falsch verstanden. Es waren die Landwirte, die die kleinräumige Struktur im Alpenraum erst geschaffen haben. «Aber mit der Extensivierung geht Wissen verloren, wie in den Berggebieten eine intensive Landwirtschaft betrieben werden kann», erklärt Florin. Und meint damit eine Landwirtschaft, die gerade wegen ihrer intensiven Form die Biodiversität erhält.

Ob der Auhof dereinst von der dritten Generation weitergeführt wird, ist noch offen. Florins Ältester ist zehn Jahre alt. Wenn er den Betrieb übernehmen will, wird Florin wohl noch fünfzehn Jahre lang den Betrieb weiter besser positionieren und optimieren. Er wolle es schliesslich einfacher haben, sagt er. Und wenn nicht, dann könnte es eventuell sein, dass er dann seinen Beruf etwas 
ruhiger angehen wird.

Hansjürg Jäger

Dieses Porträt ist im Tier-&-Technik-Special der BauernZeitung erschienen. Haben Sie eines unserer Produkte abonniert, können Sie das Special auch online lesen.