Der Ertragsunterschied zwischen den Versuchen im ÖLN- und Extenso-Anbau von etwa 10 dt/ha ist ähnlich hoch wie 2021, jedoch deutlich tiefer als im Jahr 2020, geht aus einer Medienmitteilung der Branchenorganisation Swiss Granum hervor. Dies erkläre sich durch die trockenen Witterungseinflüsse im Frühjahr, wird vermutet.

Das Versuchsnetz wird von Agroscope und Swiss Granum koordiniert, welche in Zusammenarbeit mit der Groupe Culture Romandie und dem Forum Ackerbau die Sortenversuche durchführen. Die Ergebnisse dienen ausschliesslich zur Beurteilung der Sortenversuche und sind keine Beurteilung der Gerstenernte in der Schweiz.

Ertrag 15 % über Vorjahr

Der Ertragsdurchschnitt liegt sowohl im ÖLN-Anbau (95,7 dt/ha) als auch im Extenso-Anbau (86,1 dt/ha) etwa 15 % höher im Vergleich zu 2021. Die Witterungsbedingungen während der Saison 2021/ 2022 waren deutlich besser als im Vorjahr mit milden Temperaturen insbesondere im Frühling. Die Frühlingstrockenheit erklärt vermutlich, wieso das Ertragspotenzial im ÖLN-Anbau trotz höherer Stickstoffversorgung nicht besser ausgenutzt werden konnte. Im Extenso-Anbau waren die Erträge in der Westschweiz deutlich höher im Vergleich zur Deutschschweiz. An zahlreichen Standorten gab es Probleme mit der Standfestigkeit wegen Gewittern. Der Standort im Kanton Jura musste aufgegeben werden wegen Hagel.

Der Krankheitsdruck variierte stark an den unterschiedlichen Standorten – Rhynchosporium-Blattflecken wie auch Sprenkelnekrosen waren am häufigsten verbreitet. Zusätzlich wurden an einigen Westschweizer Standorten Gelbrostinfektionen verzeichnet. Das Gelbverzwergungsvirus war von geringer Bedeutung.

Hohes Hektolitergewicht erzielt

Eine starke Variation zwischen den unterschiedlichen Standorten gab es auch beim Kornproteingehalt und Hektolitergewicht. Die Hektolitergewichte liegen sowohl im ÖLN-Anbau (67,0 kg/hl) als auch im Extenso-Anbau (67,3 kg/hl) deutlich über den Werten im Vorjahr (61,5 kg/hl ÖLN, 60,0 kg/hl Extenso) und auch höher als in 2020 (65,7 kg/hl ÖLN, 64,5 kg/hl Extenso).

Die Proteingehalte sind mit 11,7 % (ÖLN-Anbau) respektive 10,5 % (Extenso-Anbau) eher mittelmässig. 2021 waren die Werte leicht tiefer (11,1 % ÖLN, 10,1 % Extenso), 2020 jedoch höher (12,4 % ÖLN, 10,7 % Extenso).

Esprit erneut an der Spitze

Esprit erreicht den höchsten Ertrag mit 102,3 dt/ha im ÖLN-Anbau und 90,5 dt/ha im Extenso-Anbau. Dicht gefolgt an zweiter Stelle im ÖLN-Anbau liegt SY Galileoo mit 101,0 dt/ha. Im Extenso-Anbau ist die Hybridsorte gleichauf mit Esprit. An dritter Stelle im ÖLN-Anbau liegt KWS Higgins mit 99,3 dt/ha.

Im Extenso-Anbau folgt an dritter Stelle Adalina mit 86,5 dt/ha. Darauf folgen KWS Orbit und KWS Higgins mit 86,1 dt/ha.

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Bei den zweizeilige Sorten SU Celly an der Spitze

Bei den zweizeiligen Sorten ist im ÖLN-Anbau nach wie vor SU Celly an der Spitze (91,2 dt/ha) gefolgt von SU Laubella (89,5 dt/ha) und KWS Tardis (88,6 dt/ha). Im Extenso-Anbau steht KWS Tardis an der ersten Stelle, gefolgt von SU Celly (82,7 dt/ha) und SU Laubella (82,2 dt/ha).

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Das höchste Hektolitergewicht erzielt Adalina mit 69,0 kg/hl im Extenso-Anbau respektive 68,3 kg/hl im ÖLN- Anbau. Das höchste Hektolitergewicht bei den zweizeiligen Sorten erreicht SU Celly mit 67,2 kg/hl im Extenso-Anbau und 67,0 kg/hl im ÖLN-Anbau und somit beinahe gleichauf mit SY Galileoo (sechszeilig).

SU Celly und Adalina haben die höchsten Proteingehalte sowohl im ÖLN-Anbau (12,5 % respektive 12,2 %) sowie auch im Extenso-Anbau (beide 11,0 %). Darauf folgen KWS Tardis (11,9 %) und SY Galileoo (11,7 %) im ÖLN-Anbau.

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Sortenempfehlung für die Aussaat 2022

Die diesjährige Gerstenernte erfolgte früh und die Erträge sowie die Hektolitergewichte sind deutlich besser als im Vorjahr. Die Basis der Sortenempfehlung liefern die zweijährigen Resultate 2021-22 des Versuchsnetzes im ÖLN- und Extensoverfahren. Das Versuchsnetz wird von Agroscope und Swiss Granum koordiniert, die in Zusammenarbeit mit der Groupe Culture Romandie und dem Forum Ackerbau die Sortenversuche durchführen.

Zweilzeilige: KWS Tardis und SU Celly mit typisch hohem Hektolitergewicht
Die neue zweizeilige Sorte KWS Tardis bringt im zweijährigen Durchschnitt hohe Erträge im Extensoanbau, dicht gefolgt von SU Celly (siehe Tabelle «Extenso»). Die beiden Sorten können sich an dritter beziehungsweise vierter Stelle nach Esprit und SY Galileoo einreihen. Beide überzeugen mit einem für zweizeilige Sorten typisch hohen Hektolitergewicht (HLG).

Im ÖLN liegt SU Celly etwas zurück (siehe Tabelle «ÖLN»). Verantwortlich dafür ist der eher unterdurchschnittliche Ertrag in diesem Jahr verglichen zu 2021. Die ebenfalls neu aufgenommene Sorte SU Laubella liegt im Extenso hinter den beiden anderen Sorten. Im ÖLN bleibt sie vergleichbar mit SU Celly. SU Laubella kann mit einem höheren Proteingehalt und einer besseren Winterfestigkeit gegenüber KWS Tardis punkten. Die bekannten Sorten KWS Cassia und Maltesse wurden nicht mehr in den Versuchen getestet und befinden sich das letzte Jahr auf der Liste der empfohlenen Sorten (LES).

Hybrigsorten: SY Galileoo beste Sorte im ÖLN
Die Hybride SY Galileoo erzielte 2022 den zweithöchsten ÖLN-Ertrag. Im zweijährigen Durchschnitt ist sie sogar die beste Sorte im ÖLN. Im Extenso ist sie gleichauf mit Esprit. Ihr HLG ist vergleichbar mit SU Celly und somit auf einem sehr hohen Niveau für eine mehrzeilige Sorte (siehe Tabelle «Extenso»). SY Baracooda war 2022 nicht mehr im Versuchsnetz. Bei den Hybridsorten sind die Saatgutkosten um 60 % höher pro Hektare, was bei den Erlösen in Tabelle «Extenso» nicht berücksichtigt wurde.

Sechszeilige:
Esprit mit grossem Ertragspotenzial

Die letztes Jahr auf die LES aufgenommene Sorte Esprit bestätigte ihr grosses Ertragspotenzial. Im Zweijahresdurchschnitt erreicht sie den höchsten Ertrag im Extenso. Im ÖLN ist sie knapp hinter SY Galileoo. Da ihr Hektolitergewicht im Vergleich mit den anderen Sorten eher tief ist, erzielte sie im ÖLN einen etwas schlechteren Erlös als KWS Higgins. Ein weiterer Vorzug der Sorte Esprit ist die Standfestigkeit, die zusammen mit KWS Orbit von allen Gerstensorten die Beste ist.

