Der diesjährige Kartoffelanbau sei für die Produzentinnen und Produzenten erneut herausfordernd gewesen, meldet die Branchenorganisation Swisspatat.
Nasser Frühling, trockener Frühsommer, tiefer Ertrag
Aufgrund des nassen Frühlings habe man viele Kartoffeln entweder bei schlechten Bedingungen oder erst spät gepflanzt. Der trockene Frühsommer habe ebenfalls der Kultur zugesetzt, so Swisspatat in einer aktuellen Mitteilung.
Durch die späte Pflanzung sei die Entwicklung vieler Bestände im Rückstand und es sei mit einer späteren Ernte zu rechnen.
Anbauflächen stabil, mehr Bio
Gemäss Hochrechnungen blieb die Kartoffelfläche im Jahr 2023 mit 10'726 ha gegenüber dem Vorjahr praktisch unverändert. Jedoch konnte eine Verschiebung von rund 100 ha vom konventionellen in den Bio-Anbau beobachtet werden, was einer Flächenzunahme von 10 % bei Bio entspricht. Die Bio-Flächen belaufen sich nun auf rund 1'120 ha.
Tiefere Erntemengen, ansprechende äussere Qualität
Am 04. und 05. September 2023 hätten die jährlichen Ertragserhebungen stattgefunden, bei denen schweizweit gut 900 repräsentative Kartoffelmuster der relevanten Sorten ausgewertet worden seien, so Swisspatat. Die Resultate dienten als Basis für die Ernteschätzung 2023. Die Bruttoerträge haben sich in diesem Jahr auf durchschnittlich 385 kg/a belaufen. Im Vergleich zum Mittel der Jahre 2017–2022 (450 kg/a) entspreche dies rund 14 % geringeren Erträgen, schreibt die Branchenorganisation.
Missförmige Knollen, Hohlherzigkeit und Wachstumsrisse
Bei einem durchschnittlichen Speiseanteil (SA) von 76 % belaufen sich die Flächenerträge über alle Sorten in diesem Jahr auf 292 kg/a SA (2017–2022: 354 kg/a SA). Die festgestellten Hauptmängel seien vor allem missförmige Knollen, Hohlherzigkeit und Wachstumsrisse. Die äussere Qualität der Knollen wird trotzdem als gut beurteilt, wohingegen die innere Qualität unterdurchschnittlich ausfalle. Bei den mittleren Stärkegehalten liege man mit 14,0 % einen halben Prozentpunkt tiefer als im Durchschnitt der Jahre 2017–2022. Auch gebe es bei diversen Veredelungssorten Probleme mit der Pilzkrankheit Verticillium sp. Diese führt zu braun verfärbten Bereichen der Gefässbündel, die sich beim Frittieren schwarz verfärben.
Imoporte werden wohl im grossen Stil nötig
Auch bei den Bio-Kartoffeln seien die Erträge dieses Jahr unterdurchschnittlich ausgefallen, meldet Swisspatat. Der Bruttoertrag liege über alle Sorten bei 275 kg/a (2017–2022: 344 kg/a), der Speiseanteil betrage durchschnittlich 73 % bzw. 201 kg/a SA (2017-2022: 238 kg/a SA). Die festgestellten Mängel seien gleich wie bei der konventionellen Ware. Hinzu komme ein deutlich erhöhter Befall durch Drahtwürmer. Etwa ein Drittel der ausgewerteten Bio-Muster weise Drahtwurmschäden auf.
Basierend auf den Flächenzahlen und den Resultaten der Ertragserhebung werde die Gesamternte (konventionell und Bio) auf ca. 360'000 Tonnen geschätzt, was rund 15 % unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre liege. Angesichts der guten Nachfrage sowohl im Speise- als auch im Industriekanal werde diese Menge nicht ausreichen, um den inländischen Markt zu versorgen. Zusatzimporte werden darum auch in diesem Jahr im grösseren Stil notwendig sein.
