In der Schweiz gibt es auf rund 147 km2 Rebberge. Damit liegt die Schweiz weltweit auf Platz 20, was die Weinbaufläche betrifft. Beim Weintrinken sind Schweizerinnen und Schweizer aber weltmeisterlich und konsumieren pro Jahr rund 33 Liter pro Kopf – das ist Platz 4. Nur in Portugal, Frankreich und Italien wird noch mehr Wein getrunken. Allerdings hat das Pandemiejahr den Weinkonsum etwas gebremst. Insgesamt wurde letztes Jahr weniger Wein konsumiert als im Vorjahr: 2019 lag der gesamte Weinkonsum bei 255 Millionen Litern, letztes Jahr hat der Weinkonsum um 6 Prozent abgenommen und hat noch bei 240 Millionen Litern gelegen.

Wie trinkt die Schweiz Wein?

In der Schweiz werden ungefähr 240 angebaute Rebsorten verzeichnet, man kennt aber vor allem zwei Haupttraubensorten: Der rote Blauburgunder und der weisse Chasselas – auch Gutedel. In der Deutschschweiz ist der Blauburgunder mit über 50 Prozent der Anbaufläche die Leadsorte, in der Romandie ist es der Chasselas, der im Waadtland sogar auf eine Anbaufläche von 60 Prozent kommt. Dreiviertel aller Schweizer Weine werden entsprechend aus diesen Sorten bereitet. Bei den Rotweinen sind das der Blauburgunder, Pinot noir, Dôle und Salvagnin. Bei den Weissweinen sind es unter anderem der Fendant, La Côte, Lavaux, Chablais oder Neuchâtel.

Eine ausgeprägte Präferenz auf Rot- oder Weisswein scheint die Schweizer Bevölkerung nicht zu haben. Jedenfalls nicht, wenn es um Schweizer Wein geht. Zwar wird grundsätzlich deutlich mehr Rot- als Weisswein konsumiert: 2020 wurden 158 Millionen Liter Rotwein getrunken, während der Weissweinkonsum bei 82 Millionen Litern lag. Beim Schweizer Wein sieht die Verteilung allerdings gleichmässiger aus. Der Schweizer Rot- respektive Weissweinkonsum liegen praktisch gleich auf – bei 47,7 respektive 47,1 Millionen Litern.

 

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Wein wurde letztes Jahr vor allem zuhause getrunken: Laut Angaben des Schweizerischen Observatoriums des Weinmarktes hat das veränderte Konsumverhalten während der Coronaviruskrise entsprechend zu mehr Verkäufen im Detailhandel geführt. (Bild pd)

 

 

Gute Entwicklung, aber…

Im Weinglas von Schweizerinnen und Schweizer ist immer mehr auch Schweizer Wein und das wurde besonders während der Pandemie letztes Jahr ersichtlich: «Mit der besonderen Situation sowie den teilweise geschlossenen Grenzen hat eine Rückbesinnung auf einheimische Produkte stattgefunden und das hat tatsächlich eine leichte Markanteilverschiebung zugunsten des Schweizer Weins hervorgebracht», erklärt Jürg Bachofner, Geschäftsführer des Branchenverbandes Deutschschweizer Wein. Der Trend zu mehr Schweizer Wein ist aber nicht nur eine Nebenwirkung der Coronaviruspandemie. Der Konsumanteil von Schweizer Wein an der Gesamtmenge ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen: 2017 wurden in der Schweiz rund 86 Millionen Liter Schweizer Wein getrunken, 2020 waren es knapp 95 Millionen Liter.

Dass die Gastronomie aber zweimal geschlossen war, hat dazu geführt, dass Schweizerinnen und Schweizer Wein vermehrt zuhause getrunken haben. Aktuell gehe es dem Schweizer Wein denn auch nur durchzogen, meint Jürg Bachofner: «Da neun von zehn Winzer und Kellereien in die Gastronomie liefern, hat ihnen das erste Quartal 2021 hier einen Totalausfall beschert.» Dieser habe zwar durch den vermehrten Onlineverkauf und die Aktion «Degu@home», mit der Degustationspakete nach Hause bestellt werden konnten, teilweise kompensiert werden können. Trotzdem sehe die Schweizer Weinbranche nach dem Streichresultat der ersten drei Monate verhalten positiv in die Zukunft: Mit dem Abfüllen des neuen Jahrgangs sei nun nämlich auch die schrittweise Öffnung im Gastronomiebereich einhergegangen. Für die zweite Jahreshälfte erhoffe sich die Weinbranche, dass Events jeglicher Art wieder mit Publikum durchgeführt werden könnten, meint Jürg Bachofner weiter: «Die Veranstaltungen sind neben der Gastronomie ebenfalls ein wichtiger Absatzkanal für einheimische Weine.»

