Sie sind die Jahreshöhepunkte für Eringerzüchter und Fans: Die sogenannten Stech­feste, an denen die stärksten Kampfkühe der Schweiz gegen einander antreten. Aufgrund der Corona-Krise darf im Wallis aber heuer keine «Königin der Königinnen» gekrönt werden.

Kämpfende Kühe als Fotosujet

Zu den beliebten Fotosujets der Walliser Tourismusorganisationen gehören Bilder von kämpfenden Eringerkühen. So könnte leicht das Vorurteil entstehen, die muskelbepackten, schwarzen Eringer seien von Natur aus aggressive Tiere, die von ihren Haltern zur reinen Unterhaltung in den Ring geführt würden. In Wahrheit handelt es sich aber um äusserst duldsame und friedliche Tiere, die ihr Aggressionspotenzial nur in den Kämpfen aktivieren. Diese Ringkämpfe, das «Stechen» wie es die Walliser nennen, sind ein wichtiges Element im Sozialverhalten der Tiere, die einen starken Herdenzusammenhalt haben. Jede Herde ermittelt ihre Leitkuh, indem die Tiere gegeneinander zum Ringkampf antreten. So kristallisiert sich nach und nach die dominanteste Kuh heraus, die in der Folge die «Königin» ihrer Herde ist.

Eringer werden meist im Nebenerwerb gehalten

Somit liegt das Stechen in der Natur der Eringer, für die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ein Zuchtstandard gilt und seit 1920 ein eigener Zuchtverband besteht. Haltung und Zucht von Eringerkühen sind im Wallis eine beliebte und angesehene Beschäftigung, die meist im Nebenerwerb aus purer Leidenschaft und mit viel Aufwand betrieben wird. Der kleine, massige Eringer ist eigentlich eine klassische Zweinutzungsrasse, die sich bestens für die Schweizer Berggebiete eignet. Trotzdem stehen Fleisch- und Milchproduktion für die meisten Züchter und Halter nicht im Vordergrund

So läuft ein Kampf ab

Neben den Kämpfen, welche die Kühe in ihrer eigenen Herde und auf der Alp austragen, finden in Kuhkampfarenen im ganzen Wallis im Frühling und Herbst organisierte Wettkämpfe statt. Diese Stechfeste sind zum einen «Szenetreffen», wo Züchter und Besitzer ihre Tiere antreten lassen und die Möglichkeit zum Vergleichen finden. Zum anderen sind die Anlässe veritable Zuschauermagneten und die Plätze in den Arenen sind jeweils gut besetzt. Für die Wettkämpfe werden die Kühe anhand ihres Alters und Gwichts in Klassen eingeteilt, sodass immer ungefähr gleich alte und gleich schwere Tiere gegen einander antreten. Beobachtet von einer Jury, welche die einzelnen Zusammenstösse der Kühe zählt, treffen die Tiere im Ring aufeinander. Dabei werden sie von Treibern, den sogenannten «Rabatteuren» begleitet, die achtgeben, dass jeweils nur zwei Kühe gegeneinander antreten. Beim Aufeinandertreffen muss es nicht zwingend zum Kampfkommen, denn vielfach anerkennen unterlegene Kühe die Übermacht ihrer Gegnerin und geben kampflos auf. Kommt es hingegen zu einem Kampf, bietet sich den Zuschauern ein beeindruckendes Schauspiel. Da verschiedene Vorsichtsmassnahmen getroffen werden, sind gröbere Verletzungen sehr selten.

100. Jubiläumsjahr des Eringerzuchtverbands fällt ins Wasser

Dass in diesem Frühling die Qualifikationskämpfe ausfallen und auch das Nationale Finale im Herbst nicht stattfinden kann, ist für den Eringerzuchtverband besonders bitter, schliesslich wäre es das 100. Jubiläumsjahr des Verbandes. Das nächste Nationale findet am 08. Mai 2021 in Sion statt. Ob die Wettkämpfe im Herbst stattfinden können, ist im Moment noch ungewiss und abhängig von den Weisungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG).