Die Schlagzeilen sind ein weiteres Mal wenig erbaulich für die Viehzucht-Branche: "Sekundenkleber für ein pralles Euter" betitelt die "Sonntagszeitung" (SoZ) einen grösseren Artikel in ihrer heutigen Ausgabe. Sie beruft sich im Bericht auf einen 63-seitigen Bericht des Schweizer Tierschutzes STS.

Geschrieben hat den zitierten aber bisher unveröffentlichten Bericht die Tierärztin Julika Fitzi aufgrund eines Besuchs an der Europameisterschaft für Holstein- und Red-Holstein-Kühe im französischen Colmar vor Wochenfrist. Die Schweizer Züchter waren dort mit Siegen bei beiden Rassen sehr erfolgreich.

"Versiegeln mit Sekundenkleber"

In ihrem Bericht erhebt Fitzi schwere Vorwürfe gegen einen Teil der Züchter und spricht von grausamen Praktiken. Viele Kühe hätten vor der Schau "übervolle, brettharte Euter" gehabt, zitiert die SoZ aus dem Bericht. Es gebe Bauern, "welche mit Stiften die Zitzen verschliessen und und danach mit Sekundenkleber versiegeln", um ihnen dann anschliessend für einen kräftigen Milcheinschuss Oxytocin zu spritzen. Im weiteren mutmasst der Bericht, dass Kühe Zwischenmelkzeiten von 24 Stunden zu erdulden hätten.

Im Artikel kommt auch Swissherdbook-Direktor Matthias Schelling zu Wort. Das in der Schweiz untersagte Versiegeln der Zitzen mit Sekundenkleber sei gemäss den Regeln der französischen Veranstalter in Colmar erlaubt gewesen. Zudem seien den Kühen nicht Stifte in die Zitzen eingeführt worden, sondern Kanülen, um die Milch abzulassen.

Swissherdbook: "STS will emotionale Reaktionen provozieren"

Schelling wirft dem STS vor, die Vorbereitung der Kühe zu instrumentalisieren, um emotionale Reaktionen zu provozieren. Sollte das effektiv das Ziel des STS gewesen sein, dann ist ihm das gut gelungen. In einem Kommentar fordert die Soz mit Blick auf die staatliche Förderung der Rinderzucht "strengere Vorschriften, mehr Kontrollen und drastische Strafen". Auch müsse über eine Stärkung der Tierrechte diskutiert werden. 

Auch der "Blick" liess es sich nicht nehmen, in seiner Online-Ausgabe auf das Thema einzugehen. "Tierschützer enthüllen brutale Züchter-MethodenKuheuter mit Leim zugeklebt!", lautet der Titel der Geschichte, darunter finden sich mehrere Dutzend Kommentare, welche die Praktiken mehrheitlich scharf kritisieren.

Unterstützung erhält der STS gemäss der SoZ vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), die Praktiken seien in der Schweiz verboten und würden sanktioniert, lässt sich Sprecherin Eva van Beek zitieren. Auch die Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter (ASR) verurteile diese Praktiken. Die ASR selber wollte sich zum vorliegenden Fall aber nicht äussern, weil man nicht vor Ort gewesen sei.

akr