Richtpreise der Speisekartoffeln im oberen Bereich der Preisbänder
Aufgrund des niedrigeren Angebotes und der stabilen bis steigenden Nachfrage liegen die Produzentenrichtpreise für konventionelle Kartoffeln in diesem Jahr im oberen Bereich der Preisbänder. Bei den festkochenden Sorten liege der Preis bei Fr. 60.00/100 kg, bei den meisten mehligkochenden Sorten bei Fr. 55.25/100 kg, schreibt Swisspatat. Der Basispreis für grobsortierte Speise- und Veredelungskartoffeln wurde auf Fr. 30.40/100 kg festgelegt.
Bei den Bio-Kartoffeln liegen die Preise ebenfalls im oberen Bereich des Preisbandes, jedoch weniger stark als bei den konventionellen Kartoffeln. Der Grund für den geringeren Ausschlag nach oben liege in der Ausdehnung der Bio-Flächen von ca. 10 %. Sowohl für die festkochende als auch für die mehligkochende Linie gelte ein Richtpreis von Fr. 102.00/100 kg.
In der Sortenliste 2023 gibt es erstmals ein Segment «Frühsorten». Diese Sorten (Agata, Colomba, Lady Cristl) werden nach dem 15. September als mehligkochend taxiert, übernommen und vermarktet. Dafür gelten die vereinbarten Übernahmebedingungen der mehligkochenden Sorten (Preis, Kaliber, etc.).
Anhebung der Kaliberobergrenze, Senkung des Rückbehalts
Bei den Übernahmebedingungen für Speisekartoffeln werden in diesem Jahr folgende Anpassungen vorgenommen:
Kaliber: Die Kaliberobergrenze wird bei den festkochenden Speisekartoffeln von 60 mm auf 65 mm erhöht (neu 30–65 mm). Mit dieser Massnahme soll die kleiner ausfallende Ernte besser ausgenützt werden. Die Branche leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Reduktion des Food-Waste.
Branchenbeiträge: Der Rückbehalt Verwertungsfonds wird für die Ernte 2023 um 45 Rappen pro 100 kg gesenkt (befristet für ein Jahr). Die Branchenbeiträge belaufen sich somit neu auf Fr. 0.88/100 kg für Speisekartoffeln (inkl. Verteilerbeitrag) und Fr. 0.73/100 kg für Veredelungskartoffeln. Diese Beiträge sind gültig ab dem 01. Juli 2023.
Das Übernahmemodell Produzentenlager für Speisekartoffeln wird für die Ernte 2023 unverändert weitergeführt. Für die Ernte 2024 haben sich die Vertreter der Kartoffelbranche darauf geeinigt, dass die Zu- und Abschläge neu beurteilt und wo nötig angepasst werden.
Die Übernahmebedingungen 2023 finden Sie hier.
Die Richtpreise und Übernahmebedingungen für Speisekartoffeln gelten ab dem 15. September 2023. Über die Richtpreise und Übernahmebedingungen für Veredelungskartoffeln wurde bereits in der Medienmitteilung vom 01. September 2023 informiert.
Frischverfütterung ab sofort möglich
Die Frischverfütterung sei wie üblich ab sofort und bis am 31. Dezember 2023 möglich, so die Branchenorganisation. Der Mindest-Speiseanteil beträgt demnach in diesem Jahr erneut 30 %. Für Bio-Kartoffeln gebe es keinen Mindest-Speiseanteil. Gesuche können entweder direkt an einen offiziellen Qualiservice-Kontrolleur aus der Region oder an die Geschäftsstelle swisspatat (Tel. 031 385 36 50) gerichtet werden.
Eine Liste mit den zugelassenen Kontrolleuren finden Sie hier.
Der Frischverfütterungsbeitrag beträgt in diesem Jahr Fr. 20.00/100 kg Speiseanteil.