Es gibt zig Quarantäneorganismen, die meldepflichtig sind und die bekämpft werden müssen. Die einen sind sichtbar – so wie die acht bis zwölf Millimeter grossen Japankäfer, die diesen Sommer in Kloten auftraten. Andere Schädlinge wie Bakterien oder Viren sind mit blossem Auge nicht erkennbar. Dazu zählt das Jordanvirus, welches Tomaten und Paprikapflanzen befällt.

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Resistente Sorten symptomfrei, aber Überträger

[IMG 3] Es ist schier unglaublich, wie sich das Jordanvirus innert kürzester Zeit in Europa verbreitet hat. 2018 wurde in Deutschland erstmals ein Befall entdeckt. Aber inzwischen hat man das Virus in Grossbritannien auf über 80 Prozent von Supermarkt-Tomaten gefunden. In den Niederlanden sind bei über 60 Prozent der Betriebe die Tomaten befallen. Dabei stellte man fest, dass resistente Sorten zwar symptomfrei sind, aber das Virus übertragen können.

Diesen kurzen Überblick gab Jens Ehlers, Doktorand mit Fachgebiet Phytomedizin, Humboldt-Universität Berlin, der nun als wissenschaftlicher Vertriebsberater der Menno Chemie tätig ist. Anlässlich einer Tagung, die Omya (Schweiz) AG Agro in Oberriet SG organisierte, erklärte Ehlers Übertragungswege und Hygienemanagement. 

Einschneidende Tilgungsmassnahmen

AboDie Symptome des Jordan-Virus sind wie beim betroffenen Thurgauer Betrieb häufig unscheinbar und unspezifisch. Zudem sind sie von der Sorte abhängig.GemüsebauBekämpfung des Jordan-Virus: «Die Hygiene ist sehr konsequent umzusetzen»Montag, 31. Januar 20222021 wurde in der Schweiz erstmals ein Virusbefall festgestellt. «Seither geht es Schlag auf Schlag», sagte Stefanie Rost vom Eidgenössischen Pflanzenschutzdienst. 2022 gab es vier Ausbrüche. Wenn ein Befall festgestellt wird, gelten amtlich verfügte Tilgungsmassnahmen, die für betroffene Betriebe sehr einschneidend sind. Der Ausbruch von 2021 und bereits zwei der Ausbrüche von 2022 konnten laut dem Bundesamt für Landwirtschaft erfolgreich getilgt werden.

Sogar in Matratzen

Ist das Jordanvirus einmal da, führen auch kleinste Konzentrationen zu Ansteckungen. Jens Ehlers konnte nachweisen, dass der Erreger nicht nur in Gewächshäusern, sondern auch in Verpackungshallen, an Kleidung, Handschuhen, Überziehern, Werkzeugen, in Unterkünften (bis hin zu den Matratzen) und in Betriebsfahrzeugen zu finden ist.

Zur Sanierung ist ein immenser Reinigungs- und Desinfektionsaufwand nötig. Dafür hat Menno Chemie ein ganzes Reinigungsset mit dem Wirkstoff Benzoesäure produziert, das Omya Schweiz vertreibt. Die unterschiedlichen Reinigungsprodukte und Desinfektionsmatten sind geeignet für Gewächshäuser und andere Räumlichkeiten. Dazu kommen Spezialwaschmittel zur Reinigung kontaminierter Kleidung (laut Ehlers reichen dafür handelsübliche Waschmittel nicht) sowie spezielle Handreinigungsmittel.

Richtig applizieren

[IMG 4] Mittel und Wirkstoff sind das eine, wichtig für die Bekämpfung ist aber auch die Art der Applikation. In Oberriet zeigte Samuel Guggisberg, Lohnunternehmer aus Zimmerwald BE, wie man den Jordankäfer mittels Schaumapplikation bekämpfen kann. Dafür waren er und sein Mitarbeiter Matthias Schneider mit ihrer mobilen Skumix-Verschäumungsanlage-Anlage angereist. Gegenüber anderen Applikationstechniken wie Vernebeln oder Spritzen sei die Schaumapplikation von Vorteil, hiess es seitens von Menno Chemie an der Tagung. Der Wirkstoff könne gleichmässig verteilt werden, die Kontaktzeit sei länger und eine visuelle Kontrolle sei möglich – zumal die Arbeitssicherheit besser sei, weil es kaum Aerosole gebe. 

Guggisbergs Skumixanlage ist auf einem Anhänger aufgebaut und sorgt mit zwei Arbeitsplätzen für eine speditive Desinfektion des Gewächshauses. Der betroffene Betrieb muss Strom (32 Amperestecker) und Wasser zur Verfügung stellen. Das Wasser wird über eine Osmoseanlage standardisiert.

Dreck muss zuerst weg

Aber, und darauf wiesen sowohl Samuel Guggisberg als auch Jens Ehlers hin, zuerst müsse der Schmutz weg, erst dann könne man desinfizieren. Die Keime sitzen im Innern von Schmutzpartikeln oder Pflanzenresten. Dadurch gelange der Wirkstoff nicht, nur verzögert oder mit viel geringerer Konzentration an den Wirkungsort. Dadurch steige die Aufwandmenge und verlängere sich die Einwirkungszeit.

Eine Verschäumungsanlage wie sie Samuel Guggisberg hat, ist wohl einzigartig in der Schweiz. Aber das Lohnunternehmen Guggisberg stellt auch eine kleinere, handliche Skumixanlagen zum Ausmieten zur Verfügung. Auch Pius Fleischmann von Omya hat so eine Anlage, die man ebenfalls ausmieten könne, sagte Adrian Imhof, ebenfalls von Omya. [IMG 5]

Mehr Infos: 

Omya (Schweiz) AG Agro

Eidgenössischer Pflanzenschutzdienst