«Wir sind es gewohnt, unsere Tiere zu umsorgen, aber wenn dann all die Viren und Schädlinge dazukommen, wird es schwierig», sagte Luzi Tanner aus Winden an der Wintertagung des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL). Dabei informierte Kantonstierärztin Astrid Hollberg über Tierseuchen und Florian Sandrini, Leiter Pflanzenschutzdienst Arenenberg, über Quarantäneorganismen.
Impfstoffbank aktiviert
Die Wintertagung fand im Landgasthof Seelust in Egnach statt. Tätschmeister Luzi Tanner liess zuerst Kantonstierärztin Astrid Hollberg zu Wort kommen. Hollberg erwähnte nicht nur die schon bekannten Krankheiten wie Blauzungenkrankheit, BVD oder ASP, sondern auch die Maul- und Klauenseuche.
Lange Jahre konnte man davon ausgehen, dass Europa frei davon ist – bis die Seuche im Januar 2025 in einer Wasserbüffelherde auf einem Betrieb in Brandenburg, Deutschland, ausbrach. «Die Eintrittsschwelle ist nach wie vor unbekannt», sagte Hollberg. Der Betrieb wurde gesperrt und die Tiere gekeult. Zudem wurde eine Schutz- und Überwachungszone eingerichtet. Bisher gab es keine Sekundärfälle. Vorsorglich habe Deutschland eine Impfstoffbank aktiviert. Derzeit sei aber noch keine Impfung vorgesehen.
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die vor allem Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen betrifft, aber auch Damwild. Sie sei für Menschen nicht gefährlich, sagte die Kantonstierärztin. Die wirtschaftlichen Folgen sind hingegen für die Landwirtschaft gravierend – insbesondere kommen durch sie die Exporte zum Erliegen.
Die Schweiz ist frei von MKS. Zu beachten ist das Importverbot für alle Paarhufer sowie deren tierische Produkte aus den Sperrzonen. «Bei unklaren Bestandesproblemen mit MKS-ähnlicher Symptomatik sind die Schweizer Tierärzte für Ausschlussuntersuchungen sensibilisiert. Zudem hat man die Impfstoffbank aktiviert», klärte sie auf. Näher als die Maul- und Klauenseuche ist die Afrikanische Schweinepest (ASP). In Italien und Deutschland habe man die Situation nicht mehr unter Kontrolle. ASP könne sogar noch in diesem Jahr in der Schweiz ausbrechen, sagte die Kantonstierärztin.
Bezüglich BVD zieht das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) die Schraube an. Im Januar waren im Kanton Thurgau zwölf Betriebe betroffen, zurzeit sind es noch deren drei. Im November führte das BLV die BVD-Ampel ein. Bei Grün ist alles o. k., bei Orange wird von einem mittleren Risiko ausgegangen, und Rot heisst hohes BVD-Risiko. Ab November 2026 fällt die orange Ampel weg.
Durch die Blauzungenkrankheit kam es im Kanton Thurgau zu 240 verstorbenen Tieren. Rund 183 000 Franken wurden an Entschädigungen ausbezahlt. «Bewahrt die Tierarztrechnungen auf, und zwar mit Angabe der angewendeten Impfstoffdosen, sodass der Bund die Impfkosten entschädigen kann», riet Astrid Hollberg.
Ein Landwirt fragte nach der Rindertuberkulose, die in Vorarlberg auf dem Vormarsch ist. Diese werde dort streng überwacht. «Wenn Sie Tiere im Vorarlberg sömmern, müssen diese bei ihrer Rückkehr beprobt werden», hielt Hollberg fest. Nahtlos ging das Nachmittagsprogramm über zu Florian Sandrini. Der Leiter des kantonalen Pflanzenschutzdienstes sprach vom Japankäfer, der orientalischen Fruchtfliege, der Schleimkrankheit und dem Jordanvirus. Dabei handelt es sich um Quarantäneorganismen, die in der Schweiz ausgerottet werden müssen. Massnahmen zu Schutz oder Tilgung müssen umgesetzt werden, und alle seien verpflichtet, Verdachtsfälle zu melden.
30 Quarantäneorganismen
«Der Pflanzenschutzdienst kann bei Tilgungen Abfindungen sprechen, wenn beispielsweise das Pflanzenkapital vernichtet werden muss», sagte Sandrini. Die Abfindungen werden aber gekürzt, wenn ein Betrieb die Meldepflicht nicht erfüllt, die Pflanzenhygiene nicht einhält oder die verfügten Massnahmen nicht umsetzt. Insgesamt überwacht der Pflanzenschutzdienst im Thurgau 25 bis 30 Quarantäneorganismen.
Zur Überwachung des Japankäfers werden in diesem Jahr 40 Fallen aufgestellt. Bisher ist dieser Schädling im Thurgau nicht aufgetaucht, und Sandrini zeigte sich zuversichtlich, dass der Pflanzenschutzdienst im Kanton Zürich das Problem in Kloten in Griff kriegen wird.
Kontrollen konstant auf hohem Niveau
Über Direktzahlungen und Kontrollen berichteten Sebastian Menzel, Leiter Direktzahlungen, und Lorenz Escher, Leiter der Kontrollstelle. Letzterer zeigte sich ernüchtert, was die Minimierung des Kontrollaufwands angeht. Vergangenes Jahr hatte Bundesrat Parmelin einen runden Tisch ins Leben gerufen. Ziel war es, Kontrollen zu optimieren und den administrativen Aufwand zu verringern.
Kontrollpunkte für Labels
Spürbar näher gekommen ist man diesem Ziel 2025 nicht. Beispielsweise werde 2025 die Zahl der Rückstandsanalysen von 24 auf 60 steigen. Lorenz Escher appellierte an die Bauernfamilien, selbst für Vereinfachungen zu sorgen. «Neuanmeldungen an öffentlich-rechtlichen Programmen und Labels lösen in der Regel eine zusätzliche Kontrolle aus», sagte er. Jeder müsse eine Kosten-Nutzen-Abwägung machen. Dann zählte Escher die Anzahl Kontrollpunkte auf. Achtzehn sind es beim ÖLN und zwölf beim Gewässerschutz, je fünf Punkte bei BTS und RAUS. Bei den Labels steigt die Zahl der Kontrollpunkte massiv an. 197 Kontrollpunkte sind es bei Swiss-GAP, 105 bei Nachhaltigkeit Früchte, 36 bei QM Schweizer Fleisch und 28 betragen die Grundanforderungen für IP-Suisse.
Beiträge und Zahlungen
Lorenz Escher sprach die steigende Anzahl von pensionierten Landwirten an, die ihren Betrieb weiter bewirtschaften. Sie erhalten keine Direktzahlungen mehr. Wenn ihre Produkte von Feld und Stall in den Verkauf gelangen, müssen sie gleichwohl den ÖLN einhalten. Allenfalls ist der ÖLN auch Voraussetzung, wenn sie sich noch an einem Labelprogramm beteiligen wollen.
Neu erhält man den Beitrag für Landschaftsqualität nur, wenn man den Mitgliederbeitrag bezahlt hat, erwähnte Sebastian Menzel. Vernetzung im Kulturland und Landschaftsqualität würden auf Ende 2027 verlängert. Ein Ausstieg sei 2025 möglich. Die ausbezahlten Direktzahlungen im Thurgau sanken 2024 gegenüber dem Vorjahr um rund eine Million Franken. Verantwortlich dafür seien die tieferen Beiträge für Versorgungssicherheit und BTS gewesen.