«So schlimm wie an den vergangenen Wochenenden war es noch nie», sagen Bea und Stefan Bütler-Amhof vom Obermoos in Hämikon. Bis zu 60 Autos parkierten an einem schönen Sonntag vor rund zwei Wochen wild in ihren Landparzellen nahe des Waldes, an der Strasse von Hitzkirch nach Muri. Das Gebiet ist oft nebelfrei, der nahe Wald, das Gasthaus Hämikerberg, aber auch der nahe Horben sind beliebte Ausflugsziele und offensichtlich ein Naherholungsgebiet für viele Spaziergänger, die dem Nebel im Tal entweichen. Offizielle Parkplätze gibt es in der Umgebung oder am Waldrand aber kaum.
Blumenwiese seit 2009
Auf den 22 ha Nutzfläche in der Talzone werden von Bütlers auch 7 ha ackerbaulich genutzt, mit Futtergetreide, vor allem Weizen, Triticale, Gerste, aber auch Mais und Raps. Der Rest ist Grünland, davon sind über 1 ha ökologische Ausgleichsfläche. Dazu gehört auch eine rund 46 Aren grosse Blumenwiese, welche die Eltern/Schwiegereltern schon 2009 ansäten. «Auf dieser Biodiversitätsförderfläche ist inzwischen bald ganzjährig ein reger Autoparkplatz entstanden, vor allem sonntags», erklärt der Landwirt.
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Boden verschmiert
Schon seit bald 20 Jahren sei gelegentlich ungefragt in die Wiese parkiert worden. «Im Winter und im Sommer, einige Leute scheuen sich auch nicht, ins hohe Gras zu parkieren.» Seit Corona habe sich die Situation aber massiv verschärft, und die Autos hätten Kennzeichen aus vielen Kantonen. Es habe schon früher einige Fahrspuren am Parzellenrand gegeben, aber so massive Landschäden wie derzeit sind neu. Im Winter sei der Boden zwar häufig gefroren. «Die Verdichtung und das Geschmiere entsteht aber vor allem bei Tauwetter am späteren Nachmittag.»
Gebühren einziehen?
Schon die vorherige Generation habe versucht, das Gespräch zu suchen und Parkgebühren einzukassieren, das sei gar nicht gut angekommen und wohl auch rechtlich kaum zulässig. Stefan Bütler weiss allerdings aus einer anderen Gemeinde mit ähnlicher Situation, dass die Grundeigentümer den illegal parkierten Autos einen Brief unter die Windschutzscheibe legten mit der Aufforderung, für die Umtriebe einen Betrag einzuzahlen, sonst erfolge eine Anzeige. Auf Abschrankungen oder Parkverbote hätten sie bisher verzichtet, «das verlagert ja nur das Problem zu Nachbarparzellen.»
«Parkverbote verlagern das Problem nur.»
Für Gemeindepräsident David Affentranger braucht es andere Lösungen.
Parkplätze ermöglichen
Bütlers können sich durchaus vorstellen, der Gemeinde Flächen für Parkplätze zur Verfügung zu stellen. Die könnten landschaftsverträglich angelegt werden, nicht versiegelt, sondern als Schotterrasen oder Rasengittersteine. Derzeit stellten sich aber raumplanerische Schwierigkeiten in der Landwirtschaftszone.
Dazu meint der Hitzkircher Gemeindepräsident David Affentranger, dass es durchaus Bestrebungen gebe für Parkplätze, aufgrund des grossen Bedürfnisses in solchen Naherholungsgebieten. «Die diesbezüglichen gesetzlichen Grundlagen machen die Umsetzung aber nicht unbedingt leicht.» Die Anliegen würden aber sicher in die laufende Revision des kantonalen Richtplanes einfliessen. In Abklärung seien derzeit das Platzieren von Fahrverboten oder Absperrungen. Wobei solche das Problem nicht lösen, sondern nur verlagern. Und Leute anzuzeigen, sei wohl auch nicht jedermanns Ding. Zudem liege diese Kompetenz in diesem Fall in der Zuständigkeit des Grundeigentümers, nicht bei der Gemeinde.
