Heute Freitag feiert er seinen 11. Geburtstag. Michael Moser aus Biglen. Der Jungschwinger lässt sich derzeit das Sägemehl nur ungern vom Rücken abwischen. «Er nimmt sie einfach», heisst es in Schwingerkreisen. Der begabte Junge wird beobachtet. Ganz genau. «Gegen Moser musst du so!», sagen die Väter ihren Söhnen. Väter, die selber im Schwingsport oft lange Jahre aktiv waren.

Auf diese Erfahrung kann Michu, wie er genannt wird, nicht zurückgreifen. «Bei uns hat niemand geschwungen», erklärt Hans Moser der BauernZeitung. Diese Erfahrung von «Schwingdynastien» scheint es allerdings nicht zu brauchen, um erfolgreich zu sein. Doch was ist das Geheimnis des 11-Jährigen, der sie einfach nimmt? Es ist bei einer ersten Begegnung mit dem Jungen nicht auszumachen, was ihn so «böse» macht.

Es fällt ihm einfach «ring»

Für Beatrice und Hans Moser, die in Biglen einen Landwirtschaftsbetrieb mit Viehzucht führen, ist klar, Michael könnte auch einen anderen Sport betreiben und ähnliche Erfolge feiern. «Es fällt ihm einfach ring», sagt seine Mutter. Sie verbringt viele Wochenenden auf den Schwingplätzen. Mit dabei ist meist auch Tochter Laura. Es dreht sich viel und oft um ihren Bruder und dessen Sport.

Mutter Beatrice ist überzeugt, dass es dort zwischendurch einen Ausgleich braucht. «Auch wenn Michaels Schwingen uns sehr einnimmt, wir haben ein Leben daneben», weiss sie. Vater Hans setzt sich intensiv mit dem Schwingsport auseinander. Spricht mit seinem Sohn über dessen Resultate. Am Sonntagabend schauen sie, wenn immer möglich, zusammen Sport. Sie diskutieren die Resultate der einzelnen Schwingplätze, die bestrittenen Gänge, die verschiedenen Gegner, besprechen die Filme, die es von Michael gibt.

Anfänglich begleitete die Familie ihn nicht vollumfänglich an jedes Fest. Als Michael aber einen Unfall erlitt, änderte alles. Die letzte Saison endete früh und abrupt in Münsingen. Michael brach nach einem Sturz den Ellbogen. «Nur kurz zuvor war ich auf den Platz gefahren», so Hans Moser. «Ich war froh, bei ihm zu sein. Wenn etwas passiert, möchte ich da sein», erklärt er nachdenklich und schaut Michael zu, der in seinem Ordner mit den Resultaten blättert.

Der Schwingsport ist mit grossen Risiken verbunden, das wissen Michaels Eltern sehr gut.  In solchen Momenten würden sie sich manchmal fragen, erklärt Hans Moser, ob es richtig sei, Michael im Schwingsport so ehrgeizig trainieren und kämpfen zu lassen. «Er ist einfach so, will diesen Weg gehen», erklärt er. Der Ehrgeiz des Elfjährigen kommt sympathisch daher.

Michael erzählt von seinen Idolen. Es sind die ganz Bösen. Matthias Sempach oder Willi Graber und über allen scheint Kilian Wenger zu stehen. Im aufgeräumten Zimmer, tapeziert mit den grossen Bösen, hängt eine Vitrine voller Zweige. Setzt sich die Erfolgsstrecke fort, braucht es bald ein grösseres Zimmer. «Anbauen», schmunzelt Mutter Beatrice.   

Bauer als Berufsziel

Bevor die BauernZeitung Michael Moser nach Zäziwil ins Schwingtraining begleitet, will er im Stall die Ziegen füttern. Eine hat er bereits gewonnen. Hier kann der 11-Jährige mehr auf seine Genetik zurückgreifen, als im Schwingsport. Die Viehzucht, eine Leidenschaft seiner Eltern, teilt er vollumfänglich. «Bauer», sagt er kurz und bündig auf die Frage nach seinen Berufswünschen. Im Umgang mit Tieren gewohnt, steht er neben seinem Liebling, eine Simmentalerkuh, die irgendwie einsam im Stall mit rund 50 Red-Holstein- und Holstein-Kühen steht. «Ich mag sie, weil sie eine Simmentalerkuh ist», sagt Michael. Er geht seinen eigenen Weg. Auch hier. Kopiert weder seinen Vater, noch einen Schwingerkönig.

