Vier Tage sind seit dem verheerenden Sturm vergangen, der am Abend vom 24. August 2023 über die Region Bodensee / St. Gallen zog und grosse Schäden an Gebäuden, Infrastruktur und landwirtschaftlichen Kulturen anrichtete. Bei Elisabeth und Niklaus Flammer aus Mörschwil wurden besonders die Hochstamm-Obstbäume in Mitleidenschaft gezogen. «16 Zwetschgenbäume sind nicht mehr zu retten, darunter auch einige über 25-jährige Bäume. Das tut schon weh», sagt Elisabeth Flammer beim Anblick der vollbehangenen Zwetschgenbäume, die am Boden liegen.
Betriebsspiegel
Name: Elisabeth und Niklaus Flammer (Pächterfamilie)
Ort: Mörschwil SG
LN: 13 ha
Kulturen: 680 Hochstamm-Obstbäume (Zwetschgen, Kirschen, Tafel- und Mostäpfel)
Viehbestand: 28 Milchkühe, 300 Legehennen
Weitere Betriebszweige: Direktvermarktung
Viele Bäume sind beschädigt
Der Sturm kam fast aus heiterem Himmel, erzählt Elisabeth Flammer. Die frisch gekalbten Kühe waren noch auf der Weide. «Der Sturm war so schnell da, dass sie von unserem ältesten Sohn nur noch knapp in den Stall gebracht werden konnten.» Es habe so stark gewindet, dass sie aus dem Küchenfenster keine fünf Meter weit gesehen habe.
Als sich der Sturm um 22 Uhr legte, sei sie nach draussen gegangen. «Ich habe da schon gesehen, dass einige Bäume in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Aber das ganze Ausmass sahen wir erst am Freitagmorgen.» Von den 680 Bäumen sind etwa 10 Prozent beschädigt, schätzt sie. Bei den Zwetschgenbäumen seien es um die 20 Prozent.
Einige entwurzelte Bäume sowie abgebrochene Äste sind bereits weggeräumt. Die Gemeinde Mörschwil stellt den Bauern dafür gratis Personal zur Verfügung. In den letzten vier Tagen waren Elisabeth Flammer, ihr Mann und die fünf Kinder damit beschäftigt, die Äpfel zusammenzulesen, die der Sturm von den Bäumen holte.
«Die reifen Äpfel, rund 20 Tonnen, können wir der Mosterei Möhl liefern. Den Rest müssen wir in der Biogasanlage entsorgen.»
Elisabeth Flammer zur Verwendung des Fallobstes
Die Entsorgungskosten übernimmt die Gemeinde Mörschwil. «Wir schätzen dies sehr», hebt die Bäuerin hervor.
Regen und Hagel setzten den Zwetschgen zu
Als wenn der Sturm, begleitet von Hagel, nicht schon genug gewesen wäre, bestimmte ab Samstagnachmittag Dauerregen das Wetter in der Ostschweiz. In Mörschwil fielen innert drei Tagen 170 Millimeter Regen. Für die Zwetschgen, die kurz vor der Reife sind, war das zu viel – sie sind aufgeplatzt. «So können wir kaum noch etwas im Hofladen verkaufen», bemerkt Elisabeth Flammer. Vielleicht werde man einen Teil noch als Industrieware ernten oder zum Schnapsen.
[IMG 2]
Dabei hatten sich die Bäume bis letzte Woche sehr schön präsentiert. Flammer spricht von einer guten Qualität und grossen und schönen Früchten. Rund 3 Tonnen Fellenberg-Zwetschgen hatten sie bereits geerntet. «10 Tonnen wären sicher drin gelegen», sagt Flammer. Nun geht sie von einem Ertragsverlust von 70 Prozent aus.
Noch weniger Mostobst als ohnehin
Der Sturm vom Donnerstag, 24. August 2023, hat erhebliche Schäden im Obstbau angerichtet. Sie reichen von umgestürzten Bäumen in Hoch- und Niederstammanlagen, abgebrochenen Ästen, vorzeitigem Fruchtfall bis zu Hagelschäden. Richard Hollenstein, Leiter der Fachstelle Obstbau am LZSG des Kantons St. Gallen, spricht von einer unschönen Situation: «Es war ja nicht der erste, sondern etwa der dritte Sturm, der über die Schweiz gezogen ist.»
Die Schäden zu beziffern, sei zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich, so Hollenstein. «Fest steht, dass es bei den Zwetschgen Ertragseinbussen bei den spätreifen Sorten geben wird. Dies aufgrund des anhaltenden Dauerregens, der die Früchte aufspringen liess, und des örtlichen Hagels.» Beim Mostobst hätten die Sturmschäden, vor allem durch den vorzeitigen Fruchtfall, eine weitere Verminderung einer ohnehin schon unterdurchschnittlichen Ernte zur Folge.
Der Kunde merkt nichts von den Schäden
Mit den Wettereinflüssen kann die Bäuerin umgehen. «Das gehört zu unserem Job dazu.» Vielmehr stört sie sich an den politischen Rahmenbedingungen.
«Mit der heutigen Agrarpolitik wird mittels Auflagen und Regulierungen die inländische Produktion gedrosselt, das ist gefährlich.»
Elisabeth Flammer bereitet die Entwicklung der Agrarpolitik Sorgen
Zum Beispiel dürften bisher wirksame Insektizide nicht mehr bei den Zwetschgen eingesetzt werden. Dadurch hätten sie Ertragseinbussen von rund 10 Prozent hinnehmen müssen.
Und noch etwas macht ihr in diesem Zusammenhang Mühe: «Die Ladenregale sind trotzdem immer voll. Die Lücken werden einfach mit Importen gefüllt.» Der Konsument bekomme so die Schwierigkeiten und Herausforderungen in der landwirtschaftlichen Produktion nicht mit.