Ferkel und Kälber können an diversen «Kinderkrankheiten» leiden. Typisch sind etwa Durchfall, Kälbergrippe und Atemwegsinfekte. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) sieht den Einsatz von Kräutern und Arzneipflanzen als begleitende Massnahme zur schulmedizinischen Therapie. Gegenüber klassischen Medikamenten haben pflanzliche Präparate allerdings einige Vorteile – auch wenn ihre Wirkung in der Regel schwächer ist.

Eine nützliche Bereicherung

DossierTiergesundheitAktuelles aus der StallapothekeDonnerstag, 9. Februar 2023 Im Merkblatt zur Phytotherapie wird eingangs betont, wie wichtig die Krankheitsprävention z. B. über entsprechende Haltungsbedingungen ist. Arzneipflanzen könnten eine suboptimale Haltung oder Unstimmigkeiten im Management nicht ausgleichen, schreiben die Autoren. Sie haben aber einige andere Eigenschaften, die ihren Einsatz lohnend machen können:

  • Milde Wirkung, wenige Nebenwirkungen, gute Verträglichkeit
  • Bereicherung des Geruchs- und Geschmackserlebnisses der Tiere
  • Umweltschonend (Abbauprodukte meist vollständig in der Umwelt abbaubar und grundwasserneutral)
  • In der Regel kostengünstig

Grenzen sieht man bei hochgradigen, akuten, lebensbedrohlichen oder schmerzhaften Erkrankungen, bei denen es einer konventionellen Therapie bedürfe.

Grosses Wissen in der Schweiz

Die Arbeit des FiBL förderte von 2011 bis 2016 über 1000 Hausmittelrezepturen mit rund 1700 Anwendungen zutage – alles bäuerliches Wissen aus der Schweiz. Meist seien mit den traditionellen Verfahren Rinder äusserlich oder mit einer Gabe in den Mund wegen Hautveränderungen und Wunden, Magen-Darm-Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen behandelt worden. Vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstands schätzen die Autoren einen wesentlichen Teil der eingesetzten Rezepturen als sinnvoll ein. Das Merkblatt enthält eine Tabelle mit 18 Pflanzen, ihren Anwendungsgebieten, Zubereitung und Dosierung für Ferkel oder Kälber, die auf dem überlieferten Wissen von Bäuerinnen und Bauern basiert.

Vielversprechendes aus wissenschaftlicher Sicht

Neben der Zusammenstellung dieses Erfahrungswissens wurde eine Literaturstudie durchgeführt, die folgende Arzneipflanzen als besonders vielversprechend identifizierte:

Verdauungstrakt: Knoblauch, Pfefferminze, Salbei

Atemwege: Purpur-Sonnenhut, Thymian, Eibisch

Immunsystem und Entzündungen: Purpur-Sonnenhut, Schwarz- und Grüntee, Süssholz

Ein Praxisversuch am FiBL hat gemäss Merkblatt die Wirkung von Sonnenhut in niedriger Dosierung gegen Kälberdurchfall bestätigt (44 Prozent weniger Durchfalltage im Vergleich zur Kontrollgruppe). Ferkel, die täglich 300g Knoblauchpulver pro kg Körpergewicht erhielten, zeigten im Vergleich zur Placebogruppe eine verbesserte allgemeine Gesundheit und höhere Tageszunahmen, wenn auch nicht immer auf den Einsatz von Antibiotika verzichtet werden konnte.

Ähnlich gute Ergebnisse zeigen die geschilderten Fallbeispiele (Tee und Kräutermischungen gegen leichten Durchfall bei frisch abgesetzten Ferkeln und gegen leichten Kälberhusten mit Augen- und Nasenausfluss mit teilweise leicht erhöhter Temperatur sowie mit Pflanzen behandelte, lebensschwache Lämmer mit Durchfall).

Das FiBL-Faktenblatt «Kälber und Ferkel mit Arzneipflanzen stärken» finden Sie hier.

 

Rechtliche Aspekte
Wichtig zu beachten bei der Verabreichung von Arzneipflanzen ist der rechtliche Rahmen dafür. «Pflanzen zu verabreichen, die auf dem eigenen Betrieb angebaut oder gesammelt werden, obliegt der Eigenverantwortung des Landwirts», heisst es im FiBL-Merkblatt. Die darin aufgeführten Pflanzen würden in der angegebenen Dosierung in tierischen Produkten keine Rückstände hinterlassen, die für Konsument(innen) gefährlich sind.