Sie wandern zusammen, wälzen berufliche Probleme, beschäftigen sich mit Lebensfragen oder unterstützen sich gegenseitig im Kampf ums Besuchsrecht für ihre Kinder. Männergruppen sind unersetzlich.

Denn: «Männer wollen ihre persönlichen Qualitäten und Talente leben. Gleichzeitig stecken sie im Alltagskorsett der gesellschaftlichen Anforderungen. Männer finden mit anderen Männern am besten zu ihrer authentischen Männlichkeit.» Dies sagt Jürg Wiler, Männercoach und Leiter zweier Männergruppen in Zürich (www.maennergruppe.ch). Eine geleitete Männergruppe biete Raum, wo sich Männer offen und respektvoll begegnen, sich mit dem eigenen Mann-Sein auseinandersetzen und Kraft tanken können.


Wann entscheidet sich denn ein Mann für eine geleitete Männergruppe? «Oftmals, wenn er an einem Punkt seines Lebens angekommen ist, an dem er die Weichen neu stellen will», sagt Jürg Wiler. Die Männer seien meist in einer Umbruchphase, privat, beruflich oder aus anderen Gründen. Und dann bereit, etwas Neues auszuprobieren. Sie wollen einen neuen und tieferen Zugang zu den eigenen männlichen Qualitäten finden.

Alle sprechen die gleiche Sprache


Ob eine geleitete oder eine «freie» Männergruppe – für Männer ist es wichtig, sich mit anderen Männern austauschen zu können. Gerade auch wenn es um fachliche Belange geht, wie in der «Kalko», einer Männergruppe, die seit 40 Jahren besteht. Entstanden ist sie aus beruflichen Weiterbildungskursen im Bereich Kalkulation im Schreinergewerbe.


Der harte Kern dieser Gruppe schätzt noch heute den Gedankenaustausch unter Berufskollegen und die Pflege der Kameradschaft – beispielsweise auch am alljährlichen Wanderweekend im Tessin. Einmal pro Monat ein Männerabend, wo verschiedene Themen besprochen werden können, das schätzen alle. Dabei geht es schon lange nicht mehr nur um Berufliches, auch wenn dies im Vordergrund stand. «Es ist einfacher, fachlich zu diskutieren, alle haben die gleiche Sprache», betont Heinz.

«Eine Männerrunde unter sich, das ist gut», meint auch Markus. «Es gibt Themen, die für Frauen uninteressant sind.» Hans fügt hinzu, wenn Frauen in dieser Runde wären, «würde mehr über Ferien und Familie gesprochen.»


Nicht dass die Männerrunde der «Kalko» etwas gegen Frauen hat, im Gegenteil. So werden immer mal wieder auch Anlässe organisiert, wo die Partnerinnen willkommen sind. Trotzdem. Zu der Frage, «Ist es für euch wichtig, dass ihr Männer unter euch seid?», meint Kurt trocken: «Das ist eine typische Frauenfrage. Unter Männern können wir so reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist. »

«Ein Abend, der mir gehört»


Alfred, ein weiteres Mitglieder der «Kalko», schätzt es, dass «ein Abend pro Monat mir gehört». Diese Treffen sind ihm und den anderen wichtig. «Inspirierend in diversen Belangen», seien diese Abende, so Markus. Und Emil, der diese Gruppe vor 40 Jahren ins Leben gerufen hat, findet, die «Kalko» sei ihm so wichtig wie seine Familie.


Männer würden sich gegenseitig den Spiegel vorhalten, sagt Männercoach Jürg Wiler. In der offenen Reflexion mit anderen Männern würde ein Mann sehr genau merken, wo er selber stehe. In einer Gruppe könnten Männer voneinander lernen. «Fragen können angegangen werden wie: Wer bin ich? Was will ich in meinem Leben umsetzen? Was ist mein tieferer Lebenssinn? Welche Aufgaben stehen an?»

Ein Klima der Offenheit


Wichtig dabei sei, betont Jürg Wiler: «Wenn Männer unter Männern sind, können sie sich sehr tief öffnen.» Und nur in diesem Klima der Offenheit könnten Männer das Visier fallen lassen und darauf verzichten, den anderen ein vermeintlich perfektes Selbstbild zu präsentieren. Damit wachse auch das Selbstvertrauen. «Und durch den Respekt der anderen Männer wird auch das gegenseitige Vertrauen grösser.»


In Männertreffs wachse nicht nur die Kommunikationsfähigkeit jedes Einzelnen, so Jürg Wiler abschliessend, sondern auch die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und sein Netzwerk zu erweitern.


Renate Bigler