BauernZeitung: Meinrad Pfister, Sie wurden im Mai an der Suisseporcs-Delegiertenversammlung einstimmig zum neuen Präsidenten gewählt. Wo haben Sie in den vergangenen Wochen erste Schwerpunkte gesetzt?

MEINRAD PFISTER: Wir verfolgen die Entwicklungen bezüglich Freihandel und Marktöffnung allgemein sehr rege. Wir wollen wissen, was läuft und gewappnet sein je nach Verlauf. Aktuell ist der Fokus auf den Verhandlungen zwischen der EU und den USA (TTIP). Sollte das Abkommen zustande kommen, würde der Ruf der Schweizer Exportwirtschaft nach gleich langen Spiessen, sprich einem Abkommen zwischen der Schweiz und den USA, lauter. Und bei der Revision Raumplanung kommt jetzt die für die Landwirtschaft wichtige Phase 2, wo es um das Bauen in der «Nichtbauzone» geht. Zu diesem Thema arbeiten wir aktiv in der Arbeitsgruppe des SBV mit. Und dann ist da die Antibiotikadiskussion   

Vergangene Woche wurden gleich mehrere Radiosendungen dazu ausgestrahlt.

Ja, und diese Diskussion verläuft teils sehr heuchlerisch. Fakt ist: In der Schweiz ist der Gesamtverbrauch an Antibiotika bei den Nutztieren bekannt und seit 2008 ist dieser rückläufig. Wir wissen aber nicht, wie die Anteile der einzelnen Gattungen sind. Es befremdet mich, wenn von einem Professor der Schweinemedizin in den besagten Sendungen Aussagen zum Antibiotikaverbrauch bei den Schweinen gemacht werden, welche sich auf Vermutungen stützen. Solche Aussagen zeugen aus meiner Sicht nicht gerade von hoher wissenschaftlicher Qualität. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir die Thematik gemeinsam und sachlich angehen. Im Vergleich mit der EU ist der Antibiotikaverbrauch der Schweizer Landwirte im Durchschnitt. Wir sind also keine Musterschüler. Die Schweineproduzenten wollen deshalb die Thematik offensiv angehen und innerhalb der Branche ein Qualitätssicherungssystem mit Rückverfolgbarkeit aufbauen. Die Grundidee dazu besteht schon lange, und wir sind auf gutem Weg. Die Arbeiten dazu – mit dem Ziel, den Verbrauch zu senken – laufen unter dem Namen «Suis Sano», koordiniert von der Suisag, auf Hochtouren. Gemäss Tierschutzgesetz müssen kranke Tiere behandelt werden. Wir wollen Antibiotika optimal einsetzen – nicht verbieten.


Sie wehren sich gegen die nationale Datenbank?

Die Suisseporcs wehrt sich nicht generell gegen eine Datenbank, wir erkennen die Notwendigkeit. Wir wollen aber, dass die Datenerfassung und -verwaltung kostengünstig und mit geringstmöglichem Aufwand für die Bauern erfolgen. Mit der Suisag und dem Schweinegesundheitsdienst (SGD) können wir dies selber am effektivsten machen. Auch ist das elektronische Rezeptformular in Erarbeitung, welches es dereinst ermöglichen wird, die Daten einfach zu erfassen.


Die Suisseporcs hat die laufende AP stets scharf kritisiert. Insbesondere die «katastrophale Entwicklung» bei der inländischen Futtergetreideproduktion. Was  läuft diesbezüglich noch auf politischem Weg?

In der Anhörung zum Agrarpaket Herbst 2014 haben wir vor einem Monat nochmals unsere Forderungen vehement vertreten. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) weigert sich aber weiterhin strikt, die dringend notwendigen Einzelkulturbeiträge im Futtergetreidebau einzuführen. Dank einer «Kann»-Formulierung des Parlaments hätte das BLW die Legitimation dazu. Es ist mir rätselhaft, wieso nichts geändert wird. Und dann hören wir den Vorwurf, dass wir unsere Schweine nicht mit dem eigenen Futter füttern... Die Förderung der Ökologie gegenüber der Produktion war in den vergangenen Jahren zu stark gewichtet worden. Wir produzieren die Lebensmittel schliesslich, weil sie nachgefragt werden. Schweizer Tiere müssen so viel wie möglich mit Schweizer Futter gefüttert werden. Hier fordern wir Korrekturen.


Wechseln wir zum Markt: Fährt man über Land, hat man den Eindruck, dass vermehrt in die Schweineproduktion investiert wird?

Mir ist das nicht speziell aufgefallen. Aufgrund von Aussagen der Stallbaufirmen gehe ich davon aus, dass Neubauten in der Zucht eher selten sind. Es sind eher neue Mastställe, die gebaut werden. Dies im Hinblick auf das Vollspaltenverbot 2018. Wer Anpassungsbedarf hat, muss jetzt dringendst mit dem Projekt starten, damit er die Bewilligung auch rechtzeitig hat. Wir rechnen im besten Fall mit zwei Jahren für den Bau eines Schweinestalls. Kommt es zu Einsprachen oder gar Rechtsverfahren, kann es auch viel länger gehen.


Nach einer längeren guten Phase sind die Schweinepreise wieder im Sinkflug. Wie sehen Sie die Entwicklung für die kommenden Monate?

In der Tat ist die Situation aktuell schwierig. Es ist eine Kombination von verschiedenen  ungünstigen Faktoren. Zur recht hohen Produktion kam die Ferienzeit und für die Daheimgebliebenen schlechtes Grillwetter. Die Überhänge steigen. Es ist ein extrem schmaler Grat zwischen zu viel und zu wenig. Im Frühling hatten wir Anzeichen, dass die Produktion steigt. Wir haben das vom Verband aus deutlich kommuniziert und vor einer Situa
tion wie 2009/10 gewarnt. Wir müssen runter mit der Produktion. Die vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt, wie viel Wertschöpfung bei der kleinsten Überproduktion verloren geht.


Im Gegensatz etwa zu den Milchproduzenten, gibt es bei den Schweinen keine Einflüsse der Vegetation auf die Menge. Ist es nicht möglich, die Menge besser zu steuern?

Das würde eine integrierte Produktion bedeuten, also einen kompletten Systemwechsel. Wie bei der Pouletmast wären dann die Abnehmer am Steuer. Ich glaube nicht, dass ein solches Ansinnen bei den Schweineproduzenten mehrheitsfähig wäre. Bei uns hat schon immer der Preis die Menge beeinflusst. Oft geht vergessen, dass die Suisseporcs keine Schweine handelt. Wir machen die Marktberichterstattung und organisieren die Börse. Der Preis wird aber schlussendlich zwischen Handel und Abnehmer festgelegt.


Gestern startete die «Tierrechtsorganisation tier-im-fokus.ch (TIF)», unterstützt vom «Blick», eine Kampagne mit unschönen Bildern aus Schweizer Schweineställen. Ihre Meinung dazu?

Die Absicht der Veganer liegt auf der Hand. Ich kenne die Herkunft der Bilder nicht. Ein krankes Tier oder eine Sau nach dem Suhlen sieht nie schön aus. Die Suisseporcs steht hinter dem Schweizer Tierschutzgesetz, dem strengsten der Welt, und goutiert keine Überschreitungen. Der Konsument hat beim Einkaufen die Wahlfreiheit.

Interview Armin Emmenegger