 

 

 

Herausfordernde Zukunft

Auch beim Schweizerischen Weinbauernverband beobachtet man die Situation weiter sehr besorgt. Die wirtschaftliche Situation der Schweizer Weinbranche verschlechtere sich im aktuellen Kontext und die ernste Situation erfordere eine stärkere Unterstützung und Anerkennung seitens der Verbraucher und der Behörden, sagt die Direktorin Hélène Noirjean: «Unsere Aufgabe ist es, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Wertschöpfungsketten in dieser Krisensituation weiter funktionieren und Steuerungsinstrumente zu schaffen, die es den Kantonen ermöglichen, Ad-hoc-Hilfen zu aktivieren.» In diesem Sinne sei unter anderem die Einrichtung einer Klimareserve eine Priorität. Ausserdem führe die aktuelle Situation dazu, dass Schweizer Weine in Zeiten niedriger Ernten Marktanteile verlieren würden, was den Markt verenge und den Preisdruck erhöhe.

Angesichts der steigenden Erwartungen aus der Zivilgesellschaft und von Umweltverbänden steht der Weinbau ausserdem vor grossen Herausforderungen in Bezug auf die Produktionsmethoden. Bereits hat aber die schweizerische Forschung pilzwiderstandsfähige Rebsorten entwickelt. Es gehe nun darum, diese Sorten in das Schweizer Weinsortiment zu integrieren und sicherzustellen, dass diese auch von den Konsumentinnen und Konsumenten akzeptiert würden.

 

 

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Obwohl die Auswahl vielfältig und gross ist, steht Schweizer Wein im harten Wettbewerb mit ausländischem Wein. (Bild ji)

 

Im Ausland eine unbekannte Trouvaille

Auch der Wettbewerb belaste den Schweizer Weinbau stark, sagt Hélène Noirjean. Die Möglichkeit einer Modifizierung des Zollkontingentsystems und eine Anpassung der Mengenbegrenzung für den grenzüberschreitenden Handel seien deshalb eingehend geprüft worden: «Unsere Erzeuger sind im Vergleich zu den grossen Weinbaunationen benachteiligt, deren Werbung für Weine innerhalb der Schweiz auch noch subventioniert wird», meint Hélène Noirjean weiter. Obwohl die Konsumenten also vermehrt eine Vorliebe für die heimischen Weine zeigen, stehen die Schweizer Weine im harten Wettbewerb mit den ausländischen Weinen. Es sei deshalb absolut notwendig, weiterhin Marktanteile zu gewinnen und die Position der Schweizer Weine zu festigen. Und zwar nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland, pflichtet Jürg Bachofner bei: «Es ist unglaublich, dass unsere vielen Schweizer Weintrouvaillen im Ausland kaum bekannt sind – der Anteil Schweizer Wein, der im Ausland getrunken wird macht keine 1 Prozent der Ernte aus.» Momentan exportiere denn auch nur jeder fünfzigste Winzer Wein ins Ausland. Hier stehe die Promotion für Schweizer Wein darum vor einer Herkulesaufgabe.

Noch brauche es einen Bezug zur Schweiz, damit die Leute im Ausland zu Schweizer Wein greifen würden. Entweder seien es ausgewanderte Schweizer oder Ausländer, die den Schweizer Wein in der Schweiz kennen und lieben gelernt haben. «Der Wein ist das älteste Regionalprodukt der Schweiz, aber erst jetzt wächst langsam das Bewusstsein, dass unsere Weine auch im Ausland nachgefragt werden können», stellt Jürg Bachofner weiter fest. Ein Schritt in die richtige Richtung sei deshalb der Entscheid vom Bund, in den Schweizer Botschaften nur noch Schweizer Wein auszuschenken.