Der jüngste Gendefekt, den die amerikanischen Forscher bei der Holsteinrasse gefunden haben, betrifft die Kälber. Charakteristisch für diesen Defekt ist, dass ansonsten gesunde Tiere nicht aufrecht stehen können. Der verantwortliche DNA-Abschnitt befindet sich auf dem Chromosom 16. Der Zustand, der als Early Onset ­Muscle Weakness Syndrome (MW) ­bezeichnet wird, wurde insbesondere vom Stier Robust verbreitet. Dieses Syndrom wurde zuerst «Recumbency» genannt, schreibt Swissherdbook in einer Mitteilung.

Robust und Supersire

Da dieser Gendefekt in Nordamerika, wo Robust und Supersire weit verbreitet sind, von ­grosser Bedeutung ist und Diskussionen über eine offizielle Publikation im Gange sind, verfolgt die Schweiz die Diskussionen auch auf internationaler Ebene aktiv mit und ist bereit, den Status der genetisch getesteten Tiere zu gegebener Zeit zu veröffentlichen. Wie «Holstein International» schreibt, ist der 1984 geborene Holsteinstier Southwind der früheste bekannte Träger, obwohl das Tier, bei dem die Mutation zuerst auftrat, noch nicht ermittelt werden konnte. Über den Stier Sokrates, der aus einer Southwind-Enkelin stammt, ist der Defekt dann auf die Stiere Robust und Supersire gelangt.

Von beiden Eltern erben

Man geht davon aus, dass es sich bei der Problematik um einen rezessiven Defekt eines einzelnen Gens handelt, was bedeutet, dass sie nur Tiere betrifft, die diese Genmutation von beiden Eltern erben und somit reinerbig sind. Wie «Holstein International» weiter schreibt, beginnt die Erkrankung in der Regel innerhalb der ersten zwei Lebensmonate. Die Kälber leiden an Muskelschwäche, können nicht mehr richtig laufen und erkranken an Sekundärinfektionen wie Lungenentzündung oder müssen eingeschläfert werden.

Der Stier Bell Elton aus der Dellia-Familie

Den zweiten Gendefekt Blird (Bovine Lymphocyte Intestinal Retention Defect), der auch die ­Holsteinrasse betrifft, haben Forscher aus Frankreich entdeckt. Er betrifft die Immunität des Verdauungssystems. Entdeckt wurde das Ergebnis ­einer Mutation beim Stier Bell ­Elton, welcher aus der Dellia-Familie stammt. Blird scheint einen Defekt in der Retention von T-Zellen im Darm zu verursachen, der die Fähigkeit, Darmparasiten zu bekämpfen, verringert.

Was die Symptome betrifft, so deuten Untersuchungen darauf hin, dass die betroffenen Tiere eine durchschnittliche Wachstumsverzögerung von etwa 27 % und eine um 10 % höhere Sterblichkeitsrate bei den Jungtieren aufweisen. Zuchtorganisationen, Besamungsstationen und Qualitas AG arbeiten mit der Unterstützung des Instituts für Genetik der Universität Bern zusammen, um Stiere im aktuellen Besamungsangebot zu testen. Gleichzeitig verfolge die Schweiz die Diskussionen auf internationaler Ebene über die Nomenklatur und die Veröffentlichung des Status der genetisch getesteten Tiere, schreibt Swissherdbook.Peter Fankhauser