KWS Higgins bringt stabile Erträge
KWS Higgins bringt stabile Erträge, was sie im ÖLN mit Esprit und SY Galileoo konkurrieren lässt. Wie die Hybridsorte hat sie zudem ein gutes Hektolitergewicht. Im Extenso liegt sie aufgrund der starken zweizeiligen Sorten bezüglich Ertrag im Mittelfeld. KWS Higgins weist als einzige Sorte einen hohen PUI (Index für die Fettsäuren) auf, was ihre Eignung für die Schweinefütterung mindert. Ein zu hoher PUI beeinflusst die Konsistenz des Körperfettes negativ.

Schlusslicht Adalina – Potenzial bei früher Drusch
Die frühreife Sorte Adalina bildet vom Ertrag her eher das Schlusslicht. Die Spannweite von der Sorte mit dem höchsten Ertrag zur Sorte mit dem tiefsten Ertrag im Durchschnitt über zwei Jahre ist mit 7,5 dt im Extenso und 9,4 dt im ÖLN jedoch nicht riesig (siehe Tabellen). Sie vermag ihr Potenzial vor allem dann auszuschöpfen, wenn sie früher gedroschen werden kann. Dieses Jahr wäre dies sogar vor dem 20. Juni gewesen. Sie überzeugt zudem mit einem hohen Hektolitergewicht.

KWS Orbit bewegt sich in beiden Anbauintensitäten im Mittelfeld und bringt vergleichbare Erträge wie die zweizeiligen Sorten bei tieferem Hektolitergewicht.

Wirtschaftlichkeit der Sorten
Die Erlöse sind hauptsächlich durch den Ertrag bestimmt (siehe Tabelle). Die einzige Ausnahme ist KWS Higgins im ÖLN. Sie erzielt mit einem 0,1 dt tieferen Ertrag und mit einem um 0,6 kg/hl grösseren Hektolitergewicht einen um knapp Fr. 12.- besseren Erlös als Esprit.

Im Extenso-Anbau beträgt die Differenz vom höchsten zum tiefsten Erlös je Sorte rund Fr. 268.-, im ÖLN sind es Fr. 324.- pro Hektare. Diese sortenspezifische Differenz ist nicht aussergewöhnlich und nicht sehr hoch. Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit müssen sortenspezifische Saatgut- und Behandlungskosten immer mitberücksichtigt werden. Die Tabelle gibt somit lediglich einen ersten Anhaltspunkt.

Jedes Jahr bringt Wetterextreme, die sich auf Ertrag und Qualität auswirken. Es empfiehlt sich bei der Sortenwahl, neben Ertrag ebenfalls auf ein solides Hektolitergewicht und einen hohen Proteingehalt zu setzen, um eine genügend hohe Qualität der Futtergerste zu erreichen. 

Der Ertragsunterschied zwischen den Anbauverfahren Extenso und ÖLN war dieses Jahr mit ungefähr 10 dt/ha erneut klein. Dieser Unterschied reicht nicht, um neben der Kompensation der Extensoprämie den Pflanzenschutzmitteleinsatz mit einem bis zwei Fungiziden und Wachstumsregulator sowie 30 kg zusätzlichem Stickstoff und die dafür nötigen Überfahrten zu bezahlen. Dafür nötig wären 19 bis 24 dt/ha Mehrertrag.

Im Vergleich mit Brotweizen der Klasse 1 nach ÖLN-Richtlinien produziert (Annahme 70 dt/ha Ertrag) müssten 90 dt/ha Gerste im ÖLN beziehungsweise 70 dt/ha im Extenso gedroschen werden, um finanziell den gleichen Erlös zu haben. Alle Sorten in der Tabelle erreichen im zweijährigen Durschnitt diese dafür nötigen Erträge im Extenso, im ÖLN liegen sie bei KWS Orbit, Adalina und den zweizeiligen Sorten darunter. Liegt das Ertragspotenzial von Brotweizen am eigenen Standort höher, würde sich demnach auch der nötige Gerstenertrag nach oben korrigieren.