Die rasch aufziehenden Gewitterwolken entsprachen der Stimmung der gegen 150 Bauern und einigen Bäuerinnen. Die trafen sich letzten Montagabend beim BBZN Hohenrain.  «Es rumort bei den Bauern vor allem im Seetal, der Druck wächst, dass jetzt etwas gehen muss», meinte einleitend Heinz Schmid, Präsident des Bäuerinnen- und Bauernvereins Unteres Seetal. Zur Bauernversammlung «Phosphorverordnung wie weiter?» hatten sechs bäuerliche Organisationen aus den Luzerner Seeeinzugsgebieten eingeladen (siehe auch BauernZeitung vom 14. August).

Ernüchternde Ergebnisse

Heinz Schmid blickte zurück auf die Bemühungen einer bäuerlichen Vertretergruppe, sich gegen die strengen Phosphor-Auflagen zu wehren. Das sei ernüchternd gewesen, die gemachten Vorschläge seien ignoriert worden. Zwar um ein Jahr geschoben, aber kaum geändert, wurde die angepasste, deutlich strengere Phosphorverordnung Mitte  Juni vom Luzerner Regierungsrat in Kraft gesetzt (siehe Kasten). Diese Einschränkungen hätten viele Bauern vor den Kopf gestossen, erklärte Heinz Schmid. Dies sei auch eine klare wirtschaftliche Benachteiligung der Bauern in den Seeregionen.

Normprüfverfahren gefordert

Nach rechtlichen Abklärungen und Absprachen mit den Organisationen sei aufgrund der Initiative von Landwirt Urs Isenegger aus Kleinwangen deshalb fristgerecht innert 30 Tagen Ende Juli Einsprache gegen die Verordnung erhoben, beziehungsweise beim Verwaltungsgericht ein sogenanntes Normprüfungsverfahren verlangt worden.  Daran hätten sich über 145 Bauern beteiligt. Für Schmid ist es richtig, dass nicht ein Verein, sondern die Direktbetroffenen sich direkt per Beschwerde wehren. Konkret sollen einige Paragrafen der Verordnung mit den strengeren Düngeauflagen aufgehoben werden und die ursprünglichen Bestimmungen der Verordnung von 2015 wieder in Kraft gesetzt werden.

Bauern als Sündenböcke

Urs Isenegger begründete ausführlich, wieso nun der Rechtsweg eingeschlagen wurde. «Die Zitrone ist ausgepresst.» Die Landwirtschaft werde immer mehr belastet und mit Vorschriften eingeengt, und müsse als Sündenbock herhalten. An den Altlasten an Phosphor im See seien die Bauern nur teilweise beteiligt. Isenegger wies auf die Zeit vor den Kläranlagen hin, auf das Bevölkerungswachstum in der Region und auf die Überläufe von Abwasser bei Regenfällen. Im Übrigen konnten die P-Frachten in die Seen in den letzten Jahrzehnten markant gesenkt werden. «Das Problem ist zu 95 Prozent gelöst, die neuen Vorschriften sind unverhältnismässig und die P-Zielwertfestlegung willkürlich.» Und die gesetzliche Grundlage für die neuen Vorschriften sei ungenügend.

«Die Rechtsgrundlage für die Phosphor-Verordnung ist ungenügend.»

Landwirt Urs Isenegger initiierte die Beschwerde gegen den Regierungsbeschluss vom Juni.

Ein Zeichen setzen

Er warnte auch vor den finanziellen Folgen der strengeren P-Vorschriften, wie sinkende Steuereinnahmen für die Gemeinden und dem Risiko, dass bei Nichteinhaltung den Bauern die Direktzahlungen gekürzt werden. Der Eingriff in die Eigentumsgarantie und Wirtschaftsfreiheit sei nicht zu rechtfertigen. Es gelte nun ein Zeichen zu setzen und nicht mehr alles hinzunehmen.

Isenegger warnte allerdings vor Illusionen, sollte die Beschwerde vor Verwaltungsgericht erfolgreich sein. Dann würden die vom Bund zugesicherten Gelder für das Phosphorprojekt III entfallen, und gemäss Direktzahlungsverordnung kann der Bund in belasteten Gebieten gleichwohl Phosphoreinschränkungen verfügen. «Der Wegfall von Bundesbeiträgen ist aber das kleinste Übel gegenüber all den Folgen und Auswüchsen der rechtlich abstrusen Phosphorverordnung», meinte Isenegger.

Einhellig für eine neue IG

Die Beschwerde sei erst der Anfang, künftig wollten sich die produzierenden Bauern in den Zuströmbereichen von Baldegger-, Hallwiler- und Sempachersee generell gegen P-Vorschriften wehren, betonte Schmid. Bisher sei man nicht genügend organisiert gewesen, habe oft zu spät reagiert. Die Betroffenen müssten mehr zusammenstehen und proaktiv agieren, im Bewusstsein, dass man zwar nur eine Minderheit sei. Einhellig beschloss die Bauernversammlung, die Gründung einer neuen IG zu forcieren, bestehend aus den sechs beteiligten Sektionen des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands. Die bisherige bäuerliche Vertretergruppe habe ihre Arbeit getan. 

Keine Agrarlobby

LBV-Präsident Jakob Lütolf gratulierte zu dieser bäuerlichen Basisbewegung, dies sei Beweis, dass eben nicht eine «Agrarlobby» dahinterstehe. Er begrüsste dieses Vorgehen sehr, eine IG mit einem starken Verband im Hintergrund sei am besten geeignet, effizient einzelne Interessen zu vertreten. Er versprach administrative und finanzielle Unterstützung des LBV zur Gründung. Noch offen ist allerdings, wie eng die Beziehung zum Verband künftig sein soll, ob völlig eigenständig oder als neue LBV-Sektion.  In der anschliessenden Diskussion wurden auch die Gemeindeverbände der Seegebiete kritisiert, dort sässen teils Vertreter mit abstrusen Vorstellungen, wie die P-Problematik und die Seesanierung anzugehen seien.

 

Die neue Phosphorverordnung

Die angepasste Luzerner Phosphorverordnung gilt ab Januar 2021. Bisher waren viele Massnahmen zur Seesanierung freiwillig, die Bauern konnten sich im Rahmen des Seevertrags daran beteiligen und wurden entschädigt. Ein freiwilliger Seevertrag, mit finanziell abgegoltenen Massnahmen ist zwar auch künftig möglich. Allerdings gelten neu für alle Betriebe restriktive Grundanforderungen bei der Düngung. So dürfen im Zuströmbereich des Baldeggersees nur noch 80 Prozent des P-Bedarfes gedüngt werden, beim Sempachersee 90 Prozent. Zudem gilt ein Aufstockungsverbot und der Einsatz von mineralischem Phosphordünger ist nicht mehr erlaubt. So sollen die hohen Phosphorvorräte in den Böden abgebaut und die Frachten in den See reduziert werden.