Im ersten Jahr den ersten Sieg

Mit fünf Jahren sah er sich das Eidgenössische in Frauenfeld am Fernsehen an. Dann sagte er zu seiner Familie: «Ich will schwingen!» Seither trainiert er in Zäziwil.   Viel zu jung war er, denn erste Feste können die Knaben erst im Alter von acht Jahren bestreiten. Das war dem Nachwuchstalent gleichgültig. Er wollte schwingen. Bereits im ersten Jahr holte er einen Festsieg, musste sich gegen ältere Jungs behaupten.

Bis heute hat er acht Feste für sich entschieden. Seine Grösse, seine Beweglichkeit, eine hohe Körperpräsenz und ein eiserner Willen halfen ihm stets. Und Angst ist kein guter Helfer. Das weiss der fröhliche Junge, der nach den Sommerferien in die 5. Klasse geht. Angst hatte er einmal, als er dreijährig von einer Kuhherde umzingelt war. Das Erlebnis schien ihn derart zu bewegen, dass er seinem Vater einmal mitteilte:

«Weisch Päpu, e Muni wott ig ja de scho nie gwinne!» Heute ist das anders. Der Muni gehört dazu. Zum Schwingen gleichsam, wie zur Kuhherde. Die Angst ist verflogen.

Er weiss, was er will

Die Arbeiten im Stall sind erledigt. Michael bringt die Ziegen in den Stall. Sie haben andere Pläne. Eigentlich würden sie lieber noch den Hof begutachten und aus Beatrice Mosers Garten Blumen fressen. Dafür bleibt jetzt allerdings keine Zeit. Michael weiss, was er will. Die Ziegen müssen jetzt in den Stall, er will ins Training. In wenigen Minuten erwartet er einen seiner Trainer, Walter Gäggeler. Er holt ihn jeweils am Mittwoch und fährt mit ihm nach Zäziwil. Dort trainiert Michael erst mit den Jüngeren, dann mit den Gleichaltrigen.

Er würde gerne noch mehr trainieren. «Vielleicht im Winterhalbjahr», meint er motiviert. Walter Gäggeler und Hans Burger trainieren beim Besuch der BauernZeitung die vielen Jungschwinger. Das Interesse in der Region scheint gross. Auf die Frage, was Michael Moser zum guten Jungschwinger macht, lächelt Walter Gäggeler. Er behandelt alle «seine Jungs» gleichberechtigt. Motiviert sie mit einer Engelsgeduld. «Michu ist fleissig», erklärt er. «Will das, was er macht auch wirklich.»

Das Schwingen sei eine gute Beschäftigung für die Jugendlichen, ist er überzeugt. Das Messen, der Wettbewerb, der spielerische Kampf, die intensive körperliche Betätigung seien wertvoll in diesem Alter. «Wir haben Glück, die Nachfrage in Zäziwil ist gross», erklärt Gäggeler gegenüber der BauernZeitung. Es brauche eine gewisse Anzahl in jedem Alter, dass das Training auch effektiv sei. Mit «Gleichen» trainieren gehöre einfach dazu.

«Kurz» liegt im gut

Michael Moser nimmt das Training ernst. Er will etwas lernen. Auf einen einzelnen spezialisierten Schwung will er sich nicht reduzieren lassen. «Kurz» liegt ihm gut, hört man mehrfach sagen. Aber Moser will mehr. Will sie einsetzen, die verschiedenen Schwünge und Techniken.

Er hört genau zu, wenn Burger oder Gäggeler etwas erklären oder verlangen. Zudem beobachtet er genau. Ganz genau. Und die Summe dieser Eigenschaften machen Michael Moser schliesslich zum Nachwuchstalent. Aber das ist nicht so wichtig für ihn. Er will schwingen. Und zwar richtig gut!