Blumenwiese gefährdet
Jedenfalls tangiert die jetzige Dimension der Landschäden die Qualität der Blumenwiese. «Wir haben diese in all den Jahren gepflegt und erfreuen uns jeden Frühsommer an der enormen Artenvielfalt.» Nun müsse wohl auf einem Teil der Boden ausgebessert und sogar nachgesät werden. Jedenfalls rechnet der Landwirt mit einem erhöhten Unkrautdruck. Deshalb hat er die Kontrollorganisation Qualinova über die Situation informiert. «Damit ich nicht bei einer Kontrolle mit Abstrichen rechnen muss.»
Qualinova habe nun eine Aktennotiz zum Landschaden auf dieser Ökofläche hinterlegt.
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Mutterkühe und Schweine
Bütlers bewirtschaften mit Hilfe der Eltern/Schwiegereltern einen Mutterkuhbetrieb mit 35 Kühen und setzen auf Limousinzucht. Nur selten produzieren sie Natura-Beef, die meisten männlichen Jungtiere, aber auch einige weibliche, werden als Zuchttiere verkauft oder selber aufgezogen. Ein weiteres Standbein ist Schweinezucht, im Vorjahr wurde der Stall umgebaut, mit 21 Abferkelplätzen und eigener Aufzucht. «Wir bauten nach dem neuesten System von Stalleinrichter ATX, im Low-Energie-Konzept», erklären Bütlers.
Im Nebenerwerb setzt Stefan auf Grüngut-Schredderarbeiten für vier Gemeinden und sorgt für den Unterhalt, heisst Mäharbeiten an Strassenrändern und Böschungen.
Die rechtliche Situation
Stefan Bütler hat sich bei einem Rechtsberater über Möglichkeiten erkundigt, was er gegen das illegale Parkieren tun könne. Wenn die Verursacher von Landschäden nicht identifiziert werden können, bleibe nur die Anzeige bei der Polizei. Da Sachbeschädigung nur vorsätzlich begangen werden könne, müsste nachgewiesen werden, dass die Verursacher(innen) mindestens damit gerechnet hätten, einen Schaden zu verursachen. Das sei aber schwierig zu beweisen.
Grundsätzlich gibt es gemäss Zivilgesetzbuch Art. 699 ein Betretungsrecht für Wald und Weiden, nicht aber automatisch auch für Wiesen. Und es gilt auch nicht für das Befahren. Wenn Schäden ausgeschlossen werden könnten, so bei frisch gemähten Wiesen oder Äckern während der Vegetationsruhe bei gefrorenem Boden, könne der Gang über Wiesen oder Äcker nicht verboten werden. Wenn hingegen ein schutzwürdiges Interesse besteht, das heisst Kulturen beschädigt werden könnten, gilt ein Betretungsverbot. Landeigentümer könnten allenfalls von der Gemeinde verlangen, dass diese temporäre Parkverbotstafeln aufstellt oder Abschrankungen oder Zäune errichtet.
Beschädigte Wiese - was tun?
Bei der Kontrolle einer Biodiversitätsförderfläche werde überprüft, ob die geforderten Vorgaben eingehalten wurden, sagt Stephan Furrer von Qualinova. Sollte dies nicht der Fall sein, wird der Sachverhalt (fehlende Grasnarbe, fehlende Anzahl Blumen, mit Baumaterial belegt, Holzlagerplatz, Parkplatz usw.) aufgenommen. Eine allfällige Kürzung gehe zu Lasten des Gesuchstellers bzw. des Betriebs.
Die Ursachen seien bei der Feststellung nicht relevant, würden aber notiert. Es könne eine Feststellungsüberprüfung verlangt werden, und gegen Kürzungen könne nach dem Direktzahlungsentscheid Rekurs eingelegt werden. Aktuell sind Furrer keine Kürzungen bekannt. «Die Schäden wurden immer behoben und sind somit bei den Kontrollen nicht beanstandet worden.»
Um allfälligen Kürzungen vorzubeugen, gebe es neben den präventiven Schutzmassnahmen zwei Optionen: Bei planbaren Ereignissen (wie Parkplatz für Kilbi, Schwingfest, Drainagen usw.) kann bei der kantonalen Dienststelle Lawa ein Gesuch für Fremdnutzung gestellt werden. Bei nicht planbaren Ereignissen (wie aussergewöhnliche meteorologische Vorkommnisse) kann Artikel 106 der Direktzahlungsverordnung (höhere Gewalt) angerufen werden.