Die Simmental- und Swiss-Fleckviehrasse gehen in der genombasierten Zuchtwertschätzung neue Wege. Um die Datenbank an Lernstichproben massiv zu erhöhen, sollen jetzt auch alle Natursprungstiere miteinbezogen werden. Ab diesem Herbst werden nun an den grösseren Stierenmärkten den Simmental- und SF-Stieren Haarproben entnommen, um sie typisieren zu können. Der Startschuss bildet der Stierenmarkt in Thun BE. Mit diesem System werden gleichzeitig die Abstammung kontrolliert und mögliche Erbkrankheiten eruiert.
Schriftliches Gesuch
Über mehrere Jahre soll dieses Projekt flächendeckend betreut werden. Auch SF- und Simmentalerstiere, welche linear beschrieben werden, müssen Haare lassen. «Weigert sich ein Stierenzüchter aus ethischen oder moralischen Gründen, muss er ein schriftliches Gesuch an Swissherdbook stellen», sagt deren Präsident Markus Gerber. Was bei Holstein und Red Holstein schon lang und gäbe ist, fehlt den Simmental und dem Swiss Fleckvieh: einen genügend grossen Pool mit Lernstichproben. «Je mehr Stiere und Töchter in diesem Pool sind, desto grösser sind die Vergleichszahlen und umso sicherer werden die genombasierten Zuchtwerte», fügt Gerber hinzu.
Auch die Finanzierung ist für dieses Projekt bereits geregelt. «Es ist vorgesehen, dass auf jeden abgegebenen Abstammungsausweis zusätzlich einen Franken erhoben wird», sagt Markus Gerber. Somit müssen die Stierenhalter die Typisierung auch nicht selber bezahlen. Nächstes Jahr sollten dann die ersten genomischen Zuchtwerte dieser Stiere publiziert werden können. «Für eine frühere Veröffentlichung fehlt schlichtweg der Datensatz, um daraus verlässliche Zahlen zu berechnen», sagt der Präsident. So sind diese Lernstichproben sozusagen der Startschuss dafür.
Nicht grundsätzlich dagegen
«Ich bin grundsätzlich nicht gegen die genomische Selektion», sagt Daniel Seematter, Präsident der IG Swiss Fleckvieh. Das Rad der Zucht stehe halt nicht still und man müsse, ob man wolle oder nicht, fast mitmachen. «Obwohl die genombasierte Zuchtwertschätzung immer sicherer wird, bin ich ganz klar der Meinung, dass unser bewährtes Prüfprogramm bei der Swiss-Fleckviehrasse beibehalten werden muss», sagt Seematter klar und deutlich. Für ihn sollte es auch weiterhin eine breite Palette von SF-Stieren geben, die zu jedem Betrieb passen. Seien es hornlose oder auch Stiere, die gesext verfügbar sind. «Wichtig ist, dass diese Stiere von den KB-Organisationen auch weiterhin aus den Betrieben angekauft werden.» Ähnlich sieht es Ueli Schärz, Mitglied der Rassenkommission Simmental bei Swissherdbook: «Wir dürfen uns vor der neuen Technologie nicht verschliessen», hält er fest. Wobei die genomische Selektion bei den Simmentaler nicht den gleich hohen Stellenwert habe wie bei Holstein. Den Grund sieht Schärz in der Grösse der Population, welche sich auch auf die Sicherheit niederschlage. «Bei den Simmentaler basiert die Genomik vorerst auf Milch, Fett und den Eiweissgehalt. In diesem Bereich können wir schon mal die schlechtesten Stiere eliminieren», ist Schärz überzeugt. «Aber es ist wichtig, dass in Zukunft auch andere Merkmale wie die Eutergesundheit oder die Fruchtbarkeit miteinbezogen werden», stellt er klar.
Vermehrt weibliche Tiere
Um in Zukunft die genomische Selektion noch sicherer zu machen, sollten nicht nur Stiere, sondern auch vermehrt weibliche Tiere typisiert werden. «Hier stehen vor allem die Gesundheitsdaten im Fokus», sagt Markus Gerber. So ist Swissherdbook auf der Suche nach Betrieben mit Viehbestand, welche nicht nur ihre Tiere genomisch testen lassen, sondern auch alle Gesundheitsdaten erfassen. Beim Holsteinzuchtverband zeigt die genomische Selektion schon Auswirkungen. So sei die heutige Strategie mit dem traditionellen Nachzuchtprüfen überholt. Per Ende Jahr werden somit alle Prüfverträge gekündigt und ersetzt. Ab 2017 sei das Holstein-Betriebsnetz nicht mehr ein Prüfnetz, sondern ein Netz zur Erfassung von zuverlässigen und qualitativ hochstehenden Daten, wie der Holsteinzuchtverband schreibt.
Peter Fankhauser